Die Last. Georg Engel

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Die Last - Georg Engel

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      »Du? Nein, das – das will ich nicht.«

      Das Mädchen beugte sich plötzlich vor, daß er ihren Atem fühlte.

      »Und warum nicht?«

      Trotz der Dunkelheit trafen sich ihre Blicke und blieben erstaunt und fragend aneinander hängen. Da rollte die Uhr; die Liegende regte sich, und dann – Wilms trat zurück und murmelte müde:

      »Meinetwegen.«

      Damit schloß er die Tür, um sich draußen leise über die knarrende Treppe nach jener Kammer unter dem Strohdach zurechtzutasten, wo er schon oft genächtigt hatte.

      Und so gleichgültig und abgespannt fühlte er sich, daß er sich selbst gar nicht die Frage vorlegte, warum er dem Mädchen nachgegeben.

      Oben in der kahlen, weißgetünchten Stube entkleidete er sich schnell, und bald lag er ausgestreckt in dem hohen Bett, ohne jedoch die ersehnte Ruhe finden zu können.

      Die niedrige Decke drückte ihn beinahe auf den Kopf, und immer wieder hob er das Haupt und lauschte auf das Ächzen und Pfeifen des Windes, der klagend über das Dach strich.

      Es klang ebenfalls wie das Stöhnen eines gefolterten, riesenhaften Leibes.

       Inhaltsverzeichnis

      Die zehnte Stunde des Vormittags war bereits angebrochen, als Hedwig in die Stube trat, die sie kurz vorher verlassen, ein modernes Hütchen auf dem braunen Haar, und über der Taille ein elegantes, offenes Jackett, das ihren vollendeten Wuchs erst recht hervorhob.

      Sie streifte sich Handschuhe auf und spähte dabei aufmerksam zum Fenster hinaus, wie nach dem Stand des Wetters.

      »Du willst fort?« forschte die Kranke mit leisem Vorwurf, während eine Wolke über ihre Stirn flog, denn die Bedauernswerte hatte bereits die feste Überzeugung gewonnen, daß sie sich in Gegenwart ihrer Schwester wohler befinde.

      »Ja,« versetzte die Jüngere aufatmend und ohne die verborgene Rüge sonderlich zu beachten: »Es ist heute so frisch draußen – wirklich prachtvoll – überall ziehen Sommerfäden – sieh nur – und hier drinnen –« sie vollendete nicht, sondern setzte rasch hinzu: »Ich bin das Wachen doch wohl noch nicht so recht gewohnt – und dir geht es ja heute besser – da will ich einmal einen Gang durch eure Wirtschaft machen. In einer Stunde bin ich wieder zurück.«

      »Aber Hedwig, wenn ich so allein –«

      »Ich bringe dir auch was Schönes mit,« schnitt die andere lächelnd ab und war im nächsten Augenblick verschwunden.

      Seufzend richtete sich die Verlassene auf und blickte sehnsüchtig durch die Fensterscheiben der schlanken Mädchengestalt nach, die draußen bereits ohne sonderliche Eile mit leichten kräftigen Bewegungen über den Hof schritt.

      »Wer doch auch so –,« flüsterte die Kranke endlich, »einmal noch, nur einmal – –« Krampfhaft faltete sie die Hände, und ihre Seele hob sich wieder in jenem einen brünstigen Gebete zu Gott.

      Unterdessen hatte Hedwig den Hof durchmessen. Wer sie so sah, mit dem eleganten, dünnen Sonnenschirm in der Hand, und ihrer modernen Kleidung, der hätte kaum geglaubt, daß den braunen, blitzenden Augen dieser jungen Dame nicht der kleinste Schaden im Strohdach einer Scheune entging.

      Sie bemerkte alles. Auch für das Geringfügigste in diesem schweigenden Gehöft schien sie ein Interesse zu empfinden.

      Vor dem offnen Kuhstall, aus dem ein warmer Dunst herausschlug, hockte auf einem Prellstein ein alter, verwitterter Mann, ein greises, dürres, zahnloses Menschenkind, das kopfwackelnd dasaß und sich zu sonnen schien. Neben ihm, auf dem Holzpantoffel des Alten stand ein zerzauster Rabe auf einem Bein und war gleichfalls in den allgemeinen bleiernen Schlaf versunken, der wie verwunschen die gesamte kleine Besitzung umfangen hielt.

      »Alterchen,« rief Hedwig, als sie ihn erreicht hatte, und stampfte leicht mit ihrem Schirm auf den Boden: »Warum sieht der Hof so schmutzig aus?«

      »He?« grunzte der Alte und hob nach Art der Schwerhörigen das Ohr. Dabei blinzelten seine erloschenen, blöden Augen in das frische, blühende Mädchengesicht empor, und der zahnlose Mund begann zu kauen.

      Das junge, kräftige Leben da vor ihm gefiel ihm augenscheinlich nicht. Auch redete sie ihn mit zu wenig Hochachtung an, denn der alte Krischan aß schon seit Menschengedenken auf dem Hof das Gnadenbrot und stand außerdem im Rufe dunkler lichtscheuer Künste. Der Rabe galt dabei als eine Art dienender böser Geist oder mindestens doch als Bundesgenosse zu allerlei schwarzen Taten.

      »Schnell – nehmt einen Besen und fegt einmal ordentlich aus,« rief plötzlich das schöne Mädchen dringend dazwischen. Ihr war es, als könnte man damit alles Häßliche und Kranke, was sie hier vorgefunden, mit starker Hand hinauskehren.

      Der Alte regte sich nicht.

      Sie stieß ihn an.

      Da zog ein leises Grinsen über das verrunzelte Gesicht, der Mund hob an zu schmunzeln, und ohne sich von der Stelle zu rühren, keuchte er heiser zur Antwort:

      »Arbeiten? – ne, vörbi – all lang vörbi – ne, ne, min Döchting, wenn Sei hier wat utkihren willen, denn mötens sülwst dauhn.«

      »Und Sie, was treiben Sie hier?« rief Hedwig scharf dagegen. Durch ihren Körper zuckte es. Die schlaffe Faulheit des Alten empörte sie.

      »Ick? – ick töw [Fußnote: warte] ups Starwen.«

      »Aufs Sterben?«

      Unwillkürlich erblaßte die Angreiferin und trat zurück. Der Alte warf ihr einen schielenden bösen Blick nach, und der Rabe erhob sich plötzlich und schlug krächzend und hackend mit den Flügeln nach ihr.

      Es war, als ob sich die alte Zeit in diesem Gehöft gegen sie wehren wollte.

      Allein der neue Ankömmling war nicht von der Art, sich von derlei unklaren Vorstellungen lange beeinflussen zu lassen.

      Stolz hob sie das Haupt und ließ kühl die Worte fallen: »Ich werde mit meinem Schwager über Sie sprechen.«

      Im nächsten Augenblick wandte sie sich und eilte grußlos auf die Landstraße hinaus.

      Wie frisch und hell war es hier draußen. Über ihr das unendliche, leuchtende Blau, vor ihr Felder und Äcker, grüne und braune Flächen, die einen noch im reifen Schmuck der Spätsaat, die andern bereits wieder umgepflügt, dazwischen kleine, helle Wässerchen, wie Silberbänder auf einem bunten Tuch, Duft und Dämmer und blauneblige Wälder in der Ferne, und über alles hinweg der über den Boden flüsternde Frühwind, der einen kräftigen Erdgeruch mit sich führte.

      Hedwig sog ihn tief ein. Der kleine Zwischenfall mit dem Alten war bereits vergessen. Hurtig setzte sie über den Graben der Landstraße und schlug den ersten besten Feldweg ein, der quer über ein Stoppelfeld führte, auf welchem in unsicherer Weite ein paar dunkle Punkte auf und ab schwankten.

      Wie einsam es hier überall

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