Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield

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müssen uns rächen«, fielen alle ein.

      »Gentlemen!« versicherte Kapitän Murray, »ich habe die Ehre zu verkünden, daß ich ein vortreffliches Frühstück vollendet habe, und nun zur Verdauung was anfangen? Ecarté und rouge et noir sind verboten, seit uns der puritanische Wirt die Karten so sans façon ins Feuer geworfen.«

      »Was läßt sich nun tun, das die Yankeeleute verdrießt?«

      Unsere vier Kriegsgefangenen ertrugen ihr hartes Los mit gerade so vieler Gelassenheit, als Briten gewöhnlich an Tag zu legen pflegen, wenn sie für ihre leiblichen Bedürfnisse gesorgt wissen und dabei die Freiheit genießen, ihrer Zunge freien Spielraum lassen zu dürfen; eine Freiheit, die sie vielleicht noch besser zu schätzen gewußt haben würden, wenn die Apathie der Yankees, wie sie meinten, für ihre geselligen Vorzüge mehr Empfänglichkeit geäußert hätte. Übrigens schien ihr Ungehaltensein auf die ungeregelten militärischen Bewegungen dieser Yankees, die so ganz ohne Komplimente mit nicht mehr als sechzehnhundert Mann auf ein Korps von achttausend sogenannter britischer Veteranen losgingen und beinahe zwei Kompagnien der königlichen Grenadiere von dem Hauptkorps abschnitten und auf gute Yankeemanier erbeuteten – doch nicht so ganz von Herzen zu kommen.

      »Der Nebel ist verschwunden«, bemerkte Leutnant Devon, der mit seinen Kriegsgefährten sich unterdessen von der Tafel erhoben und zum Fenster getreten war.

      »Die Sonne bricht hervor wie an einem Londoner Maitage«, setzte Leutnant Forbes hinzu. »Schade, daß das herrliche Land nicht britisch ist.«

      »Wird hoffentlich bald werden,« bemerkte Leutnant Devon, »die Hauptstadt ist bei dieser Zeit unser. – Wollen wir auf die Bluffs, die Uferhöhen?«

      »Die Bluffs«, lachten alle. »Fürwahr, diese Yankees werden noch ein eigenes Englisch erfinden; doch halt, da kommt eins ihrer wirklich prachtvollen Dampfschiffe herauf.«

      »Wohlan, vielleicht etwas Neues. Habt Ihr bemerkt, wie sie bleich wurden und Reißaus nahmen; ein gutes Vorbedeutungszeichen«, meinte Leutnant Devon.

      Und mit diesen Worten setzten sich unsere Helden in Bewegung.

      Der Donner der Kanonen ließ sich vom Dampfschiffe Missouri hören, die Flagge der Staaten vom Hinterkastelle wehend. Das ganze Dampfschiff wimmelte von roten Uniformen. Als es einlief, trat Leutnant Parker aus dem Schiffe, nach ihm ein Zug uniformierter Milizen und britischer kriegsgefangener Offiziere und Soldaten.

      »Major Warden!« riefen die fünf Briten. »Was ist das?«

      »Aufs Haupt geschlagen, Sir Edward, alle Generale, beinahe alle Oberoffiziere tot oder tödlich verwundet; zweitausend geblieben, der Rest in vollem Rückzuge«, sprach der kriegsgefangene, verwundete Major leise.

      »Da gibt es Avancements«, tröstete sie Leutnant Devon.

      Der amerikanische Leutnant warf dem Briten einen Blick der tiefsten Verachtung zu und fiel dann schweigend seiner harrenden Mutter und seinen Schwestern in die Arme.

      »Ich bringe die Siegesbotschaft,« rief er der versammelten Menge zu, »die gerechte Sache hat triumphiert.«

      Ein schönes, mit allen Kriegsbedürfnissen reichlich ausgerüstetes, von Siegen trunkenes Heer geübter Veteranen, die im zehnjährigen Kampfe mit den tapfersten Truppen der alten Welt den Sieg an ihre Fahnen gefesselt hatten, war von kaum der Hälfte freier Männer so völlig aufs Haupt geschlagen worden, daß es selbst das Feld zu halten nicht mehr imstande war. Nie war toller Übermut schärfer bestraft worden, als durch diesen letzten Schlag, der den stolzen Feind zu einer Zeit traf, wo er bereits den Frieden zu unterzeichnen für gut befunden hatte.

      Kein Jubel, kein Frohlocken war jedoch unter der versammelten, größtenteils aus Frauen und Kindern bestehenden Menge zu hören. Als aber der Leutnant mit seinen Gefährten die Nachricht umständlicher vorgetragen hatte, gingen alle schweigend, ohne vorherige Abrede getroffen zu haben, dem Tempel des Höchsten zu, um ihm ihren Dank für einen Sieg darzubringen, der um so herrlicher war, als er dem Lande nur wenige Opfer kostete.

      Siebenunddreißigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Getrieben durch das große Gebot des Geistes seines Vaters, ergriff der alte Häuptling Tokeah die erste Gelegenheit, seinen vermeintlichen Feinden zu entgehen, die, obwohl sie großmütig für seinen Unterhalt gesorgt, doch in seiner Meinung wieder keine Gelegenheit versäumt hatten, ihm alle die Kränkungen zuzufügen, die ihr Übermut nur ersinnen konnte, und die seine unglückselige Konsequenz einem ebenso planmäßig feindseligen Systeme ihrerseits zuschrieb, als er selbst sein ganzes Leben hindurch beobachtet hatte. – Noch immer sah er die Amerikaner durch das trüb gehässige Medium seiner eigenen Phantasie, und diese Blindheit ließ ihm in allen den zufälligen Äußerungen der Weißen, in ihren geringfügigsten Handlungen, die ebenso nur auf einen Punkt berechnete Handlungsweise sehen, welche er sich in seinem Leben zum Leitstern genommen hatte; ein Wahn, der bei seiner abgeschiedenen Lebensweise und verschlossenen Gemütsart wohl verzeihlich, aber auch notwendig eine nie versiegende Quelle immerwährender Kränkungen und Feindseligkeiten werden mußte. Hatte nun auch seinem finstern Stolze die Aufmerksamkeit wohl getan, die ihm vor seinem Sohne von den Weißen widerfuhr, so war ihm hinwiederum die Geringschätzung, mit der er behandelt wurde, wie ein nagender Wurm an seiner Seele gehangen. Schon der Befehl, auf den großen Krieger der Weißen, der sein Volk beinahe vertilgt hatte, zu harren, war ihm fürchterlich gewesen. Es waren viele gekommen, ihn zu sehen, wie man allenfalls ein reißendes Tier, das endlich eingefangen ist, sieht, und die Art, wie er sich bei diesen Besuchen benahm, zeigte wirklich wenig Unterschied zwischen einem eingesperrten Raubtier und dem Könige der Oconees.

      Die Tradition seiner Stammesgenossen nun hat uns seinen geheimnisvollen Zug vom Bayou umständlich aufbewahrt, und indem wir ihr getreu folgen, versetzen wir uns an seine Seite in die Urwälder des heutigen Staates Mississippi, oberhalb Natchez, an welcher Stadt ihn sein Weg vorbeigeführt hatte.

      *

      Acht Tage waren seit seinem Verschwinden von dem Bayou verflossen, aber noch hatte er mit den Seinigen kein Wort gesprochen. Tag für Tag war er vorwärts geeilt, rastlos und nimmer ruhend, verschlossen, finster und brütend, seine Begleiter ihm folgend, wie Hunde ihren Herren, ohne einen Laut von sich zu geben. – Das Wild des Waldes hatte ihnen zur Nahrung gedient, die gefrorne Erde zur Lagerstätte, ihre Wolldecken zu Betten. Sie hatten sorgfältig die Wohnungen der Weißen vermieden und waren ohne Hindernisse am vierzehnten Tage nach ihrem Aufbruche im Angesichte eines jener ungeheuern Fichtenwälder angelangt, die sich von der südlichsten Kette der Appalachen hinüberstrecken gegen den Staat Mississippi. Je näher der Häuptling diesen Wäldern kam, desto freier, sagt die Tradition, wurde seine Seele, desto heiterer sein Auge, desto zuversichtlicher seine Miene. Ein Gefühl von Wehmut und Freude, von bangem Schmerze und froher Sehnsucht trieb ihn vorwärts zum Lande seiner Kindheit, seiner Mannbarkeit, dem er den Rücken zu wenden gezwungen worden war, das ihn verstoßen hatte. Und, als er in der Nähe des Flusses ankam, an dessen jenseitigem Ufer die Fichtenwälder seiner Heimat emporstarrten, da wurde seine Seele groß, und die ganze Kraft der vorigen Tage lebte in ihm wieder auf, und er hob schweigend seine Arme und deutete hinüber – und leise und feierlich schritt er über die leichte Eisdecke des Flusses. – Und als er am jenseitigen Ufer angelangt war, warf er sich zur Erde und blieb eine lange Weile regungs- und bewegungslos liegen. Der Wind hob seine grauen Haare, daß sie emporstanden, wie das vom Froste versengte Gras, der kalte, rauhe Nordwind war ihm das Säuseln der Geister seiner Väter, das zu ihm sprach, dessen Stimme er verstand, und dem er wieder Antwort gab. Ringend mit sich selbst und

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