Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield

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der Alte eine Saite berührt hatte, die gewaltig in ihrem Innern erklang.

      »Und was befiehlt uns der große Miko zu tun?«

      »Der Miko ist gekommen auf dem Pfade des Friedens«, versetzte dieser ausweichend. »Die Seinigen sind ferne. Seine Brüder haben seit vielen Sommern seine Stimme nicht gehört. Sie haben sich andere Häuptlinge gegeben – sie müssen diesen gehorchen.«

      Er sah bei diesen Worten die Wilden forschend an und horchte auf das Gemurmel, das nun entstand.

      »Seine Augen sehen nicht mehr Muscogees«, fuhr er fort. »Sie sehen verkleidete rote Männer, die sich mit den weggeworfenen Gewändern der Weißen behängen, die sich des Wampums ihrer Väter schämen, und deren die Weißen spotten. – Sein Herz sagt ihm, daß unter den engen Röcken der Weißen auch ihre falschen Herzen schlagen, und daß seine Worte in die Ohren seiner und ihrer Feinde geflüstert werden. Der Miko hat sein Volk verlassen, als der Giftzahn in ihre Eingeweide zu schlagen angefangen; das Gift hat um sich gegriffen – er sieht nichts mehr als eiternde Wunden. Er sieht Häuptlinge in den Gewändern der Weißen, Krieger in denen der Weißen und der Muscogees, sein Herz ist traurig.«

      »Der Miko der Oconees ist ein weiser Häuptling«, sprach einer der ältesten Wilden. »In ihm rollt das Blut vieler Mikos. Die Männer der Muscogees wollen seine Stimme hören. Sie sind viele Sonnen weit gekommen, um dem Späherauge der Weißen zu entgehen. Sollen sie umsonst gekommen sein?«

      »Die Muscogees sind weise«, sprach der Miko mit einer ironischen Betonung und einem bittern, spöttischen Lächeln. »Sie haben die Boten der Weißen getäuscht, aber sie haben ihre Späher mitgebracht. Ein Tor spricht zweimal,« fuhr er fort – »der Miko ist gekommen, um von seinem Volke auf immer Abschied zu nehmen.«

      »Dann hat der Miko einen weiten Weg gemacht, den er sich hätte ersparen können«, versetzte ein zweiter, jüngerer Wilder. »Die Muscogees wollen Ruhe, der Miko gibt nimmer Ruhe.«

      »Ja,« erwiderte dieser, »mein Bruder hat wahr gesprochen; der Miko ist unruhig, sowie der freie, wilde Büffel es ist, der die Seinigen von den Jägern in die Hürde getrieben sieht. Die Weißen geben den roten Männern Frieden, weil sie bedrängt sind von den Kriegern des großen Vaters der Kanadas. Wenn aber die roten Röcke abgezogen sein werden, dann mögen die armen Muscogees die Sommer zählen, die sie noch auf ihrem Lande leben werden. Es werden deren nicht viele sein. Männer der Muscogees! Ihr habt die Stimme eures großen, ältesten Häuptlings nicht gehört. Ihr habt sein Blut verstoßen. Ihr habt die Quelle in ihrem Ursprunge getrübt, das Blut eurer Häuptlinge mit dem unreinen Feuerwasserschlamm der Weißen vermengt. – Es wird nie mehr rein werden. Eure Häuptlinge füllen ihre Säcke mit Dollars. Sie handeln mit schwarzen Männern und kaufen sie, ihre Felder zu pflügen. Muscogees! der Miko hat mit dem Geiste seines Vaters gesprochen.«

      Alle horchten hoch auf.

      »Und dieser will seine Gebeine nicht ferner unter einem entarteten Volke lassen, unter einem Volke, das sein Blut verraten.«

      »Hugh!« ertönte es abermals mit einem grausenhaften Geheule.

      »Der Miko«, sprach der alte Mann, »hat dem Gebote seines Vaters Folge geleistet. Er ist gekommen, um seine Gebeine im freien Lande der großen Cumanchees zu begraben.« Er hob nun den Deckel vom Sarge weg, um den die Wilden sich heulend herumdrängten.

      »Der Miko«, nahm einer der alten Indianer das Wort, »ist ein großer, ein hoher Häuptling; – hat ihm der große Sheyah zugeflüstert, seine Gebeine von den Muscogees zu holen?«

      »Er hat es«; sprach der Miko.

      »Hugh!« ertönte es abermals aus der tiefsten Brust sämtlicher Wilden, die nun heulend durcheinander rannten.

      »Der Miko ist gekommen,« sprach der Greis, »um das Gebot seines Vaters zu erfüllen. Die roten Männer können ihn nicht mehr halten. Aber sie mögen kommen in die schönen Gefilde der Cumanchees. Tokeah und sein Sohn, der große El Sol, werden ihnen die Hand öffnen.«

      Und mit diesen Worten erhob er sich und verließ die versammelte Menge, ohne sie auch nur eines fernern Blicks zu würdigen. Ein tobendes Geheul schallte ihm noch eine Weile nach, das sich allmählich in den Bergklüften verlor.

      Die beiden Häuptlinge schlugen sodann mit den Oconees, die sich wieder zu ihnen gesellt hatten, den Weg zum Mississippi ein.

      Was eigentlich die Ursache dieser sonderbaren Zusammenkunft gewesen, läßt sich schwer bestimmen. In der Natur des alten Häuptlings lag jener unergründliche Doppelsinn, den der Wilde überhaupt in einem so hohen Grade besitzt, daß er Jahre lang die größten Entwürfe mit einem undurchdringlichen Schleier verhüllen kann, in einem außerordentlichen Grade. – Und wenn ihn das Geheiß seines Vaters, wie er meinte, oder richtiger zu sprechen, sein Traum zu dem weiten Zuge veranlaßt hatte, so scheint es ebenso gewiß, daß er diesem allmählich einen zweiten Endzweck dann unterschob, als er am Bayou mit der vermeintlichen Verlegenheit seiner Feinde näher bekannt wurde. Ob es ein letzter Versuch gewesen, sein Volk zum Ergreifen der Waffen gegen den Feind zu bewegen, oder ob er dieses bloß ausholen wollte, um auf alle möglichen Fälle bereit zu sein, darüber schweigt sowohl die Tradition als die geschichtliche Urkunde. Sowie er es nun fand, hatte er jeden Versuch für immer aufgegeben. Die Politik der Zentralregierung oder vielmehr das allmähliche Annähern der Amerikaner hatte nämlich während seines langen Exils eines jener Mittel gefunden, wodurch sowohl wilde als zivilisierte, aber noch im Zustande der politischen Kindheit befindliche Völker auf dem sichersten und schnellsten Wege entnationalisiert und gebändigt werden – Zwischenheiraten – durch die der Einfluß der vornehmsten Häuptlinge allmählich auf die sogenannten Halfbloods überging, die, dem amerikanischen Interesse näher verwandt, das übrige Volk in dieses zu ziehen wußten. Es war dieses um so leichter gelungen, als die bedeutenden Jahresgehalte, die den Indianern für ihre Ländereien ausbezahlt wurden, eine Menge junger Abenteurer veranlaßten, die Kupferfarbe der Töchter der Häuptlinge zu übersehen, um sich so in ein Besitztum einzunisten, das noch anziehender durch den bedeutenden Einfluß wurde, den sie durch solche Heiraten unter den Wilden gewannen. Durch eine solche Heirat war auch der Miko um sein Land und um seinen Einfluß gebracht worden, und es war natürlich, daß, als diese Politik häufiger befolgt wurde, die Kluft zwischen ihm und dem Volke immer mehr zunahm.

      Die beiden Häuptlinge, sagt die Tradition, eilten nun, so viel es die Erschöpfung des alten Mannes zuließ, dem Bayou zu. Jedoch schon am folgenden Morgen bemerkten sie, nicht ohne Unruhe, Spuren von Mokassins, die kurz vor ihrer Ankunft hinterlassen worden waren. Je weiter sie vorwärts eilten, desto mehr leuchtete ihnen die Gewißheit ein, daß Muscogees vor ihnen denselben Weg gegangen waren. Der Miko schien weniger ängstlich, aber der junge Häuptling wurde mehr und mehr besorgt. Mit der gewohnten Selbstverleugnung jedoch schwieg er. Als sie aber am sechsten Tage nach ihrem Aufbruche vom Talk oder der Zusammenkunft sich soeben an demselben Platze zur Nachtruhe niedergelassen hatten, den die Späher nicht viele Stunden zuvor eingenommen, konnte El Sol seiner Zunge nicht länger mehr gebieten.

      »Der Miko hat getan«, sprach er, »wie ein frommer Sohn, als er das Gebot seines Vaters erfüllte; aber er hat nicht wie ein kluger Häuptling gehandelt, als er zu seinem Volke sprach; er hat der kochenden Glut, die an seinem Herzen nagt, gehorcht. Der Miko sollte dies nicht getan haben, wenn er seinen Fuß unter die Weißen setzen will.«

      »Sind die roten Männer deshalb weniger Kinder des Miko?« fragte dieser, »weil sie seine Stimme zu hören verschmähen?«

      »War es die Stimme eines Vaters, die aus Tokeah zu den Muscogees sprach?« fragte El Sol bedeutsam. –

      Der Miko schwieg.

      »El

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