Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield

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sprach er, »mit Euerm Pardon hat es gute Wege, und Ihr habt ihn Euch verdient; aber bei alledem, je eher Ihr Euch aus dem Staube macht, desto geratener für Euch. Hier in den vereinten Staaten gedeiht Ihr nun einmal nicht, und wenn Ihr, wie Magdalena, bußfertige Tränen weint.«

      »Das sehe ich nur zu deutlich«, entgegnete der Vermummte zähneknirschend. »Wahrlich, wenn ich das gewußt hätte –«

      »Und was denn?« fragte der Wirt. »Was Ihr erlangt habt, ist aller Ehren wert. Ihr werdet doch nicht wollen, daß sie Euch Ämter und Würden geben?«

      »Hol' der Teufel ihre Ämter, ich wollte lieber –«

      »Wohl!« fuhr der Wirt fort, »Ihr habt Euch ein schönes Vermögen zusammengebeutet. Ihr könnt Eure Tage in Ruhe leben.«

      »Ja,« rief der Vermummte, »es war der schönste Tag meines Lebens, eine herrliche Rache, eine Rache, so göttlich! daß es mir nur leid tut, daß ich sie nicht teilen konnte. Wären nur tausend unserer Braven zugegen gewesen, als wir diese Krämerseelen jagten. Möge mich – verdammen, es war ein schöner Tag.«

      »Ihr habt Euch gut benommen«; sprach der Wirt.

      Der Vermummte sah ihn verächtlich an: »Benito, aus deinem Munde mein Lob hören zu müssen! Spare deine Zunge, ich bitte dich, oder – Teufel und Hölle! – Jeder Sergeant, jeder Korporal wurde in ihren Zeitungen gepriesen; nur ihn, der vielleicht mehr zum Siege beitrug, als zehn ihrer Kompagnien, nur ihn mit seinen dreißig Braven vergaß man.«

      »Undank ist der Welt Lohn,« versetzte Benito, »wenn die Zitrone ausgedrückt ist, wirft man die Schale weg. Sie heißen sich im Scherz Souveräne, aber sie haben im Ernste alle die kalte Herzlosigkeit und vornehme Ruhe, als wenn sie diese wirklich wären.«

      »Als ich gestern meine Aufwartung machen zu dürfen bat, wurde ich durch die Hintertüre des Hauses, den Stall, eingelassen. ›Lafitte,‹ sprach er, ›was Ihr getan habt, verdient Anerkennung. Ihr habt einen Teil Eurer Verbrechen gutgemacht. Wir wollen das übrige vergessen; nur müßt Ihr das Land räumen, dessen Sicherheit Ihr zu sehr verletzt habt, um diese jemals vergessen zu machen.‹ Und zum Danke für alles warf er mir einen elenden Pack Banknoten von dreitausend Dollar zu.«

      »Das übrigens immer eine nicht zu verachtende Summe ist, mit der allein schon Ihr Euch in Mexiko recht schön etablieren könnt«, versetzte der Wirt. »Und das ist auch das einzige, was Ihr tun könnt. Vielleicht sehen wir uns da wieder. Hier gedeihen wir einmal nicht. Sie lassen uns nicht einmal wie die Hefen setzen, sie werfen uns noch beim Spundloch hinaus. Wäre ich klüger gewesen und hätte den Pater Hidalgo mit seinen Musikanten beim Teufel gelassen, so säße ich auch im trockenen. Alles ist Narrheit. Es ist niemand gescheit in der Welt als diese Republikaner. Die allein leben für sich. Wir Mexikaner, Franzosen, Spanier, und wie sie alle heißen, wenn ich's so recht um und um betrachte, sind nur halbe Menschen; denn die andere Hälfte gehört nicht uns.«

      »Ja,« sprach der Vermummte, »wenn man sich so an die vierzig Jahre in der Welt herumgetummelt hat, wird's einem allmählich klar. Hier lernt man echte Philosophie. Hier weiß man vernünftig zu leben. Ich habe während der acht Wochen meines Hierseins mehr gelernt, als mein ganzes übriges Leben. Was nützt es jedoch; nun ich zur Einsicht und Umkehr gekommen, weist man mir wieder die Türe. Teufel und Hölle! sie haben einen Sieg gewonnen, dessen sich Napoleon nicht zu schämen brauchte, und keine Muskel ihrer Gesichter ist verzogen; gerade als ob es sein müßte, und nun gehen sie wieder ruhig an ihren Pflug.«

      »Und das bleibt auch Euch übrig,« versetzte der Wirt, »da Ihr denn doch einmal Euer wüstes Leben aufzugeben fest entschlossen seid.«

      »Wirt!« rief eine Stimme durch die Türe herein.

      »Da bin ich«, antwortete Benito, der dem Rufe folgte und aus der Stube trat.

      »Ich habe Gäste bekommen,« rief er mit vieler Zufriedenheit; »aber ich weiß nicht, ob sie sich gerade zu Euch schicken. Es sind alte Bekannte von Euch.« Er flüsterte dem Vermummten etwas in die Ohren.

      »Alle Teufel! Wirklich?« rief dieser.

      »Wollt Ihr Euch auf einen Augenblick zurückziehen?« fragte der Wirt.

      »Pah, wollen sie sehen. Wir sind ja in einem freien Lande, heißt es.«

      Indem trat ein Sergeant ein, dem die Indianer in Begleitung zweier Milizen folgten.

      »Sie haben sich zwar freiwillig gestellt,« flüsterte der Sergeant dem Wirte zu, »aber Ihr müßt gewissermaßen für sie haften; ohnedies sind die beiden Cumanchees gleichfalls hier.«

      »Sorgt um nichts,« versicherte ihnen der Wirt; »wir wollen sie wie unsere Augäpfel bewachen und bewahren. Wache wäre überflüssig; würde nur Argwohn erregen.«

      Inzwischen hatte sich der alte Miko etwas befremdet in der dunkeln, von zwei Talglichtern kümmerlich erhellten Stube umgesehen, deren Ärmlichkeit ihm aufzufallen schien. Ein bitteres Lächeln umkreiste seinen Mund, als er die weiß übertünchten Wände, die armseligen Teppiche und die Eichenholzsessel und Tische übersah. »Sieht El Sol,« murmelte er dem jungen Cumanchee zu, »wie die Herzen der Weißen kalt geworden sind. Als die Indianer zuerst kamen, führten sie sie in ein kostbares Wigwam. Hier –«

      Der Cumanchee hatte nicht minder aufmerksam in der Stube umhergesehen, als sein durchdringender Blick in die Ecke fiel, wo die drei Ausländer saßen. Plötzlich fingen seine Augen an Feuer zu sprühen, seine Nasenlöcher schwollen wie die Nüstern eines Rosses, er begann zu schnauben und, in die grimmigste Wut ausbrechend, fuhr er auf den Tisch zu, hinter welchem die drei Ausländer saßen.

      »Hat,« so sprach er mit einer Donnerstimme, »hat die Schlinge der Cumanchees und die Lanze der Pawnees deshalb des Diebes geschont, damit dieser mit seinem giftigen Atem abermals das Gesicht des unglücklichen Vaters vergifte, dem er die Tochter und die Seinigen geraubt?« Und indem er nach dem Dolche griff, würde er auf Lafitte losgestürzt sein, wenn ihm nicht die Milizen in die Arme gefallen wären.

      »Im Namen des Gesetzes, Ruhe!« sprach der Sergeant, »oder ich führe Euch augenblicklich ins Gefängnis.«

      »Mein Sohn,« sprach der Miko bedeutsam, »wir sind im Wigwam der Weißen.«

      Der Seeräuber hatte, während der Wilde den Dolch zückte, mit vieler Kaltblütigkeit sein Glas ausgetrunken.

      »Mag ich erschossen sein,« flüsterte einer der Milizen seinen Gefährten zu, »wenn dieser Mann nicht mehr kaltes Blut in seinen Adern hat, als alle Alligatoren im großen Sumpf zusammengenommen.«

      »Das ist auch das beste, was er hat. Er schneidet Euch mit demselben Gleichmute die Kehle ab. Kennt Ihr ihn?«

      »Werde ihn doch. Für jetzt ist ihm seine Zeche abgeschrieben, bekommt er aber wieder etwas auf die Kreide, dann hängt er doch.«

      Lafitte, ohne irgendeinem der Anwesenden besondere Aufmerksamkeit zu schenken, goß sich wieder sein Glas voll und trank ruhig fort, als die Türe abermals aufging und die beiden Cumanchees herein und auf den jungen Häuptling zusprangen. Kein Kind, das den Armen der Mutter entrissen und nach einer langen Abwesenheit wieder zurückgegeben wird, kann mit mehr Entzücken in die ausgebreiteten Mutterarme eilen, als die beiden Wilden in die des jungen Cumanchee. Die drei Wilden waren wirkliche Kinder geworden. Sie fielen einander in die Arme, sie umschlangen, sie besahen, sie betasteten einander, als mißtrauten sie ihren Augen, sie schienen ihres Entzückens nimmer ein Ende zu finden. Als dieses so eine Weile gewährt hatte, traten die beiden von ihrem Häuptlinge zurück, kreuzten

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