Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield

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und ihre Schicksale während seiner Abwesenheit. Aber bald verwandelte sich diese in heftigere Symptome, die bald Schmerz, bald Wut, wieder Scham und Zorn im ungemein schnellen Mienenspiele ausdrückten. Auf einmal brach er in einen lauten Schmerzensruf aus; seine Arme fielen straff an seine Seite, und als schämte er sich vor den Anwesenden, trat er mit den beiden Cumanchees aus der Stube.

      Das Gespräch der Indianer war im Pawneedialekte geführt worden und hatte die Aufmerksamkeit aller sehr erregt; denn es mußte offenbar etwas Besonderes sein, das die Seelen dieser an Selbstverleugnung so sehr gewohnten Menschen so außerordentlich bewegen konnte. Auch der Miko war es; aber in seinen starren Zügen war bloß ein bitteres Lächeln zu bemerken. Als die Milizen sahen, daß sie vergeblich auf Aufklärung warteten, entfernten sie sich.

      Der Miko hatte sich in der Ecke des Feuerplatzes niedergelassen und saß eine geraume Zeit, ohne irgendein Merkmal von Leben von sich zu geben; dann begann er sein Haupt zu erheben, und sein Blick fiel auf den Seeräuber, der noch in seiner Ecke saß, wandte sich jedoch immer wieder mit Abscheu von ihm. Es schien, als ob dem alten Manne eine Anwandlung von Neugierde ankäme, zu wissen, was seinen Feind hierhergebracht habe, und daß nur Stolz und Scheu ihn vom ersten Schritte zur Annäherung zurückhalte.

      Der Seeräuber brach endlich das Eis, indem er aufstand und an den Miko herantrat.

      »So finden wir uns denn wieder, Miko,« sprach er nicht ohne Teilnahme, »um drei Monate älter, weiser, aber nicht glücklicher. Wo sind die Zeiten, wo wir so friedlich beisammen saßen im Wigwam am Natchez?« Er sprach die letzten Worte mit einer so schmerzlichen Betonung, daß der Indianer ihn forschend ansah.

      »Ja, Miko, wenn Ihr mich damals nicht so trotzig von Euch gewiesen hättet, und ich kein solcher Narr gewesen wäre, eines Mädchens halber alles auf das Spiel zu setzen – –. Ja, Miko, ich meinte es gut. Wir hätten ein glückliches Leben führen können. Wir hätten eine herrliche Kolonie gegründet, kein Feind in der Welt hätte uns etwas anhaben dürfen. Es war ein schöner Traum.«

      Der alte Mann schwieg noch immer. »Wie kommt es,« fragte er endlich mit sichtlichem Widerstreben, »daß der, auf den der große Vater der Weißen einen Preis von so vielen Dollars gesetzt hat, sich nun in ihren Wigwams sehen läßt?«

      »Erinnert Ihr Euch, Miko, jenes Morgens, als ich Euch im Councilwigwam sagte, Lafitte würde Euch verteidigen?

      Ihr braucht Euch nicht zu fürchten? Miko, hättet Ihr damals auf meine Stimme gehört, wäre alles besser gewesen. Schon damals war der Plan reif, der mich mit der Welt versöhnen sollte. Hilft nun aber alles nichts.«

      »Und der Häuptling der Salzsee ist ein Freund der Weißen?« fragte der Indianer.

      »Sowie man Freund sein kann,« versetzte der Seeräuber bitter lachend, »wenn man einen Dienst erwiesen hat, der zu groß ist, um bezahlt zu werden. Sie haben mir gnädigst erlaubt, ihre Kanonen zu bedienen und mich der Gefahr, verstümmelt oder totgeschossen zu werden, so an die sieben Stunden bloßzustellen; dafür habe ich nun eine Art Pardon und die huldreiche Weisung, mich so schnell von hinnen zu packen, als möglich.«

      »Und der Häuptling der Salzsee ist zu den Weißen gegangen, um mit ihnen den Tomahawk gegen die Söhne des Vaters der Kanadas zu erheben?« fragte der Indianer gespannt.

      »Ich komme soeben von der Affäre herauf. Die Weißen haben einen glänzenden Sieg davongetragen.«

      »Und er hat die große Schlacht der Weißen mitgeschlagen?« fragte der Indianer beinahe ängstlich.

      »Ja,« erwiderte der Seeräuber mit demselben verzweifelt bittern Hohnlachen, »und dafür hat er den guten Rat erhalten, das Land sobald als möglich zu räumen.«

      Der Indianer, der seine Gefühle bisher gewaltsam unterdrückt hatte, war nun nicht länger imstande, dem furchtbaren Kampfe, der in seinem Innern tobte, zu gebieten. Seine Brust hob sich, als drohte es, ihn zu ersticken. Seine Augen rollten, als wären sie von einem innern Feinde im Kreise getrieben. Seine Hände auf sein Gesicht schlagend, stöhnte er laut und fiel dann bewußtlos über den Sarg hin.

      »Miko!« schrie der Seeräuber, der herbeisprang und den bewegungslosen Mann wieder aufrichtete. »Miko, was ist dies?«

      Der alte Mann blickte stier um sich her. »Geister meiner Oconees! Geist meiner Tochter! ich habe Euch Sühnopfer bringen wollen; der Dieb hat Euch und mich betrogen. Nein!« rief er schmerzlich, »die Weißen haben mich betrogen.«

      »Häuptling!« sprach der Wirt auf den gedeckten Tisch weisend, »eßt und trinkt und schlagt Euch das übrige aus dem Sinne. Trinkt! je mehr, desto besser, es geht auf Kosten der Regierung.«

      Der Indianer nahm das dargebotene Glas an, trank es aus und bedeutete dem Wirt, es wieder zu füllen. Wieder stürzte er es hinab, und wieder wurde es gefüllt. Er wiederholte den Zug ein drittes, ein viertes, fünftes und sechstes Mal und sank dann bewußtlos am Boden hin.

      »Ist doch bei alledem ein indianisches Vieh«; sprach Benito.

      »Ein König willst du sagen«, sprach der Seeräuber ernst. »Ein Legitimer mit so edlem Blute, als je in den Adern eines geflossen. Wenn du den hunderttausendsten Teil seiner Leiden erfahren hättest, wärest du längst im Tollhause – oder auf dem Galgen vermodert.« Er sah auf den Wilden mit verschränkten Armen herab. »Schaffe ihn weg; das Schmerzlichste steht ihm noch bevor.«

      »Doch horch, was ist das? Neun Salven von einem Dampfschiffe. Ein neunmaliges Hurra. Der General en Chef ist angekommen. Gute Nacht, Miko, morgen wirst du mehr hören.«

      Einundvierzigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Das Rollen der Trommeln verkündete am folgenden Morgen das Zusammentreten der Mannschaft, als die Indianer durch die dichten Reihen der Milizen dem Gasthofe zugeführt wurden, wo der Obergeneral sein Absteigequartier genommen hatte. Im Korridor, der zu dem Saale führte, stand ein zahlreiches Offizierkorps in glänzend reichen Uniformen, welches die soeben aus dem Saale kommenden britischen Offiziere freundlich begrüßte. »Die Indianer,« rief eine Stimme, »Indianer vor!« Sie traten ein.

      Soeben erhob sich ein langer, hagerer, aber kraftvoll gebauter, ältlicher Mann von einem Armsessel, auf dessen einer Lehne sich ein Kissen befand, auf dem sein linker, in einer Schlinge getragener Arm geruht hatte. Seine Züge waren scharf gezeichnet, stark hervortretend und deuteten auf feste, unerschütterliche Ruhe. Das kühne blaue Auge, in tiefen Augenhöhlen funkelnd, verriet ein Feuer, das weder Alter noch körperliche Leiden geschwächt hatten. Sein Gang war langsam, aber würdevoll. Er trug die Generalsuniform des höchsten Grades in den Staaten, unter einem braunen Überrocke. Säbel und Federhut lagen auf einem Seitentische. Sein scharfer Blick fiel, als die Indianer eintraten, auf jeden einzelnen mit einem Ausdrucke, der die Wilden zu durchschauen schien. – Nach einer kurzen Pause ließ er sich wieder auf den Armsessel nieder und nickte den Indianern, Platz zu nehmen.

      »Tokeah!« sprach der Major Copeland. »Ihr steht vor dem kommandierenden General, dem großen Krieger, der die Muscogees und die Söhne des großen Vaters der Kanadas in vielen und großen Schlachten geschlagen hat, dem Bevollmächtigten des großen Vaters der roten Männer.«

      Die Indianer sahen nach dieser etwas pompösen, aber hier ganz zweckmäßigen Aufführung den General betroffen an, und ihr Haupt neigend, streckten sie die Palmen ihrer Hände vor.

      »Tokeah, der letzte Miko der

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