Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield

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Könnte er allein die Tat an den Weißen rächen, er würde es tun: aber es würde das Blut seiner Brüder kosten. Er überläßt die Rache Wacondah und lebt für sein Volk. Der Miko muß dies auch tun. Wenn die Weißen erfahren,« fuhr er nach einer Pause fort, »daß der Miko seinem Volke in die Ohren geflüstert hat,« – sein Blick fiel auf die von den Indianern hinterlassenen Spuren, »werden sie ihre Stirn runzeln – vielleicht«, setzte er hinzu, »werden sie das Pfand behalten,« sein Blick fiel auf die Erde – »das ihnen der Miko hinterlassen hat.« Die letzten Worte sprach er leise, beinahe furchtsam.

      »Die weiße Rose ist die Tochter des Miko. Er hat Biber- und Bärenfelle für sie gegeben. Er würde sie den Weißen nicht lassen, wenn sie viele tausend Dollars geben würden.« Das Herz des jungen Häuptlings schlug hörbar lauter.

      »Mein Sohn muß seine Zunge lösen«, sprach der alte Mann. »Er weiß, daß sein Vater ihn sehr liebt.«

      »Wacondah«, sprach der Cumanchee mit kaum hörbarer Stimme, »hat die Tochter des Miko zu sich genommen.« Er stockte, seine Wangen glühten, seine ganze Gestalt zitterte.

      »Rosa ist die Tochter des Miko. El Sol«, rief der Alte, »wird wieder der Sohn Tokeahs werden.«

      »Mein Vater!« mehr vermochte der junge Mann nicht zu sprechen. Aber er fiel dem Alten bewegt an die Brust, und indem er aufsprang und ihn beinahe unwiderstehlich mit sich fortriß, verriet sich die unsägliche Liebe, die den jungen Wilden erfaßt hatte.

      Sie eilten nun rasch und unaufhaltsam dem Bayou zu, wo sie nach Verlauf mehrerer Tage ohne besondere Unfälle anlangten.

      »Sieht mein Vater?« rief der Cumanchee aus, als sie an der Höhe der Ufergebirge standen und über die prachtvolle Niederung und den Strom blickten. »Wohl mußte Tokeah in seinem Kampf unterliegen, – möge er nun glücklich seinen Feinden entgehen!« – Eine Weile standen die beiden wie angewurzelt, und dann schlichen sie sich langsam und düster der Talniederung zu.

      Neununddreißigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Es war ein herrlicher, obgleich für die beiden Wilden niederschlagender Anblick, der sich ihnen darbot. Die Natur hatte sich in der Zwischenzeit mit jener prachtvollen Üppigkeit entfaltet, die in diesem Lande schon im ersten Frühlingsmonat alle die Pracht und Schönheit zeigt, die mehr nördlich erst einige Monate später hervortritt. Aus den hell- und dunkelgrünen Baumgruppen tauchten unzählige Pflanzungen und Landhäuser auf, die das Auge in weiter Ferne an den beiden Ufern des Stromes erblicken konnte. Alles war Blüte und Grün, und hinten her, in blauer Ferne, wogten die Wälder des westlichen Ufers, die die Pflanzungen gleich ungeheuern, immer grünen Wällen beschützten. Den hehrsten Anblick jedoch gewährte der majestätische Strom, von herrlichen Landhäusern umgürtet, so majestätisch dahinfließend, als sei er zum Gebieter der Welt erkoren; auf seinen Wellen schaukelten hundert kleine und große Fahrzeuge, die Tausende von Meilen herabkamen oder nun dem Bayou zuliefen, um das schöne Schauspiel zu sehen, das die Ankunft der Milizen darbot. Es war nämlich nicht lange nach der Siegesbotschaft die, nicht minder erfreuliche, vom Abschlusse des Friedens im Staate angelangt, so daß der wichtige Sieg, der erfochten worden, kurz vor Abschluß des Friedens erkämpft worden war. Der größte Teil der Landesverteidiger war bereits nach Hause gekehrt, der Rest kam nun soeben in einem Dampfschiffe den Strom herauf, schon von weitem von einem tausendstimmigen Hurra ihrer versammelten Waffenbrüder begrüßt, die nun in ihrem vollen Waffenschmucke gekommen waren, um ihre Mitbürger zu empfangen. Alle hatten sich nun auf eigene Kosten uniformiert, und ihr rascher fester Marsch und ihre sichere militärische Haltung verriet nichts mehr von jener Unbeholfenheit, die wir früher zu bemerken häufig Gelegenheit hatten. Als das Dampfschiff in das Bayou eingelaufen, wurde es von einem tausendstimmigen Willkommen begrüßt. Die Milizen formierten sich, sowie sie landeten, in Reih' und Glied; dann folgten die Damen, begleitet von den Offizieren. Unter diesen die Frau des Obersten mit ihren Töchtern und Rosa, begleitet von dem Obersten, seinem Sohne und dem Major Copeland. Sowie die Offiziere vorgetreten waren, trat eine Deputation der soeben gelandeten Milizen vor, und einer derselben hielt eine Anrede, und nachdem er im Namen und im Auftrage seiner Mitbürger den sämtlichen Offizieren für die Tätigkeit, Klugheit und Sorgfalt, die sie während dieser kritischen Epoche an den Tag gelegt hatten, gedankt, versicherte er sie zugleich, daß er von seinen Mitbürgern beauftragt sei, ihnen zu bedeuten, daß sie sich des in sie gesetzten Vertrauens vollkommen würdig bewiesen hätten.

      Der Oberst erwiderte diese Anrede in demselben würdevollen Tone, indem er seinen Mitbürgern im Namen der Offiziere für das Vertrauen dankte, das sie ihm und seinen Mitbefehlshabern geschenkt hatten, und sie zugleich bat, nun, da sie in ihren häuslichen Kreis und zum bürgerlichen Leben zurückkehrten, sie auch ferner in ihrer Achtung und ihrem Vertrauen zu behalten.

      Es war eine kurze, prunklose, aber höchst würdevolle Szene. Die hohe Achtung, der Anstand, der sich hier zwischen zeitherig Befehlenden und Gehorchenden, die nun wieder in ihre vorige bürgerliche Gleichheit zurückkehrten, so männlich kräftig äußerte, war so unverkennbar und charakteristisch hervorgetreten, daß eine Zeitlang nach dem Auftritte eine tiefe Stille herrschte. Auf einmal erschallte jedoch der Ruf: »Major Copeland!« aus mehr als tausend Kehlen.

      Der Major, der schweigend mit den Damen gestanden war, auch in einer glänzenden Uniform mit dreieckigem Federhute stak, die ihn einem in einen ledernen Sack eingenähten Elefanten nicht unähnlich darstellte, trat nun vor, jedoch nicht ohne Gefahr, mit seinem Degen in einige Verlegenheit zu kommen.

      »Mitbürger!« sprach er, »mein Bataillon ist zwar schon zu Hause, und die Bürger werden sich ihre Ruhe wohl schmecken lassen; da ihr mir aber die Ehre antut, meine Meinung nochmals hören zu wollen, so sage ich: Wir haben als Offiziere unsere Pflicht und Schuldigkeit getan. Ihr habt aber mehr getan. Ehre sei euch deshalb von Kindern und Kindeskindern! Ehre,« rief der bewegte Mann, seinen Federhut abnehmend und hochschwenkend, »Ehre sei euch! Und sollte der letzte von euch in Not sein oder Beistand brauchen, so kommt zum alten Squire Copeland; denn den Major wollen wir einstweilen an den Nagel hängen.«

      »Ein Hurra dem Major Copeland!« erschallte es nun neunmal hintereinander so kräftig, daß der Donner der Kanonen vom Dampfboote und die Trommeln übertäubt wurden.

      Hierbei ließ es jedoch unser Major, der seine Popularität nicht nur zu gewinnen, sondern auch zu erhalten wußte, nicht bewenden, sondern vortretend, drückte er nun jedem einzelnen die Hand, plauderte einige Worte und zog so von Mann zu Mann, jeden bei seinem Namen begrüßend, durch die Reihen.

      »Holla!« rief er plötzlich, als er an den Flügelmann gekommen war und mit seinem Falkenblicke hinüber auf eine Gruppe seitwärts stehender englischer Offiziere schweifte, die nicht ohne Überraschung dem würdevollen Schauspiele zugesehen hatten. »Holla, Kinder! da sehen meine Augen einen alten Bekannten.« Und mit diesen Worten stieg er auf die Gruppe der Briten zu, nicht ohne Gefahr, daß ihm sein drittes Bein, nämlich der Degen, einen Spuk spiele.

      »Gentlemen!« sprach er lachend, »es freut mich, Euch hier zu sehen. Laßt Euch's wohl behagen bei uns. Ihr seid gerne so gesehen; doch habt Ihr da einen Jungen unter Euch, dessen längere Bekanntschaft ich noch für eine Weile haben möchte. Herzensjunge, hast du Lust, mit mir hinüber nach Opelousas zu gehen? Heute bist du mit mir Gast beim Obersten Parker. Nimm dich aber in acht, es gibt eine Schar da, die gefährlichere Schüsse tut, als Kanonen und Kartätschen.«

      Die Stegreifanrede galt unserem Midshipman James Hodges, der rasch die Hand des Majors erfaßt hatte und sie herzlich drückte.

      »Sehr gerne, Major«, rief der überraschte Jüngling.

      Die

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