Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel

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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Walther Kabel

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genau, Herr Larisch!« erwiderte sie und suchte sich das Bild der drei Kuverts, die sämtlich aus starkem Papier und von derselben Größe waren, zu vergegenwärtigen. »Aber – es sind Umschläge wie sie zu Tausenden vorkommen dürften, mit Maschine geschrieben. Sonst …?! – Nein, ich wüßte nicht, wodurch sie sich von anderen unterscheiden sollten.«

      »Die Umschläge sind Dutzendware, das stimmt. Ihre Besonderheit beruht nur darin, daß man mit ihnen eine plumpe Täuschung versucht hat. Es sollte der Eindruck hervorgerufen werden, als seien sie mit ihrem seltsamen Inhalt der Post in Hamburg beziehungsweise hier in Berlin zur Zustellung übergeben worden.«

      »Ich verstehe Sie nicht ganz, Herr Larisch. Die Briefmarken zeigen doch deutlich die hamburger und die berliner Abstempelung.«

      Wieder lächelte der Schriftsteller, holte die drei Briefe aus der Brusttasche hervor und reichte den mit 1 nummerierten seiner Tischgefährtin.

      »Betrachten Sie sich jetzt nochmals die Marke,« sagte er, »besonders den Stempel. Dem Stempelaufdruck nach ist der Brief am 2. April 1908 zwischen elf und zwölf Uhr vormittags in Hamburg aufgegeben worden. – Alles scheint also seine Richtigkeit zu haben. Und doch gehören lediglich ein wenig scharfsinnige Augen dazu, um sofort zu erkennen, daß diese Marke von einem anderen Briefe abgelöst und dann erst auf diesen Umschlag geklebt worden ist.«

      Irma hatte den Umschlag schon in der Hand und starrte die Marke an, als wolle sie sie zur Preisgabe ihres Geheimnisses zwingen. Aber es blieb bei dem ersten Bemühen. Die Marke war stumm und – Irma auch. Nur ganz leise und kleinlaut sagte sie schließlich: »Meine Augen sind doch wohl nicht scharfsinnig genug …«

      »Es mag eine gewisse Übung dazugehören, derartige geringfügige Auffälligkeiten sofort zu bemerken,« meinte Larisch wie tröstend. »Ich habe diese Übung ja. Schon als Student jagte ich allem nach, was außergewöhnlich war. Und als Knabe hatte ich stets nur Abenteuerromane, gute Detektivgeschichten und dergleichen verschlungen, ein literarischer Geschmack, den viele belächeln mögen. Sehr zu unrecht! Wer zum Beispiel Detektivromane nicht lediglich aus Freude an der darin liegenden Nervenaufpeitschung liest, sondern sich bemüht, aus den scharfsinnigen Kombinationen irgendeines glänzend begabten Detektivs selbst etwas zu lernen, wird bald mit einer gesteigerten Beobachtungsfähigkeit auch an Ereignisse des praktischen, wirklichen Lebens herangehen, wird an sich selbst feststellen können, daß diese geistige Schulung durch die so oft in Grund und Boden verurteilten Kriminalgeschichten recht gute Früchte getragen hat, ganz abgesehen davon, daß man nie vergessen darf, wie wertvoll es ist, die heranreifende Phantasie anzuregen. Natürlich bin auch ich ein sehr entschiedener Gegner aller jener schriftstellerischen Machwerke, die auf eine Verherrlichung des Verbrechens und eine Verhöhnung der staatlichen Organe, der Polizei, hinauslaufen. Und in diese Kategorie fallen meines Erachtens auch die mit so viel Reklame-Tam Tam hier in Deutschland verbreiteten Sherlock Holmes-Erlebnisse des Herrn Sir Conan Doyle, da in diesen sämtliche Polizisten Idioten sind, welche gerade bei den jugendlichen Lesern nur zu leicht jede Achtung vor den Behörden untergraben wird. –

      Doch – entschuldigen Sie diese Abschweifung. Sie wissen ja wohl, daß ich selbst Kriminalschriftsteller bin. Dieses Thema regt gerade mich etwas auf. Entschuldigen Sie meine Abschweifung… –

      Zurück also zu der Briefmarke. Sehen Sie sich bitte den linken Rand an, gnädiges Fräulein. Der Stempel hätte hier doch noch mit einem kleinen Bogenteil auf dem Umschlag selbst aufgedruckt sein müssen. Aber – dieses Stückchen fehlt eben gänzlich. Das weiße Papier neben der Marke ist völlig sauber. Nicht mal ein Eindruck ist dort bemerkbar. Schon dies beweist, daß die Marke nicht abgestempelt wurde, als sie sich auf diesem Umschlag befand, sondern eben auf einem anderen, von dem sie nur – und das erkennt man auch an dem später verwendeten Klebstoff – losgelöst wurde, um zu einer Fälschung benutzt zu werden.«

      »Ach, nun begreife ich. – Ja, ich sehe, der Stempelaufdruck der Marke hätte auch auf dem Papier ein wenig sichtbar sein müssen.« – Irma Hölsch sprach voller Eifer. Ihr machte es Freude, sich derart belehren zu lassen.

      »Mit den beiden anderen Briefmarken vom Schreiben Nr. 2 und 3 steht es ähnlich, wenn hier auch die versuchte Täuschung nicht ganz so deutlich in die Augen fällt. – Jedenfalls habe ich Ihnen jetzt schon bewiesen, daß die Post die drei Briefe nicht befördert hat, sondern daß diese von irgend jemandem in Ihren Briefkasten hineingeworfen worden sind.«

      »Aber wozu nur diese aufgeklebten Marken?!« meinte die junge Lehrerin kopfschüttelnd. »Die Briefe hätten doch denselben Erfolg gehabt, wenn ich gewußt hätte, daß sie persönlich überbracht worden wären.«

      »So …?! Denselben Erfolg?! – Sagen Sie das nicht, gnädiges Fräulein! Wäre ich nicht hinter diesen Betrug gekommen, so hätte zum Beispiel der erste Brief den Eindruck hervorrufen müssen, als wäre der ›treuen Hand‹ schon am 2. April bekannt gewesen, daß Ihre Großmutter am 3. das Zeitliche segnen würde, – worauf ja der Inhalt dieses Schreibens unfehlbar hindeutete, da es darin heißt: ›es können Ereignisse eintreten …‹ und ›… bereiten Sie sich vor, Überraschungen durchzumachen …‹. Und diese Ereignisse und Überraschungen sind eben der Tod der Frau Elvira Hölsch und die dadurch an Sie gefallene Erbschaft, wie sich heute nun durch die Benachrichtigung des Amtsgerichts herausgestellt hat. –

      Der Absender wollte so tun, als ob er den Tod Ihrer Großmutter mit aller Bestimmtheit vorausgeahnt hätte. Hierdurch sollten Sie zu der Überzeugung gebracht werden, es gebe tatsächlich eine ›irdische Macht‹ – so hieß es ja in dem Schreiben! – die über besondere Fähigkeiten verfügt. Man wollte Ihnen also imponieren! Sie sollten zu dem Glauben gebracht werden, die ›treue Hand‹ wäre wirklich eine rätselhafte Macht, auf deren Rat zu hören nur vorteilhaft für Sie sein könnte. –

      Doch wir wollen diese theoretischen Erörterungen hiermit fürs erste beenden. Die ganze Sache ist noch so unklar, so in der Entwicklung begriffen, daß ich über den Zweck der drei Briefe nur ziemlich unsichere Vermutungen aufstellen kann. Wir müssen abwarten, was weiter geschieht. Ich nehme an, es werden Ihnen noch mehr Briefe zugehen. Mittlerweile kann ich dann vielleicht schon einiges in die Wege geleitet haben, um dieser merkwürdigen ›treuen Hand‹ hinter ihre Schliche zu kommen. Wie schon vorhin betonte, harmlos ist die Geschichte nicht! Dazu sind die Briefe zu schlau abgefaßt, dazu steigert sich ihr Inhalt zu raffiniert!«

      Irma schaute den Schriftsteller dankbar an.

      »Sie wollen sich also wirklich die Mühe machen, Herr Larisch, dieser Angelegenheit ihre gewiß kostbare Zeit zu opfern?« meinte sie zögernd. »Das kann ich ja kaum zulassen. Meine Freundin Hedwig Melcher sagte mir ja schon, wie stark Sie durch Ihrem Beruf in Anspruch genommen sind.« Absichtlich hatte sie diesen letzten Satz hinzugefügt. Sie war auch in ihrer Art ein wenig schlau, die hübsche, junge Lehrerin, und sie hätte eben zu gern gewußt, wie der Name der Freundin auf Egon Larisch wirken würde.

      Und diese Wirkung blieb nicht aus. Über des Schriftstellers scharfgeschnittenes, durchgeistigtes und doch so energisches Gesicht lief ein Schatten hin.

      »So, hat sie mit Ihnen darüber gesprochen?« fragte er gedehnt. »Fräulein Hedwig ist als Jugendbekannte von mir wohl etwas zu besorgt um mein Wohl.« Dann fügte er sofort hinzu, als ob er auf dieses Thema Hedwig Melcher nicht weiter eingehen wollte: »Wenn Sie mir gestatten, mich Ihrer Sache, eben der ›treuen Hand‹, anzunehmen, würden Sie mir sogar einen großen Gefallen tun. Ich brauche derartige Anregungen. Man kann nicht dauernd am Schreibtisch sitzen.«

      »Oh, wie gern tue ich’s, Herr Larisch, und wie dankbar bin ich Ihnen!« meinte sie mit Wärme und reichte ihm die Hand. »Nennen Sie mich bitte beim Namen. Wir sind doch jetzt Verbündete. Und da klingt das ›gnädige‹ Fräulein doch viel zu förmlich.«

      Er

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