Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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gehen nicht in die Einöde! Wir gehen anderswo hin, auf den Karnstein, oder – ... Nein, nur nicht in die Einöde!«

      Sie war erregt und hatte plötzlich hochrote Wangen. Die Kuhmilch und den ländlichen Mehlkuchen, den sie sich eigens bestellt hatte, ließ sie fast unberührt.

      »Du kindisches Herz,« sagte Ferdinand, »was wird er uns denn anhaben, der Waldsingsang, wenn wir ihm auch begegnen? Und hast es nicht fort selber gesagt, du hieltest die Gelegenheit, ihn persönlich kennenzulernen, für eine besondere Gnad' Gottes?«

      »In der Stadt wohl, Ferdinand, aber hier nicht«, flüsterte sie ängstlich.

      »Der Heidepetersohn!« schrie die Wirtin drein, »der ist lang' schon wieder davon, sitzt vielleicht mitten in der Stadt drin, von der ihr herauskommt, und schreibt Geschichten, die nicht wahr sind, und macht Liedeln, die kein Mansch nicht singen kann. Oder letztlich ist er im Salzburgischen und Tirolischen drin, oder Gott weiß, wo sonst; der Mensch wandert ja herum wie der ewige Jud' – kunnt's nit besser sagen – wie der ewige Jud'!«

      Das Stadtkind genoß endlich einige Löffel voll der frischen würzigen Milch. Der Kirchenschneider verbiß darüber einen stillen Ärger. Da hatte er für die nobeln Gäste schon ein Extrafäßchen anzapfen und ein Huhn schlachten lassen wollen, und jetzt –

      Zu Milch und Sterz braucht man nicht erst so Stadtleut', dafür ist der simpelste Drescherknecht auch noch gut genug. Ist's denn nicht wahr?

      Die Partie in die Einöde wurde beschlossen. Jetzt huben die Männer von Karnstein an Wege vorzuschlagen und Führer anzurühmen. Aber Anna tupfte mit ihren Füßchen die dünnen Waden des Gefährten, er möge sich ja von der Leute Ratschlägen nicht bestricken lassen. Ganz allein und unbeirrt wollten sie durch die Gegend wandern.

      Der Alte verstand seinen Liebling jedesmal; er sagte, er könne heute noch nichts Sicheres verabreden, weil man nicht wisse, was die Nacht bringen und der Morgen geben werde.

      Als in der niedrigen Stube der Tabaksqualm so dicht geworden war, daß die Menschengestalten fast wie Schatten im grauen Nebel standen, sagten die beiden Stadtleute nach allen Seiten hin höflich »gute Nacht!« und ließen sich auf ihre Stuben führen.

      Als das Mädchen in seiner Kammer allein war, verrammelte es Tür und Fenster mit Sesseln, Bänken und andern Möbeln, so daß Ferdinand in der Nebenstube durch die Wand schrie: »He, Prinzessin, geht er gut vonstatten, der Festungsbau?«

      Da war es im Kämmerlein still geworden.

      Sie wandern in den Wald hinaus

       Inhaltsverzeichnis

      Ein grelles Schallen schreckte des andern Morgens die beiden Fremden aus dem Schlafe. Die Glocke des nahen Kirchturms läutete zum »englischen Gruß«.

      Im Hause war es noch still, aber draußen knarrten die Schritte der Mähder, die über den steinigen Weg den taunassen Wiesen zugingen. In den Sensen, die sie auf den Achseln trugen, spiegelte sich das Morgenrot.

      Unsere Reisenden waren bald angekleidet. Das Mädchen hatte sein Angesicht mit kaltem Wasser gewaschen und dabei zur Verwunderung recht warme und rote Wängelchen bekommen. Ferdinand hätte nun gern mit der Wirtin über ein gutes Frühstück verhandelt; allein die Kirchenschneiderin war noch nicht zu finden.

      Anna drängte ins Freie und zur Wanderschaft, bevor noch die Siebenschläfer des Dorfes erwachten und sich den Bergfahrern etwa an die Ferse hängen konnten.

      Es war ein Sommermorgen, wie das Mädchen noch keinen erlebt hatte. Der reine, kühle Waldhauch, das freudige Geschrei der Vöglein all, das Aufgehen der Blumenknospen, das Glitzern des Taues, die tiefe, wolkenlose Bläue des Himmels über den klaren Waldbergen, auf deren Höhen bereits das Gold der Morgensonne lag.

      Sie waren aus dem Bereiche des Dorfes gekommen, sie gingen einen Fußsteig entlang über die Wiesen hin.

      Der kleine graue Alte hüpfte und tanzte auf dem Rasen und sang:

      Weil ich nur einmal

       Heraus aus dem Städtle bin,

       Städtle bin!

       Weil ich nur einmal

       Allein mit mein' Mädle bin,

       Mädle bin! ...

      »Ja, du Närrl!« rief er dann dem Mädchen zu, »auf so einem Boden ist freilich das Liedeldichten keine Kunst!«

      Anna hob das Kleid ein klein wenig und schritt still und gelassen über den Teppich von frischen Gräsern und Vergißmeinnicht. Sie senkte ihr großes Auge auf die Pracht des Fußbodens, und um ihre roten Lippen zuckte ganz leise die Freude.

      Der Weg war ihnen vorgeschrieben. Sie gingen über die Wiesen und Auen einem dunkeln Schachen zu, hinter welchem die Turmspitze eines Waldkirchleins schimmerte. Sie gingen unter finsteren Tannen hin, sie gingen über Blößen und Weiden, auf welchen ihnen schon die Sonne entgegenkam, und von denen aus man den Blick ins Rattensteinertal und auch den ersten Blick in die Schroffen hat. Sie gingen an einem verkommenen Bauerngehöfte vorüber, sie hörten das Geläute der Herden und das Jodeln der Hirten. Anna horchte, sie meinte, alles, was hier gesungen werde, müßte vom Waldsing sein – aber es waren Lieder ohne Worte.

      Sie konnte es nicht lassen, sie hob ihre Stimme:

      Mitten im Gebirg'

       Auf der Felsenwand:

       Mägdlein an der Seit',

       Büchslein in der Hand,

       Und ein Herz im Leib,

       Mut und Treu' darin,

       Gott sei Dank, daß ich

       Ein Älpler bin!

      Mit diesen Worten des Waldsing wollte sie das Selbstbewußtsein des jodelnden Hirten wecken.

      Dann gingen sie ein Gehänge entlang, kamen auf einem Hohlpfad wieder durch den Wald und gelangten auf einen breiteren Fahrweg, auf welchem sie nun stundenlang wandeln sollten.

      Der Weg stieg, engen Schluchten ausweichend, sachte die Lehne des Bergzuges hinan, stets durch jungen Wald von Tannen und hellgrünen Lärchen. Oftmals war der Blick frei in das besonnte Tal, aus welchem sie herangestiegen, und in welchem die Dörfer, die weißen Punkte der Höfe lagen, in welchem der lichte Streifen der Landstraße, die scharfe Linie der Eisenbahn und das glitzernde Band des Flusses sich schlängelten.

      Sie kamen durch größere Wälder, in welchen die braunen Schäfte der Bäume hoch hinauf kahl waren, aber schwere Kronen keinen Sonnenstrahl niederfallen ließen auf den feuchten Grund der Straße und den glatten, heidekrautlosen Waldboden. Zuweilen standen die Wanderer still und horchten dem Hacken des Spechtes und dem Geknister, wenn ein flinkes Reh über das Gefälle setzte. Dann wieder war Ruhe und nur jenes Flüstern, von dem der Liedermann sang:

      Wenn das Hochlüftchen weht,

       So träumt der lieb' Wald,

       So säuseln alle Ästlein,

      

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