Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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erstenmal blieb in diesem Jahre das Verbot aus, zur Zeit der Hahnenbalz Waldarbeiten zu unternehmen; wohl aber erhielten der junge Haberturm und der Ameishüter höfliche Einladungen, sich an der Hahnenjagd zu beteiligen.

      Unten auf dem Gemeindeanger neben der Kapelle wurde ein Platz ausgemessen für ein neues Schulhaus. Die Gründungsurkunde desselben hatte das Patronat ausgestellt.

      Noch im Laufe des Winters hatte Gabriel das Heidehaus zurückerworben und seine betagten, mühseligen Eltern in dasselbe eingeführt.

      Als der Peter und sein Weib wieder eingezogen in die alte, traute Heimstätte, sagten sie zueinander:

      »Gottlob, jetzt sind wir wieder daheim.«

      Im Haberturmhof war die offene Verlobung des jungen Besitzers mit der Tochter des Heidepeters.

      Auf dem Ehrenplatz neben den Brautleuten saß der Heidepeter. Heute ehrten sie ihn mehr als den Richter, und kein Mensch nannte ihn mehr den Dalkerd.

      Er goß sich sehr viel Wasser in den Wein, und dennoch hüstelte er nach jedem Nipp und meinte, das sei wohl ein rechtschaffen starkes Trinken; es hebe bei dieser Lustbarkeit ja völlig das ganze Haus an zu tanzen!

      Des Wirts Davidl lag immer noch krank, seine Mutter stand stets an seinem Bett und legte Pflaster um Pflaster über die Augenhöhle.

      »Bleib' nur hübsch liegen, mein Kind,« sagte sie, »wie du aufstehst, so haben sie dich gleich und führen dich zum Gericht. Die Leut' sind heutzutag' wie die Teufel.«

      Das Wirtshaus stand die längste Zeit leer.

      Wenn zuweilen doch ein durchziehender Handwerksbursche oder ein arbeitsuchender Holzhauer einkehrte, so erzählte ihm die Schänkin mit großer Herzbewegung die Geschichte von Heidepeters Gabriel, der aus einem armen Bauernbuben ein so angesehener Herr geworden sei.

      Endlich aber hatten es die Zapfenwirtsleute eingesehen, daß nach all dem, was vorgefallen, ihres Bleibens in der Einöde nicht mehr länger sein könne.

      Sie verkauften das Haus. Noch einmal, bevor sie auszogen, setzte sich die Wirtin zu ihrem getreuesten Freund, dem Rindenschlager-Lenz, zu einem Scheidetrunk; noch einmal ließ sie ihrer Zunge und Erfindungsgabe freien Lauf, noch einmal tat sie in den höchsten Tönen die Armseligkeit und den Undank der Einödebewohner dar.

      Da, zur bittersten Neige, unterbrach sie heute der Lenz und sagte: »Ein Eichtel weniger reden tät' nicht schaden. Es haben auch das Zapfenwirtshaus nicht die Engel 'baut, wie es sich weist. Es kommt ja alles auf.«

      »Nicht wahr ist's, daß alles aufkommt,« schrie die Wirtin hitzig, »dasselb', was mein schlauer Davidl oben im Heidehause mit dem toten Schulmeister 'trieben, wie er durch ein Roßhaar das Bahrtuch aufzupft hat, derweil er selber auf dem Dachboden gewesen, ist schon viele Jahre vorüber und ist auch noch nicht aufkommen!«

      »Und wird auch nicht aufkommen«, versetzte der Lenz tückisch. »Behüt' dich Gott, Wirtin, dir geht auch heut' die Welt wie ein Mühlrad herum, weil du das Mühlwasser dazu aus deinem Extrafaßl hast rinnen lassen. Im Wein ersauft die Lüg' – das ist wohl richtig, aber dann bist du dir mit diesem Trankel alleweil zu sparsam gewesen. Das Kunststück von deinem Davidl werd' ich schon ausrichten. Nichts für ungut.« – Und er ging davon.

      Der Wirt trennte sich schwer von der Gruft, aber ihre Geister begleiteten ihn – wohin, ist unbekannt. – Sie zogen fort, zogen wahrscheinlich dem »hochwürdigen Herrn« nach, wie es die Wirtin einst bei der Christenlehre vorausgesagt hatte; der Pfarrsprengel Rattenstein war nämlich schon lange aufgelassen und die Gemeinde mitsamt der Einöde in Karnstein eingepfarrt worden. Karnstein ist der schöne freundliche Ort draußen im breiten Tale, in dem wir noch eine wundersame Mär erleben sollen.

      Gabriel war wieder in die Stadt gegangen, wohin ihn seine geistigen Beziehungen zurückzogen. In der Stadt aber lebte er seinen Bergwäldern, die er beschrieb und besang mitsamt ihren Menschen.

      Er nahm kein Amt, er trieb kein Geschäft, er lebte und dichtete.

      Er wußte selbst nicht, wie es war, daß er nun so schön und frei dahinleben konnte.

      Nun aber nimmt die Geschichte einen neuen Lauf.

      Und sie wird zeigen, daß der Menschen echtes Glück nicht von Osten kommt und nicht von Westen, daß es in keiner Himmelsgegend aufsteigt, durch keinen Wind herbeigeweht wird, daß es still und wunderbar entkeimt aus dem eigensten Herzen.

      Daß es dann mitunter aber weitergreift über alle Wünsche und Ahnungen hinaus, schier wie eine lieblich gewaltige Feuersbrunst, alles erfassend und einhüllend und endlich auch – verzehrend.

      Oft, wenn Gabriel in seinem Stadtstübchen träumte und die Abenddämmerung war, durchzogen Erinnerungen an eine herrliche Zeit seine Seele. Aber an eine Zeit, die er niemals durchlebt hatte. Denn es war nicht Erinnerung, es war eine Ahnung von dem, was bevorstand.

      Die Sommertage lockten ihn allemal wieder in die Einöde zurück, wo er arbeitete und dichtete, und im Heidehause seinen alten Vater, seine sieche Mutter hatte, seine Vergangenheit durchträumte.

      An einem solchen Sommertag entschlief seine Mutter. – »Leut'!« hatte sie mit heller Stimme gerufen: »Was ist denn das, jetzt wird's auf einmal ganz licht!«

      Zweites Buch:

       Das Daheim

       Inhaltsverzeichnis

      Sie gehen ins stille Dorf hinein

       Inhaltsverzeichnis

      Auf dem Dorfbahnhof zu Karnstein verkündete die Glocke den nahenden Zug. Ein Bahnwart stellte sich mit dem roten Fähnchen an das Geleise, ein alter Postbeutelträger stand in Bereitschaft zum Geben und Empfangen, was das Dorf bot und die Welt sandte. Sonst war niemand hier, auf der eisernen Straße ins Weite zu gleiten; das Dorf barg abgeschlossen eine Welt in sich.

      Der kurze Zug – hastig und herrisch wie die Zeit, der er diente – rollte rasch in den Bahnhof, stand daselbst ein paar Augenblicke still, schnaubte ungeduldig auf und dampfte sofort wieder davon.

      Auf dem Bahnhofplatz standen zwei fremde Menschen hingeschneit; sie hielten ihr kleines Reisegepäck in den Händen und blickten umher. Ein ältliches Männchen in lichtgrauen Kleidern und mit einem allebendigen Angesicht, in welchem die zwei grauen Augensterne hin und her flogen wie ein paar Weberschiffchen im Garn. Es zitterten die weißen Büsche der Brauen, es wogten die Runzeln der Stirn, die Falten der lederbraunen Wangen; es waren die Lippen in Erregung, es wollte die scharfe Nase aus ihren Grundfesten brechen, um zu ermitteln, wo denn der Tausend in diesem Neste das faule Volk der Packträger stecke.

      Neben dieser schier possierlichen Gestalt stand ein Mädchen. Ein Mädchen in jungen, schönen Jahren. Es trug ein einfaches Kleid in der Farbe des Veilchens, besät mit weißen Sternlein. Das Kleid verdeckte schlicht auch den Busen und die Arme und ließ an den zarten Händen nur ein Paar blütenweiße Ärmelchen hervorschimmern; es ging bis hoch an den schlanken Hals empor, wo ein weißes, umgeschlagenes Krägelchen den Rand deckte, und wo an einem schwarzen Samtbande ein goldenes Kreuzel hing. Das Antlitz,

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