Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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sind beide heimatlos und stehen abseits von den Leuten, und dich hat das Unglück verfolgt, daß es zum Erbarmen ist. Aber dir hat es nichts anhaben können; du bist geblieben, wie dich Gott selber nicht besser haben kann. Und das ist all Tag mein einziger Wunsch gewesen: Gesundheit und einen starken Menschen. Und dann tät' ich anfangen und probieren, wie weit es sich auf der Welt mit Fleiß und Lieb' bringen läßt. Ich hielte mich allweg fest an dem einzigen lieben Menschen, und tät' nicht hüpfen, täte bedachtsam gehen, Schritt für Schritt, von einer Stufe zur anderen steigen, damit ich immer festen Boden unter mir hätte. Und das wäre doch was Rechtes, wenn man wüßte, was man ist und was man will. Regina, der Haberturmhof ist dreitausend Gulden wert, ich sag' dir's gleich. Ich aber will ihn nicht, ich bettle nicht, und kann mir mein' Sach' selbst erwerben. – Ist dir das recht?«

      Das Mädchen häkelte wie spielend die Finger aneinander und entgegnete leise:

      »Warum sollt's mir nicht recht sein: ich mach's ja selber so. Und bei dir ginge es mich auch nichts an.«

      »Gar viel geht's dich an!« sagte der Bursche lebhaft, »ich hab' keinen Verwandten auf der Welt. Dich hat der Herrgott aufgestellt, daß du schaust auf mich.«

      »Wie bist denn du, und was redest mir da vor?« fragte das Mädchen.

      »Was ich heut' zu dir red', Regina,« sagte Rudolf, und seine großen, klaren Augen ruhten in den ihren, »was ich heut' zu dir red', das hab' ich schon sieben Jahr' mit mir herumgetragen, und sooft ich dich angeschaut, und sooft ich gute Nacht zu dir gesagt, immer hab' ich das gemeint. Und wenn ich weit weg von dir gewesen bin, und wenn ich Holz geschlagen hab' im Wald, und wenn ich gebetet hab', und wenn ich doch wohl dann und wann was Gutes getan hab' – das hab' ich gemeint, und das allein, und jetzt bitt' ich dich um dein heiliges Wort.«

      Darauf faßte ihn das Mädchen an der rechten Hand und sagte:

      »Wenn es dein aufrichtiger Ernst und dein ehrliches Fürnehmen ist, so will ich gleichwohl nicht nein sagen, aber daß du mich ja verstehst, eine Bedenkzeit bis zum Christtag muß wohl sein, nicht meinetwegen, aber deinetwegen, weil du das im Ernst betrachten mußt, daß dir meinetwegen Haus und Hof verfällt. Mich kennst, ich bin eine arme Magd; wenn du aber meinst, daß ich Haus und Hof wert bin und dich selber noch dazu –«

      Er beugte sich und wollte einen Kuß auf die Lippen drücken, sie aber machte sich schnell los und sagte:

      »O Bübel, da haben wir noch weit hin! Wenn gleichwohl der Christentag schon da war', so sag' ich vor Gott und sag' es dreimal: Solang' meine Mutter nicht gefunden ist, solang' bin ich Heidepeters Regina, wie ich's bisher gewesen bin. Das bleibt dabei; der erste Kuß gehört meiner Mutter – erst den zweiten – wenn kein Rad bricht – kannst du haben.«

      So wurde es abgemacht am Brunnen auf dem Kirchweg nach Rattenstein. Rudolf wendete darauf seinen grünen Hut, daß die Hahnenfedern, wie man sie in der Einöde trägt, nach vorn zu stehen kamen. Dies nehmen sie für eine Bedeutung. Die Hahnenfeder nach vorn gerückt, erzählt dort von einer Eroberung. Als später andere Burschen das sahen, neckten sie den jungen Haberturm und sagten:

      »Was macht denn dich heut' so herlebig (herausfordernd)?«

      Die Mädchen flüsterten einander zu und rieten hin und her, wer denn die Auserwählte sein könne. Andere dachen an das Testament im Haberturmhofe und schüttelten den Kopf.

      Und als bei demselbigen Kirchgang der alte Haberturm auf dem Hute seines Ziehsohnes die kecke Stellung der Federn sah, blickte er höchst verwundert auf.

      Rudolf zog den Hut ab und streute die Federn auf die Erde.

      »Sie haben das Zeugnis gegeben vor Euch und vor den Leuten,« sagte er, »ich habe mich mit Heidepeters Regina versprochen.«

      »Hast recht!« versetzte der Bauer kurz.

      »Ich weiß es, Vater, daß ich nun wieder fremd bin in Eurem Hause, aber es muß wohl so sein. Ich hab' jahrelang zurückgehalten; ich hab' Euch keinen Kummer machen wollen und mich nicht heimatlos. Ihr seid mein größter Wohltäter auf der Welt, und das verlangt Ihr nicht von mir, daß ich mein Leben selber begrabe.«

      Der Haberturm starrte vor sich hin, dann murmelte er: – »So.«

      Aber auf der Heimkehr gesellte sich der Bauer wieder zu Rudolf. Sie waren anfangs die Vordersten, doch sie ließen die anderen Einödleute vorübergehen.

      Und als alle vorüber und sie die Letzten waren, sagte der Alte:

      »Rudolf, was ich damals beim Zaun gesagt hab', das ist nicht so genau zu nehmen. Du bleibst noch da, Rudolf. Nur das nächst mit der Feder hättest dürfen bleibenlassen. Geh jetzt heim und koch' den Leuten das Mittagsmahl, ich muß auf einen Sprung zu der Zapfenwirtin hinein, 's ist was auszurichten vom Amtmann.«

       * * *

      Das war in demselben Jahre eine bewegte Erntezeit in der Einöde. Die Kornähren waren schwer und die Gartenfrüchte groß und frisch wie schon seit langem nicht.

      Und dennoch war kein ruhiges, planmäßiges Arbeiten, sondern eine ungewöhnliche Erregung und Verwirrung. Selbst den Haberturm ließ es nicht bleiben im Zapfenwirtshause, und der so strenge Hahnenkamp ließ die Wirtschaft gehen, wie sie ging: er schritt stetig um seinen Hof und knirschte in sich hinein:

      »Niederschlagen, niederschlagen, aufknüpfen auf den höchsten Baum in der Einöde!« Wen meinte er nur?

      Büttel gingen umher und pochten an alle Haustüren, und wo nicht freiwillig aufgemacht wurde, brachen sie ein. Wenn man sie zur Rede stellte, was diese Gewalt bedeute und wer sie dazu berechtige, so gaben sie keine Antwort. Sie fluchten und höhnten nur, sie durchstöberten Korn und Kammer, Kisten und Kästen, und wo sie ein Schießgewehr fanden, da lachten sie und nahmen es mit sich.

      »Eine solche Zeit ist noch nicht gewesen,« sagten die Bauern, »haben wir nicht Weib und Kind zu wahren und zu schützen? Gibt es nicht wilde Tiere und schlechte Leut' in der Gegend? Leben wir nicht in der Einöd'? Und die Schutzwehr tragen sie uns davon!«

      »Sollen sie uns davontragen!« rief der Hahnenkamp. »Bauern, dasselb' ist erlogen, daß diese Herren keinen Herrn haben! Das sag' ich: Nicht ein Splitterl von meinem Güterl! Was mein ist, ist mein! Nachbarn! Wir finden in unseren Häusern noch Sensen und Beile und Hacken, wir finden noch was anderes, Bauern, wir stehen auf!«

      »Aufstehen«, meinte ein anderer kopfschüttelnd, »wär' schon recht, aber 's ist halt eine gewagte Sach'!«

      »Du wagst am wenigsten was,« schrie ein Holzhauer, »und wenn sie dir deinen Kürbis einbrennen, so hat die Einöd' keinen Nutzen und keinen Schaden.«

      Aber die Büttel gingen doch umher und durchstöberten die Gehöfte.

      Graf Frohn hatte nämlich wieder neue Wilderergeschichten vernommen, besonders den Fall mit dem Zapfenwirtssohn im Schroffenwald. Er gab darauf in seinem Jägerhause dem neuen Förster folgenden Auftrag:

      »Mir scheint, diese Einödler wildern wieder? Auch Waldfrevel kommen vor. Das ist albern von den Leuten. Es wird gut sein, ihnen vorläufig die Gewehre abzunehmen.«

      Wenige Tage später, als der Patron die Widersetzlichkeiten der Einödbauern erfuhr, flog eine matte Röte über sein Gesicht, und er sagte zu sich »Wenn's die Leute so treiben, ziehen wir andere Saiten auf. Wenn sie's denn just wissen wollen, wer der Herr ist, so mögen sie's wissen. Wir haben die Besitzungen hier nicht, daß sie uns Ärger

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