Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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sollst wohl ein wenig herausschauen zum Fenster, lug, das Bettelweib wird's auch hoch geben, das mag nicht mehr recht laufen, das läßt sich tragen von vier Männern, das läßt sich schön zudecken, und auf der Decke wachsen Blumen. – Magst nicht ein Eichtel durchs Fenster! gucken?«

      Doch bald löste sich die Bitterkeit in Schmerz der Mutterliebe auf – sie lehnte sich an einen Zaun und weinte. Sie weinte, wie sie in ihrem Leben noch nie geweint ...

      Einmal blickte sie zum Himmel auf, und dort schwebte eine Lerche im blauen Zelt.

      »Das ist ein Wunder, daß ich dich noch sehen kann,« rief sie dem Vogel zu, »du stiegst wohl hin über Berg und Tal, du setzest dich wohl lustig auf die Türme und guckest durchs Gitter hinein in sein Gefängnis. Flieg hin und flieg her und bring' Botschaft, du liebes Vöglein, von Gott erschaffen!«

      Dann betete sie in ihrem Herzen, und dann sagte sie:

      »Geht mir weiter mit eurer Rederei! Ist ja gar nichts wahr, 's ist nur zum Lachen!«

      Der Peter stand in der Reihe der anderen auf der Wiese und mähte im hohen Grase. Funkelnde Tropfen hingen und lagen noch auf den Halmen, Blättern und Blumen.

      Und es war immer Vormittag, die Schatten der Erlen wollten nicht kürzer werden, und drüben im Haberturmhof stieg immer noch kein blauer Rauch aus der Dachluke. Ein einziger Vormittag ist Ewigkeit für einen mühseligen Mann, der da schaffen muß mit und gleich den anderen, die jung und kräftig und übermütig sind. Dem Peter wollte schier die Sense in den Boden wachsen. Er stützte sich nur einen Augenblick an den Stab, da sah er sein Weib über die Mahden einhertorkeln. Er barg die Sense in das hohe Gras, daß sie die Sonne nicht schädige, und trat hin zu Klara. Und nun hörte er die Kunde von seinem Sohne.

      Was entgegnete der Heidepeter darauf? Er nahm wieder die Sense aus dem Grase, zog den Wetzstein aus dem Kumpf hervor und schärfte sie.

      Da schlug Klara die Hände zusammen und rief:

      »Jetzt trau' ich mir's zu sagen vor Gott: Dir ist an deinen Kindern nichts mehr gelegen. Bei dir heißt's, aus den Augen, aus dem Sinn, wenn du nur deinen Hahnenkamp hast, so ist dir gut. Und wenn dich Gott straft und dir Weib und Kind nimmt, so geschieht dir recht, du bist der Dalkerd, du bist der Garnichts, du bist – mäh', mäh' dein Gras und schau mich nicht an! Im Himmel ist's geschrieben worden, und im Himmel ist's ausgelöscht.«

      Das Weib eilte mit einer ungewöhnlichen Schnelligkeit davon.

      Der Peter besann sich eine Weile über das, was sie gesagt hatte, dann wollte er ihr nachlaufen. Aber eine andere Stimme in ihm sagte: Wozu? Sie geht zum Ameishüter; das weiß man schon, wie sie ist, dort wird man auf sie schauen, bis ich nachkomm'.

      Und er mähte weiter.

      Aber als das Mittagsmahl auf die Wiese kam, als sich die Leute unter den Schatten einer Esche setzten und sich aus abgemähtem Grase Sitze und einen Tisch bildeten, und als sie das Tischgebet sprachen und aßen – im hohen und weiten Speisesaal Gottes –, da genoß der Peter keinen Bissen. Er saß ein wenig abseits und legte die Hand ans Kinn. Niemand kümmerte sich um ihn, nur eine alte Magd zupfte ihn und lispelte:

      »Peter, wir warten all' nur mit der linken Hand auf dich; wie wirst denn mähen können den ganzen Tag, wenn du keine Vorspann hast!«

      Der Hahnenkamp hörte das und sagte:

      »Wenn dem Herrn Heidepeter 's Essen nicht gefällig ist, bitten tun wir ihn nicht, dasselb' getrauen wir uns nicht.«

      Als sie aber nach dem Essen zum gedörrten Heu gingen, um es in Schöbern zu sammeln, schlich der Peter abseits und davon. – Das war sein letzter Werktag gewesen beim Heidehause. Er eilte abwärts durch Geschläge und Anwuchs und Heideland gegen den Ameishüter.

      Beim Ameishüter war das Heu schon eingeheimst; die Männer waren im Walde, die Mägde arbeiteten auf dem Krautacker und setzten Kohlpflanzen ein. Als Regina ihren Vater daherkommen sah, wischte sie sich mit der Schürze die Erde von den Händen, ging den Weg hinab und rief:

      »Wie steigt denn Ihr heut' herum, Vater? 's ist doch nichts geschehen?«

      »Ist die Mutter gekommen?« fragte der Peter schnell.

      Da erschrak das Mädchen. Die Mutter war zum Ameishüter nicht gekommen, und niemand hatte sie gesehen.

      Der Peter lief wieder zum Heidehaus hinauf. Dort war Klara schon fort seit dem frühen Morgen. Nun ging er durch die Heide, und er ging hinab durch den Anwuchs und in die Schlucht und rief den Namen Klara. Vielleicht ist sie in der Kapelle und betet. Die Kapelle ist leer, aber hinter derselben schimmert etwas Weißes. Da lag das Bündel, welches die Heidepeterin vom Hause mit fortgenommen hatte. Jetzt lief der Peter noch einmal hinauf zur Wiese, fiel vor dem Hahnenkamp auf die Knie und sagte:

      »Bauer, mein Weib ist davon, hilf mir suchen!«

      Der Hahnenkamp lachte.

      Da eilte der Peter zum Haberturm hinüber; auch dort wußte man nichts. Ein Waldarbeiter kam nach Hause, der berichtete, daß er oben in den Wildschroffen ein Weib an den Felsen habe hinklettern gesehen.

      Der Haberturm erlaubte dem Rudolf, daß er dem Heidepeter möge suchen helfen.

      Bald wußte man's in der ganzen Einöde, die kranke, halbirre Heidepeterin sei davongegangen, und oben in den Hinterschroffen, wo sich kein Jäger und keine Gemse zu halten vermag, klimme sie umher.

      Der Peter eilte barhaupt durch die Gegend, seinen Hut hatte er verloren, er wußte nicht wo. Er rief nicht mehr den Namen seines Weibes, er hatte sich schon heiser geschrien. Nur leise beten konnte er noch.

      Lass' mich krank und blind und lahm werden, barmherziger Gott, betete er in seiner angstvollen Seele, lass' mich verhungern auf den Felsen, nur lass' mich mein Weib wiederfinden! Wenn ich mein Weib wiederfinde, so will ich all mein Lebtag nichts mehr essen als Wurzeln und Kräuter, und Glasscherben will ich in meine Schuh' tun. Ich will meine Füße abgehen bis auf die Knie zu deiner Ehr', oder ich will stehen auf einem Kreuz in Hitze und Kälte, Tag und Nacht! Nur meine Klara schenke mir wieder, daß ich sie nur noch einmal sehe. Du weißt es, Herrgott, wie ich meine Kinder lieb hab'; aber wenn du sie verlangst, so nimm sie hin allbeid', nur meine Klara schenke mir, Vater unser, der du bist in dem Himmel! –

      Spät am Abend sprach der Peter, zum Tode erschöpft, im Zapfenwirtshause ein. Die Wirtin wußte einiges zu erzählen. Klara sei so zur Nachmittagszeit am Hause vorübergehumpelt.

      »Na, denk' ich, die schaut heut' auch rar aus, und ich hab' sie ins Haus geheißen und hab' ihr eine warme Suppen vorgesetzt. Wie wenn sie drei Tage keinen warmen Bissen genossen hätt', so hat sie gegessen, und ich hab' noch gesagt zum Rindenschlager-Lenz – der Lenz ist da im Winkel gesessen –, sag' ich, 's ist halt doch wahr, daß der Hahnenkamp seine Leut' völlig verhungern läßt, und von diesem Hahnenkamp kunnt man für die ganze Einöd' einen großen Hut machen, so ein Filz ist er. Da steht die Suppenschale noch, hab' ihr auch Brot eingeschnitten, hat's alles sauber ausputzt. Hab' sie nachher noch schön gefragt, wo sie hingeht, ist aber kein rechtes Wort von ihr herauszubringen gewesen. Zuletzt ist sie da vor dem Haus noch ein Eichtel gestanden, und nachher ist sie über den Steinanger hinein gegen das Schroffeneck. Weiter hab' ich nicht nachgeschaut. Unsereins hat auch seine geschlagene Arbeit in der Wirtschaft!«

      So die Zapfenwirtin.

      Rudolf fragte nach Davidl, daß er suchen helfe; die Wirtin aber sagte, der Davidl sei nach Rattenstein gegangen;

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