Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Einsamkeit kommen und halten über ihn Gericht: Fort, du faules Blatt, für dich ist kein friedsam Rasten unter dem grünen Baum!

      Des Zapfenwirts Sohn soll in derselben Nacht unglaubliche Erscheinungen gehabt haben. Endlich aber gingen die Schauer der tiefen Waldesruh vorüber.

      Der Fink meldete sich zuerst mit seinem gebrochenen: »Zi – zi!« Dann zirpte eine Grasmücke, dann schallte ein Wachtelschlag. Hernach für Momente wieder Stille. Bald aber piepste ein Waldhuhn, dann pfiff ein Geier auf der höchsten Fichte.

      Endlich säuselten die Äste, und es zog eine kühle Luft, und nun schimmerte es grau durch die Waldwölbung, und die Gegenstände traten hervor und standen ruhig da, wie sie dagestanden waren vor den Schauern und Geheimnissen der Nacht.

      Nun trillerte die Schwarzamsel, sang die Meise, zwitscherten die Sperlinge und alle anderen.

      Jetzt war dem Davidl der Stein vom Herzen.

      »Bin doch ein verfluchter Kerl, wie ich da ausgehalten hab' die ganze Nacht im Schroffenwald!« sagte er zu sich und zog den Mund breit. Dann schlich er zur dichten Baumgruppe hin und lauerte.

      Das Mädchen schlief noch. Es lag da, förmlich eingeflochten von moosigen Ästen und Wurzelarmen, wie in einem Neste. Regina ruhte in den Armen des Waldes. Die eine Hand lag ihr am sorglich verdeckten Busen, die andere hielt sie unter dem Haupte, um welches die lose gewordenen Haarsträhnen wallten. Ihre Wangen waren frisch gerötet, ihr Mund schien sich ein wenig zu bewegen. Auf einmal hauchte sie verständlich:

      »Alle, alle sind davon. Gute Nacht! – so steht's geschrieben im Schnee.«

      Im Gesträuche raschelte es, ein Rehbock. David sah ihn, aber er achtete nicht darauf, er ließ das Gewehr zu Boden gleiten. – Er bog die Äste auseinander und reckte den Kopf gegen das Lager. Er tat den Mund auf, und es zuckten ihm die Augenlider. Er grinste und bog die Äste noch weiter auseinander und lauerte.

      Plötzlich taumelte er zurück.

      Regina hatte die Augen geöffnet. Einen Moment blickte sie verwundert um sich, sie sah den Wald glühen im Morgenrot – sie sah sich um nach der Mutter, nach Gabriel, nach allen, die ihr im Traum erschienen. Nun erblickte sie den wilden Burschen, tat einen Schrei und sprang auf.

      Davidl verzog sein Gesicht zu einem Lächeln, dann stotterte er Worte, die keinen Sinn hatten, und plötzlich haschte er nach ihrem fliegenden Halstuch. Sie entwand sich, das Kleidungsstück blieb in seiner Hand, er ließ es fallen und verfolgte das Mädchen. Da wurde er plötzlich zurückgerissen und taumelte, von einem Faustschlag ins Gesicht getroffen, zu Boden.

      Haberturms Rudolf kniete ihm auf der Brust.

      »Jetzt hab' ich dich,« sagte dieser, »jetzt machen wir Rechnung. Ich zahle für den Heidepeter!«

      Der Davidl stöhnte und biß um sich und schäumte. Der angestrichene Schnurrbart zog sich bereits als schmutziger Flecken über die Wange hin.

      Regina sah den Kampf, sie konnte die Gegenwart der beiden Männer nicht begreifen; es wollte ihr unheimlich werden, aber sie fuhr sich mit den taunassen Händen über das Gesicht und rief:

      »Das ist doch eine Schand'. Geh, Rudolf, laß diesen Menschen! Meinetwegen? Über den hätt' ich schon noch allein die Herrschaft davongetragen!«

      »Regina, das weiß ich besser,« sagte Rudolf, »er ist dir nachgeschlichen.«

      Der Bursche wand und wehrte sich verzweifelt, aber Rudolfs Arme und Fäuste, die ihn knebelten, waren ehern.

      »Du Haberturmischer Teufel, du!« knirschte der Davidl.

      »Ich bitt' dich gar schön, laß den Ekel laufen!« rief das Mädchen. »Und sag' mir doch um Gottes willen was von der Mutter!«

      »Rudolf!« stöhnte der Davidl jetzt, »das ist – kein Spaß mehr, du – bringst mich ja um. Halt, laß mich ein wenig, da – hab' ich was für dich.«

      Es gelang ihm, eine Hand so weit frei zu machen, daß er aus dem Brustfleck das Fläschchen hervorziehen konnte; mit einem Daumendruck den Stoppel weg und gegen Rudolfs Gesicht.

      Mit einem derben Faustschlag schnellte Rudolf dem Burschen das Fläschchen aus der Hand. Da tat Davidl einen kreischenden Schrei.

      Sein Auge war hin. Scheidewasser hatte er gehabt. Der halbe Inhalt des Fläschchens hatte sich über Davids Gesicht und das rechte Auge ergossen. Rudolf hatte ihn losgelassen. Noch einen wütenden Schlag tat der Unglückliche nach ihm, aber die Faust schlug in die Kante eines Steines.

      Rudolf richtete den Burschen auf, wischte ihm das Blut und die ätzende Flüssigkeit ab, und Regina verband ihm das Gesicht.

      Dann führten sie ihn abwärts durch die Waldungen über das Gefälle und über die Heide gegen das Zapfenwirtshaus.

      Und das war ein Aufruhr im Zapfenwirtshause! Die Wirtin fragte ihren fiebernden und vor Schmerz sich krümmenden Sohn in einem fort:

      »Hast du dir's tan, Davidl, oder hat dir's der Haberturm tan, oder die Heidepeterisch?« – Das eine Mal sagte er »nein«, dann wieder »ja«, und zuletzt rief er immer nur: »Ach Gott, ach Gott, gebt mir Schlaftrunk ein! Gebt mir Schlaftrunk ein!«

      Stürmische Zeit

       Inhaltsverzeichnis

      Rudolf und Regina suchten die Mutter und nun auch den Vater. – Der Vater lag krank in der Hütte der Einschicht-Res; das wunderliche Weib pflegte ihn mit herber Güte. Es sagte dem Kranken, daß ein Wunder geschehen werde, und daß es dann wieder an einen Gott glaube.

      Und das Wunder geschah, der Heidepeter brach nicht unter der Wucht des Schicksals. Er saß auf seinem Lager und betete und betete.

      Wochen vergingen, sein Weib blieb verschollen, von Gabriel kam auch keine Nachricht; und der Mann aus dem Heidehause genas dennoch, und er ging hinaus zum Ameishaufen und saß stundenlang vor demselben und kam gestärkt in die Hütte zurück.

      Die Sonne stieg nicht mehr so hoch, sie ging an dem Saume der Waldberge und der Schroffen dahin, und in die Schluchten der Hinterschroffen senkten sich die Vorboten des Herbstes, die Nebel, nieder. Der Heidepeter blieb in der Hütte bei der Einschicht-Res.

      Rudolf hatte alle Arbeit in der Wirtschaft eingestellt, er strich durch die Gegend, durch das Land und suchte das kranke, verirrte Weib. Er schrieb an Gabriel, aber er teilte ihm das Unglück noch nicht mit, er schrieb nur: »Gabriel, wenn etwa einmal deine Mutter bei dir ankommt, so mache es uns alsogleich zu wissen.«

      Von Gabriel kamen endlich wieder heitere Briefe. Er schrieb, daß ihm seine Studien endlich über die Brotsorgen hinausgeholfen hätten, und daß er Aussicht habe auf eine gute Stelle, von der er aber noch nicht wisse, ob er sie annehmen könne oder nicht. Das übrige mündlich in der Einöde. – Als Nachschrift, daß er Rudolfs Bemerkung über die Mutter nicht verstehe.

      Regina hing mit ihrem Herzen an Rudolf.

      »Rudolf,« sagte sie einst, als sie an einem Sonntage auf dem Kirchweg nach Rattenstein am Waldbrunnen zusammengekommen waren, »hab' ich doch einen Menschen, an den ich mich halten kann.«

      »So

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