Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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ein Platzel für uns wissen. Das ist das gescheitest. Und das versprech' ich dir da, wo ich jetzt steh', ich geb' dir kein böses Wort mehr, Peter, hast meine rechte Hand drauf.«

      Wenn Klara auch in letzter Zeit dann und wann irre, verlorene Worte gesprochen und wieder stumpf vor sich hingebrütet hatte, so zeigte dieser Vorschlag, daß sie doch noch bei Vernunft und einer Überlegung fähig war. Der Peter war denn mit allem einverstanden, nur sagte er, daß er an diesem Tage dem Bauer noch einmal im Heu helfen wolle, weil er es versprochen habe; er gäbe dem Hahnenkamp nicht gern einen Grund zu übler Nachrede.

      So entschloß sich Klara, allein zum Ameishüter zu gehen, schärfte aber dem Peter ein, daß er am nächsten Tage mit den Habseligkeiten, soweit sie sie heute nicht tragen könne, nachkommen solle.

      Sofort machte sie sich an das Einpacken. Als dieses vorüber war, kam sie mit ihrem Bündel in die Küche, hielt der Bäuerin die rechte Hand hin und sagte:

      »So, Hahnenkampin, jetzt geh ich. Wir wissen noch nicht wohin, aber der liebe Herrgott nimmt alleweil und überall Kostgänger auf. Es muß schon so sein, daß ich jetzt hinausgeh aus diesem Haus, in dem ich geheimt und gewirtschaftet hab', in dem ich meinem Manne die Kinder geboren hab', und in dem ich seit vielen Jahren auf das Hinaus tragen gewartet habe. Ich mag nicht leben und nicht sterben, und Ihr habt's ja gesehen, was es mit mir für eine arme Sach' ist. Vielleicht wird's bald anders, ich geh jetzt in die Welt Gottes hinaus. Der Peter kommt morgen nach, heute hilft er euch noch im Heu. Gebt mir die Hand, Hahnenkampin, ich leg' Euch keine Schuld bei. Ich dank' Euch für alles, und ich bedank' mich auch bei Eurem Mann.«

      Die Bäuerin sagte beschwichtigende Worte und wollte Klara das Bündel abnehmen, diese aber stolperte zur Tür hinaus.

      Tief gebeugt und gestützt auf den Stock, den Kopf dicht in Tücher gewickelt, das Bündel an einem Arm, gehüllt in einen braunen Rock von grober Leinwand und mit schweren ausgestückelten Schuhen – so torkelte das Mütterl davon. Waldl, der alte, treue Haushund, heulte und riß an seiner Kette, als wollte auch er in seinen letzten Tagen den heimischen Kobel verlassen und seiner vertriebenen Hausfrau folgen.

      Hinter den Tannen stand sie still, wendete sich noch einmal um und machte mit der Hand das Kreuzzeichen über den Hof. Dann blickte sie aus ihrer Vermummung wirr umher, sie suchte den Weg, und sie prüfte mit dem Stock den Boden wie ein Blinder, bis sie endlich, von dem rechten Pfad überzeugt, schleppend und zitternd weiterhinkte.

      Zutiefst in der Einöde

       Inhaltsverzeichnis

      Es war ein klarer Julimorgen, und es war Leuchten und Musizieren und Freudigsein überall, und die Einöde war in solchen Tagen keine Einöde mehr.

      Als Klara zum Lärchenwald hinauskam, wo die Heide zu Ende geht, saß dort auf einem Strunk die Kleesam-Kathel. Das war ein altes Bettelweib, welches das ganze Jahr hindurch mit Klee- und anderen Samen Handel trieb. Sie konnte es nicht leiden, wenn man sie ein Bettelweib nannte und sie als solches behandelte; sie war »Hausiererin«, obwohl sie von ihrer Ware kaum den Tabak erwarb, den sie rauchte. Auch heute hatte sie das Pfeifel im zahnlosen Munde. Als sie aber hier so hockte und in die Weite sah, nahm sie das Zeug in die runzelige Hand und keifte:

      »Aufrichtig Gott wahr, wenn ich noch einmal auf die Welt komm', so werd' ich eine Schnecken, daß ich allzeit mein Haus bei mir hab'.« Und plötzlich rief sie wie aufjauchzend: »U Josl Maronsaam, da steigt ja die Heidepeterin daher?«

      Sie kamen gleich ins Gespräch.

      »Hätt' dich völlig nicht kennt, Kathel,« sagte Klara, »meine Augen, die wollen mich schier verlassen, 's will halt schon finster werden.«

      »Ach, beileib' nicht,« versetzte die Kathel, »'s ist ja mitten im Vormittag. Ah so, bei dir, meinst; last' nur Zeit, Heidepeterin, 's wird schon noch einmal hellicht werden; wenn da nicht, im Himmel oben gewiß. Ich denk' nur auch allweg so. Hab' dich aber auf den ersten Blick erkannt, hast mir ja oft einen Sterz gegeben, und du bist eine rechtschaffene Bäuerin gewesen, du, das muß man dir nachsagen, und 's kommt keine zweite mehr ins Heidehaus, die dir's nachtut.«

      Klara lächelte ein wenig. Es war ihr ein großer Trost, daß auch noch in anderen Leuten das Andenken wach war an die schöne Zeit ihres Lebens, da sie eine geachtete Hauswirtin gewesen, da sie von ihrem Eigentum den Notleidenden teilen konnte. So viele tausend und tausend »Vergelt's Gott!« waren ihr gegeben worden von denen, die der Heiland meinte: Was ihr den ärmsten meiner Bruder tut, das tut ihr mir! – Sollten denn alle diese »Vergelt's Gott!« verhallt sein wie Spatzengesang, sollte denn keines davon aufgestiegen sein zu Gottes Thron, keines aufbewahrt worden sein für diese dunkle Zeit eigener Not und Bedrängnis? – Doch, was hat der Peter oft gesagt? Unser alles haben wir in unseren Kindern. Wenn jedes Vergelt 's Gott auf die Kinder kommt, dann ist's ja recht. – Besseres könnte sich die Klara gar nicht wünschen.

      »Daß du allweg so krank bist, Heidepeterin, das drückt mich schier selber,« sagte die Bettlerin, »wärest ja nicht so alt wie der frische Stamm im Wald. Ich bin bei deiner Hochzeit gar schon eine betagte Person gewesen; hab' neulich einmal nachgedacht, dein Gaberl wird halt jetzt gegen zwanzig sein. Ja, und das hab' ich mir auch gedacht, es muß dir wohl rechtschaffen hart sein. Mein Gott, was ist zu machen? Ich sag', die Eltern können aller Lebtag nichts für die Kinder, 's ist halt ein Unglück für den, den's trifft. – Ich denk' aber, Ketten haben sie ihm nicht angelegt.«

      »Wem?« fragte Klara.

      »Nu, deinen Gaberl mein' ich,« sagte die Bettlerin, »ja, zuletzt weißt du's gar nicht. Mag auch sein, nachher – Heidepeterin, ist's besser, wir plaudern was anderes.«

      Die Alte sog eifrig an ihrem Pfeifchen.

      »Wenn du was weißt, wenn du was weißt, Kathel!«

      Das kranke Weib faltete angstvoll die Hände.

      »Mein, die Leut' reden gar viel.«

      »Sie sagen allerhand über meinen Sohn,« versetzte Klara ruhiger, »ich glaub' nicht alles. Geld hat er uns schon geschickt; wenn er nur wieder einmal schreiben tät – daß er mir doch nicht krank ist.«

      »Von wegen dem Geld, das mein' ich halt auch,« sagte die Alte, »tät dir's aber tausendmal wünschen, Heidepeterin, wenn die ganze Rederei erstunken und erlogen wär'. Beim Zapfenwirt unten haben sie gestern so gewartelt davon; mein, ich hab' nicht recht nachfragen mögen. Das hab' ich halt gehört, eingesperrt soll er sein.«

      Klara zuckte zusammen. Dann blieb sie eine Weile still, und dann sagte sie, die Hände auf die Brust drückend: »Das hat mir aber einen Stich gegeben im Herzen. Eingesperrt – eingesperrt«, murmelte sie und dann wie lauernd: »Kathel, und kannst mir gar nicht sagen, warum?«

      »Und wenn du mir den Hals abschneiden tätest, so könnt' ich dir's nicht sagen.«

      Die Heidepeterin bückte sich torkelnd zu Boden nach dem Stock, der ihr entfallen war, dann sagte sie halb verloren:

      »So, jetzt dreh' ich mich wieder schön langsam um und such' den Peter auf. Der wird aber recht lachen, wenn er's hört. Eingesperrt! Was die Leute doch alles aufbringen!«

      Und als sie wieder allein war, kam eine Bitterkeit in ihr Gemüt, die sie bisher noch nie empfunden hatte.

      »Nau, Gabriel,« sagte sie, »hast es recht hoch gebracht, hast ja schon ein Haus, wie sie sagen! Dich werfen sie

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