Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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aufräumen. Der Wald ist mein, keinen Stamm Holz sollen sie mehr haben – nicht einen Fidibus! Abstift' ich sie!«

      Und bald war es laut in der ganzen Einöde: »Abstiftet er uns all'!«

      Die Jüngeren wußten gar nicht, was das heißt »Abstiften«, aber die Älteren wußten es wohl.

      »Abstiften! Uns Grund und Boden wegnehmen, uns davonjagen, unsere Häuser niederreißen und auf dem Boden Waldsamen säen. Das heißt Abstiften.«

      »Sonst nichts? – Herrgott, da setzt's was ab!«

      »Abstiften, das kann er nicht,« riefen andere, »Grund und Boden ist unser Eigentum. Die Jagd und der Wald ist zwar sein, und auch dazu haben wir nach altem Herkommen ein Recht. Wir üben's aus, und wenn neunnndneunzigtausend Großteufel –«

      »Ja, ja, ja, schreit nur und macht Fäuste, wird euch nichts helfen. Die Seeleiten ist vor sechzig Jahren auch abgestiftet worden, und nun steht ein schlagbarer Wald darauf.«

      »Zu den drei Teufeln hinein!« fluchte der Hahnenkamp, »da hab' ich das Heidehaus um die Halbscheid zu teuer. Ich aber sag' euch's, Bauern, ich geh nicht von Haus und Hof, das ich mir ehrlich erworben, und ich heb' mit dem Großteufel was an!«

      »So heirat' ich,« meinte der alte Haberturm, »wenn mein Hof auf alle Fälle hin ist, so heirat' ich!«

      Auf diese Weise wurde planlos hin und her geschrien.

      »So schlecht wird's nicht sein«, sagte Rudolf zum Haberturm. »Das mit dem Abstiften ist ein neues Aufkommen – dagegen sind Gesetze da. Wir haben Anrecht auf Grund und Boden, wir haben ihn urbar und fruchtbar gemacht, wir –«

      »Du hast gar nichts urbar und fruchtbar gemacht«, unterbrach ihn der Bauer in seinem Ärger. »Allweg wollen es die jungen Gelbschnäbel besser wissen wie unsereins. Wer ist länger da, ich oder du?«

      Der Hahnenkamp fluchte mit seinem Gesinde noch mehr und beständiger als jemals, und nun wollte er es nicht einmal mehr leiden, wenn der Knecht beim Brotaufschneiden pfiff, was er sonst ja immer gern gehabt hatte. Das Gesinde aber sagte zueinander:

      »Ist schon recht, wie's jetzt kommt. In der Einöd' ist sein Lebtag soviel Streit und Neid und Ungerechtigkeit gewesen. Der Stärkere hat den Schwächeren niedergehalten und ihm das Knie auf die Brust gesetzt; jetzt kommt über den Stärkeren ein noch Stärkerer. Wir lachen, wenn diese Hungerleidnester abgestiftet werden; wir binden unsere Sach' auf den Buckel und gehen um ein Pfarrl weiter.«

      Beim Zapfenwirt fanden wiederholte Hausuntersuchungen statt, des Wilderns wegen. Man wollte den Davidl ins Verhör nehmen, allein er lag immer noch an seiner Augenwunde danieder, und die Wirtin zeterte fort und fort:

      »Da liegt er, zu was wollt's ihn denn, ihr Schergen! Schleppt ihn davon, bringt ihn gleich gar um! Da habt's ihn, da liegt er!«

      Sie wußte wohl, daß ihn die Krankheit beschützte.

      Aber der Bursche stand endlich wieder auf, wenn auch nur mit einem Auge; die Höhle des anderen war häßlich zu sehen. Die Wirtin weinte oft stundenlang über die Entstellung ihres einzigen Lieblings und knirschte:

      »Dieser Herlaufer Rudolf ist an allem schuld! Wenn ich nur genau wüßt', wie's gewesen ist!«

      Das erfuhr sie indes bei der nächsten Untersuchung. Diese kam so unerwartet, daß sich Davidl kaum flüchten konnte.

      Der alte Haberturm als Gemeinderichter, Rudolf, Heidepeters Regina, ein Beamter und zwei Gerichtsdiener traten ein.

      Die Wirtin stellte sich arglos, eilte den Eintretenden entgegen und sagte:

      »Was schaffen's?«

      »Ist der Zapfenwirt zu Hause?« fragte der Haberturm im Bewußtsein seines richterlichen Amtes.

      »Ist zu Hause, liegt draußen im Stübel; er hätt' schon lang' gern einmal wieder mit dir was plaudert, kommst aber jetzt gar so selten.«

      Sie gingen in das hintere Stübchen, kehrten aber bald wieder zurück, denn der Wirt war trostlos besessen von den Geistern seiner Gruft.

      »Wo ist Euer Sohn?« fragte der Beamte die Schänkin.

      »Je, der Davidl, der ist jetzt die ganze Wochen nicht daheim; er ist draußen beim Rattensteiner Pfarrer im Tagwerk.«

      »Er ist vor einer Stunde hier gesehen worden!« versetzte der Beamte streng.

      »Nu, wenn Ihr's besser wißt,« entgegnete das Weib, sich zurückziehend, »und wenn Ihr Euch schon soviel Recht macht's mit den Leuten, Ihr Winkelkriecher, Ihr Schelme –«

      Der Beamte ging ihr nach und drohte ihr mit dem Einsperren, wenn sie noch so ein Wort sage. So sagte sie denn nichts, aber sie schwieg auch nicht, sie brummte. Dann begann die Durchsuchung des Hauses. Man stöberte im Keller, im Stalle, in den Scheunen, man beunruhigte alle Haustiere, man rührte gar einen Wespenschwarm auf, aber man fand den Burschen nicht, so daß der Haberturm schon sagte:

      »Wird doch fort sein.«

      In demselben Augenblick aber hörte man ein Gewinsel und ein Geschrei auf einer der hohen Fichten, und nieder von Ast zu Ast, mehr kollernd als kletternd, kam der Davidl, umkreist und umsummt von dem aufgestöberten Wespenschwarm.

      Da war zuerst Heiterkeit unter den Männern, aber bald begann die ernste Untersuchung.

      Der Bursche stand nicht bloß vor dem Jagdherrn, sondern auch vor der Gemeinde als Angeklagter da. Der Haberturm hatte dessen Festnahme angeordnet, und er hielt ihm nun vor, daß er und die Seinen vor allem die Ursache der Unruhe und Zwietracht in der Gemeinde seien. Er, der Davidl, habe in letzter Zeit durch Wildern und Waldfreveln dem Grafen zu dem harten Vorgehen Anlaß gegeben.

      Rudolf und Regina erzählten nun ihr Zusammentreffen mit dem Wilderer an jenem Sommermorgen und wie er sich mit dem Fläschchen Scheidewasser so unglücklich verteidigt hatte.

      Es kamen noch andere Anklagen vor, und sie wurden begründet und aufgeschrieben.

      Davidl verteidigte sich nicht, er hielt sein rotes Tuch vor sein Gesicht – nicht aus Schande, sondern aus Schmerz der Wespenstiche wegen. Seine Mutter kam mit kalten Umschlägen und hätschelte den Burschen und zeterte mit den Männern, beschimpfte sie, nannte sie Ehrabschneider, Verleumder und zuletzt auch Räuber. Dann zählte sie hundert Wohltaten auf, die sie den Einwohnern der Einöde stets bewiesen.

      »Und jetzt ein solcher Undank!« schloß sie, »das tut wohl weh im Herzen, das tut weh!«

      Dann weinte sie über sich und ihr unschuldiges Kind.

      Es kamen auch andere Leute herbei, denn es war bald bekannt geworden, daß es heute gelte, die gleisnerischen, heimtückischen Wirtsleute, die endlich jedem verhaßt geworden waren, niederzudrücken. Verbittert durch die mißlichen Verhältnisse in der Einöde, durch die Androhungen des Patrons, wollten sie alle Schuld auf das Zapfenwirtshaus wälzen. Der Hahnenkamp war auch gekommen, ließ sich ein Glas Wein geben und rief der Wirtin höhnisch zu:

      »Frau Wirtin, sollst leben! und dein Söhnerl daneben! Hab' ich nicht schon vor vielen Jahren einmal gesagt: Eure Bäume da draußen tragen saubere Früchte! ›Zapfen, Zapfen!‹«

      Da trat der Rindenschlager-Lenz

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