Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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um das dreifache Ja zu hören, und als der Priester die goldenen Ringe gleiten ließ über die Fingerspitzen, und als er – die Rippe Adams wieder einsetzend in dessen Seite – die beiden Hände ineinanderlegte, da zitterte ein Sonnenfunke nieder durch die Kronen des Waldes und durch das Kirchenfenster auf die Häupter des jungen Paares.

      ... Bist mein Geliebter

       Du mir erschienen,

       Gibst du, Sonne, mir deinen Schein! ...

      So hub jetzt plötzlich draußen zwischen den Stämmen ein Chor von Mädchenstimmen an zu singen, im Lied der Braut um die Stirn windend der blühenden Myrte Zier.

      Mildau hatte sich während der Feier mehrere Male umgesehen nach dem Vater des Bräutigams. Der Heidepeter und Regina mit ihrem Mann aus dem Haberturmhause standen in dem allerfinstersten Winkel der Kirche; der Peter wollte sich vor den vornehmen Herrschaften gar nicht sehen lassen, er wollte nichts, als das Paar am Altar schauen, und er mochte nun schier nicht glauben, daß dieses schöne junge Weib, so schön und lieblich wie »unsere lieben Frauen im himmlischen Saal«, von nun an sein Kind heißen soll.

      – Wenn ein Brautpaar zum Traualtar tritt, so begleiten es die Himmlischen: die Sehnsucht und die Hoffnung. Darum ist dieser Gang so feierlich, so wundersam, so beklemmend, und fast schwankt die Erde. – Anders wenn die Vereinigten aus der Kirche schreiten; da fühlen sie unter ihren Füßen den festen Boden des irdischen Seins, und die Stimmung ist eine weltliche, leichtlebige, bisweilen sogar übermütige.

      Gleichwohl in den schweren Banden jetzt, »die nur der Tod kann lösen«, fühlten sich Gabriel und Anna frei und wie neugeboren zu einem Leben, das keine Not mehr kennt, das erhaben ist und vollkommen – eine ewige Burg des Glückes. – Arm in Arm verschlungen gingen sie aus der Kirche und durch den Wald. Sie gingen etwas gesondert von den Hochzeitsgästen und taten nichts, als sich ins Auge blicken und selig sein.

      »... Ich kann's nicht fassen, nicht glauben!« lispelte Anna, »es hat ein Traum mich berückt.«

      Und Gabriel, Chamissos hohes Liebeslied vervollständigend: »Wie hast du doch unter allen mich Armen erhöht und beglückt!«

       * * *

      Gabriels Einödverwandte waren aus der Kirche dunklem Hintergrunde kaum hervorzubringen. Der Bräutigam selber mußte Vater, Schwester und Schwager Haberturm schier mit Gewalt in die Gesellschaft zerren. »Wir gehören nicht dazu«, murmelte Rudolf, sich verlegen sträubend, und Regina weinte in ihr Tüchlein: »Jetzt haben wir ihn erst ganz verloren!« – »Im Gegenteil,« sagte Gabriel lustig, »ihr müßt noch unsere Butterlieferanten werden.« Denn die Haberturmleute hatten einen großen gelben Butterstritzel dahergetragen, der zierlich mit Tannenreisig bekränzt war, weil in der Einöde zurzeit noch keine Blume blühte.

      Der alte Heidepeter hatte dem Brautpaar als Hochzeitsgeschenk ein lebendiges Reh gebracht. Anna hatte nun, als sie beim Mahle saßen, das zahme Tier auf dem Schoß, ließ sich von ihm das bräutliche Kleid zerdrücken, herzte es, gab ihm die allerzärtlichsten Kosenamen – wohl dem Bräutigam vermeint.

      Und die Sänger von Karnstein sangen:

      Der Mai, der schön' Mai

       Ist erfreuliche Zeit,

       Ist die ganz' Welt voll Lieb'

       Und voll Lustbarkeit.

      O Mägdelein mein's,

       Wie fein, wie fein!

       Die Vögeleln schrein's,

       Daß du mein sollst sein!

      Ist eine ewige Schrift:

       Dich lieben, dich lieben!

       Der Adam im Paradies

       Hat's unterschrieben.

      Der Abend

       Inhaltsverzeichnis

      Das Jagdhaus im Ring war oftmals schon Gegenstand geheimer Wünsche des Waldsings gewesen. Das Haus stand gegen die Schroffen hin mitten im Wald, auf einer Lichtung, der Ring geheißen; es war – wie in den Märchen alle verlorenen Königsschlösser der Wildnisse – im Spitzbogenstil gebaut. Wilde Rosenhecken umwucherten das Gebäude, und hundertarmiger Efeu stieg an den grauen Wänden hinan bis zu den schmalen Fenstern, in welchen die Zellenscheibchen funkelten. Das Gebäude stand auf der Anhöhe einer Wiese, um welche in einem weiten Ring die hohen finster beästeten Stämme des Waldes ragten. Das Haus mit den Revieren war Eigentum eines Großen des Landes. Ein alter Forstwart bewohnte es; nur zur Zeit der Jagden kamen die Herren aus der Stadt, um etliche Nächte in dem wohnlichen Waldhause zu schlafen.

      In dieses Jagdhaus hatte am Abend ein Wagen das Brautpaar gebracht. Ferdinand Küßdenker führte selbstbewußt wie ein richtiger Hauswart – das Paar in die Gemächer. Hier brannten zwischen den Jagdgeräten und Hirschgeweihen in silbernen Leuchtern schon die Kerzen. Da war ein Saal in altertümlicher Art eingerichtet, stand ein Bücherkasten drin, und auf einem Nußbaumtischchen fanden sich zwei Zithern. Da war ein Speisezimmer, und in demselben ein Täfelchen fein gedeckt. Da war ein Gemach mit zwei Himmelbetten, in welches Anna bei dem ersten Gang durch das Haus nicht eintrat; sie blieb in der Vorkammer zurück und blickte sinnend aus gegen die stillen Wipfel des Forstes, die mit ihren Zacken und Spitzen in den klaren Abendhimmel aufragten.

      Als sie so in flüchtigem Laufe die Wohnung besehen hatten, riet Ferdinand dem jungen Ehepaar, daß es sich ein wenig zu Tisch setze.

      Ein Glas Wein darf Braut und Bräutigam zu solcher Weile nicht verschmähen. Dabei fand sich noch ein übriges.

      Auf dem Tisch lag ein Brief von Vater Mildau, folgenden Inhalts:

       Meine Kinder!

      Ich hoffe, daß Ihr mir die durch mich angezettelte Entführung in den Wald gern verzeihen werdet. Das Jagdhaus ist gepachtet, laßt es Euch darin behagen, bis das eigene Landhaus fertig sein wird, zu welchem freilich noch kein Grundstein gelegt worden, weil es Eure Sache ist, den Platz dazu zu wählen, Um Euch Liebesglück und Poesie zu vervollständigen, erlaube ich mir, hier eine Beilage anzubiegen. In Kürze Euren Besuch in der Stadt erhoffend mit fröhlichem Glückauf! Euer Vater

       Josef Mildau.

      Die »angebogene Beilage« bestand in einem kunstvoll gearbeiteten Stahlkästchen, in welchem sich Dinge und Schriften befanden, die – als wie prosaisch sie auch verschrien sind – »zur Vervollständigung der Lebenspoesie« allerdings viel beitragen.

      Die Gabe war liebreich und groß. Die süß-bange Stimmung aber vermochte sie nicht zu zerstreuen, die Annens Brust heute beengte.

      Sie hatte ihn doch zu unsagbar lieb. Nur ihm, ihm allein anzugehören, war stets ihr Gebet und ihre Sehnsucht gewesen. Und jetzt, da sie allein an seiner Seite saß, im stillen, waldumfriedeten Hause, jetzt –

      Als sich der alte Ferdinand anschickte, sein Kämmerlein zu suchen, bat Anna, daß er noch bleibe. Heute das erstemal tat er ihren Willen nicht. Ein sonderbares Gutnacht lispelte er, dann schlich er davon und zog die Türen leise, aber fest hinter sich zu.

      Von diesem Augenblick an sagte Anna kaum ein Wort mehr.

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