Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Bursche wendet sich zu seiner Schwiegermutter: »Gebt her die Schuh', Ihr laßt die Löcher zur Hälfte aus; für so feine Arbeit mögt Ihr nimmer lugen.«

      »Ja, du Paul, dasselb' ist wohl wahr auch«, keifelt die Alte gemütlich aus ihrem zahnlosen Munde, »aber hörst, Paul, mein Ahndl hat meiner Mutter die Brautschuh eingeriemt, meine Mutter hat's mir getan; und ich, für was wär' ich altes Krückel denn auf der Welt, wollt' ich für meine Annamirl nicht auch einriemen.«

      »'leicht kriegt Ihr bald andere Arbeit, Mutterle, beim Heideln (Wiegen) braucht Ihr nicht zu lugen«, versetzt Paul schalkhaft.

      Da hebt die Annamirl den Finger: »Du!«

      Und im dunkeln Winkel ist das vorige Plätschern und Schnaufen. Ein Mensch, der einmal so angeschwärzt ist wie der Rußbartelmei, der vermag sich nicht mehr so leicht weiß zu waschen vor der Welt, und sollte seine Schwester gar den Holzmeistersohn von den Lautergräben heiraten.

      Und mein Holzmeistersohn zieht die Riemen in die Schuhe seiner Braut. Die Alte, einmal zu den ersten Worten veranlaßt, kommt ins Schwätzen: »Und vergiß mir's ja nicht, Annamirl«, sagt sie, »mußt es auch probieren. Einmal wird's doch anschlagen.«

      »Daß ich den PatengroschenTaufmünze, so die Braut einst von ihrem Paten erhaltensollt' anbauen, Mutterle?«

      »Dasselb', ja. Und unter einer Zwieseltann' mußt du in der Hochzeitsnacht den Groschen vergraben. Das ist der Geldsamen, und wirst sehen, in drei Tagen wird er blühen, und in drei Monaten kann er gleichwohl schon zeitig sein. Die Vorfahren haben es auch so gemacht, aber allen ist's nicht gelungen. Gewesen ist's so: mein Ahndl hat die Zeit versäumt, meine Mutter hat die Zwieseltann' nicht mehr gefunden, und ich hab' einen unrechten Groschen in die Erden tan. Deswegen, meine Tochter, merk' dir die Stund' und die Zwieseltann', und der Groschen wird aufgehen und Geld genug wirst haben dein Lebtag lang.«

      Die Annamirl öffnet eine alte Truhe und beginnt in den Kleidungsstücken und anderen Geräten herumzukramen. Ich glaube, sie hat den Patengroschen gesucht.

      Der Köhler im Winkel wäscht und reibt sich. Mehrmals wechselt er das Wasser, und immer wird es schier schwarz wie Tinte. Endlich aber bleibt es nur grau, da läßt der Rußbartelmei ab und trocknet sich; dann kleidet er sich an, setzt sich auf die Türschwelle, und aufatmend sagt er: »Ja, Leut', die eine Haut hätt' ich jetzt herunter und die andere ist noch ein wenig oben.« Dieselbe aber, die noch ein wenig oben, ist sehr rot geworden, ist stellenweise gar noch ein bißchen braun, und es soll doch immer noch der Rußbartelmei sein, der morgen seiner Schwester zur Hochzeit geht.

      Ich werde eingeladen, daß ich über die Nacht in der Hütte bleibe, und die Braut setzt mir gastlich eine Eierspeise vor, weil ich der »gelehrte Mann«, der, käme die Zeit und hätten die Kinder einen guten Kopf, leicht zu brauchen wäre.

      Der Rauch hat die Hühner aus ihrer Abendruh' aufgetrieben; da kommen sie nun zu mir auf das Tischchen und machen zuckend hohe Krägen über den Topfrand in meinen Kuchen hinein. Wollen sie zuletzt gar ihre Eier zurückhaben?

      Auch die Alte kommt mir immer näher, tut zweimal den Mund auf und unverrichteter Sache wieder zu, und murmelt dann in ihr blaues Halstuch hinein: »Ich red's doch nicht – 's wird gescheiter sein.«

      Ich bin ihrer Furchtsamkeit zu Hilfe gekommen: »Allfort wohlauf, Mutterle?«

      »Dank Euch Gott die Frag'«, entgegnet sie sogleich und rückt mir noch näher, »diemal ja, – unberufen. Was noch kommen wird, weiß unsereins nicht. Und daß ich's nur daherred', wie ich's versteh': er ist ein gelehrsamer Mann, sagen die Leut', nachher wird er das Wahrsagen wohl auch kennen? – Gar nicht? – Aber das, hätt' ich gemeint, sollt' so ein Mensch wohl lernen. Und von wegen dem Lotterg'spiel, weil wir schon soweit bekannt sind: weiß er keine Nummern?«

      »Jestl und Josef«, schreit jetzt das junge Weib plötzlich auf, »eilet, eilet, Mutterle, mir deucht, das Kätzl ist ins Wasserschaff gekugelt!«

      Da wackelt die Alte gegen den Winkel hin, in welchem früher der Bartelmei gewesen; aber das Kätzlein ist schon fort, ist vielleicht gar nie im Wasser gewesen. Die Annamirl wird sich der kindischen Fragen ihrer Mutter schämen und hat ihnen durch obige List ein Ende gemacht.

      Am andern Tag, als die Morgenröte durch den weißen Kohlenrauch hat geglüht, sind von allen Seiten des Waldes her Leute gekommen. Schmuck und geschmeidig sind alle gewesen, wie ich sie hier noch nie so gesehen. Sie bringen Hochzeitsgaben mit. Der Pecher kommt mit dem glänzenden schwarzen Pechöltopf. Und er meint es wohl so: Für die Brautleut' zur Gesundheit. Was will das Pechöl sagen? Habt Ihr im Leben auch Pech zu tragen, müßt Ihr ihm gleich das Öl der Geduld zuteilen. Das will das Pechöl sagen. Wurzner kommen mit Gesäme und duftenden Kräuterbüscheln; die Ameisgräber kommen mit »Waldrauch«; Kinder bringen Wildobst in Fichtenrindenkörbchen; Holzhauer tragen Hausgeräte herbei. Der Schwammelfuchs, ein altes, verhöckertes und verknorpeltes Männlein, schleppt eine großmächtige Tonschüssel heran, einen rechten Familientopf, wohl für ein ganzes Dutzend Esser. Andere bringen hölzerne Löffel dazu; wieder andere kramen Mehl- und Schmalzkübel aus, und ein Kohlenbrennerweib kommt ganz verlegen hereingetorkelt und steckt der Braut ein sorgsam umwickeltes Päckchen zu. Als diese, mit unbehilflichen Worten die Spenderin lobend, es öffnet, kommen zwei wackergestopfte Kapaunen zum Vorschein. Das erspäht die alte Rußkathl, die, bereits auch festlich angezogen, erwartungsvoll an den Wänden herumschleicht, und sie flüstert zu ihrer Tochter: »Weißt wohl, Annamirl, wo die best' Brautgab' hinkommen muß! Ja, wohl in den kühlen Erdboden hinein. Nachher kommt eine schöne Frau in güldenem Wagen gefahren, und an dem güldenen Wagen sind zwei Kätzlein gespannt, die graben mit ihren Pfoten die Brautgabe aus, und die Frau nimmt die Gab' in ihre schneeweißen Händ' und fährt dreimal um die Hütten herum; nachher kann kein Elend kommen in eueren heiligen Eh'stand.« – So klingt das Märchen von der Freya noch fort im deutschen Walde.

      Die Annamirl schweigt eine Weile und dreht die schweren, säuberlich gerupften und gefüllten Geflügel in der Hand um und um, als wären sie schon am Bratspieß, dann versetzt sie: »Ich halt', Mutter, in der Erden kunnten sie verfaulen, oder es fräßen sie die Kätzlein, und deswegen ist es, daß ich sag': Wir essen sie selber.«

      Zuletzt naht gar der feine Branntweiner mit seinem großen vollbauchigen Plutzer, der gleich einen weingeistigen Geruch verbreitet in der ganzen Hütte. Das riecht der Rußbartelmei, der sofort herbeieilt, um zu sehen, wie so ein Tonplutzer eigentlich gemacht und zugestopft ist.

      Aber da kommt die Annamirl dazwischen: »Dank dir zu tausendmal Gott, Branntweinhannes, das ist schon gar zuviel, das können wir nicht abstatten. Das ist 'leicht das best' Brautgeschenk, und so tu' ich damit den alten Brauch.«

      Behendig zieht sie den Stöpsel aus dem Plutzer, gießt den funkelnden, rauchenden Branntwein bis auf den letzten Tropfen auf den Erdboden.

      Die Alte kichert und keift; »Du Närrisch, du, allbeid' Kätzlein werden dir rauschig; wird aber das ein Gehetz sein!«

      Als alle beisammen sind, hat schon die Sonne zur Tür hereingeleuchtet. In der Nacht ist ein Mahl gekocht worden, das die Leute nun mit gutem Appetit und lustigen Worten verzehren. Ich habe ebenfalls davon genossen und habe mich unter die Kinder gemacht, die da gewesen und denen ich von den Speisen in ihre hölzerne Schüsselchen gefaßt, auf daß sie auch etwas bekommen.

      Darauf sind wir alle davongegangen. Bei den Kohlenmeilern bleibt ein einziger alter Mann zurück, der mit seinem Eisenhaken lange vor der Tür steht, ein kurzes, hochtürmiges Pfeiflein schmaucht und uns nachblickt, bis wir in dem waldschattigen Hohlweg ihm verschwunden. Dann liegt nur noch die stille Morgensonne auf den Schirmtannen.

      Viele

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