Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter Rosegger страница 28

Автор:
Серия:
Издательство:
Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

Скачать книгу

Jahrhunderten sollen in der Gegend der Winkelwässer Menschen gewohnt haben, die sich von Getreidebau, Viehzucht und Jagd ernährt. – Die Winkel ist vorsorglich eingedämmt, an ihren Ufern hin grünen gepflegte Wiesen, und ein Fahrweg führt hinaus zu den vorderen Gegenden. An den Bergen grünen Felder. – So soll es gewesen sein. Unweit von dem Platze, wo jetzt das Holzmeisterhaus steht, zeigt ein Mauerrest die Stätte, wo eine Kirche gestanden sein soll. Zwar geht die Meinung, es sei keine Kirche gewesen, sondern ein Götzentempel, in welchem sie noch dem Wuotan Met zugetrunken und Tiere geopfert, sooft der Vollmondschein durch die Blätter der Linden gerieselt. Zur selben alten Zeit sei jedes Jahr ein schneeweißer Rabe niedergeflogen von den Alpenwüsten, und diesem habe man Korn auf die Steine gestreut, der Vogel habe das Korn aufgepickt und hierauf sei er wieder von dannen geflogen. Einmal aber habe man dem weißen Raben keine Körner gestreut, weil ein Mißjahr gewesen und weil ein Mann die Sache für etwas Albernes ausgelegt habe. Darauf sei der Rabe nicht mehr gekommen. – Aber kaum der Winter vorüber, da seien von Sonnenaufgang her wilde Völkerscharen herangeströmt mit häßlichen braunen Gesichtern, blutroten Hauben und Roßschweifen, auf wunderlichen Tieren reitend, seltsame Waffen schleppend, und gar in die Winkelwälder hereingezogen. Diese Rotten haben geplündert und die Leute zu Hunderten verschleppt, so daß die Gegend menschenleer geworden.

      Dann sind die Häuser und der Tempel verfallen, das Wasser hat die Dämme und Wege zerstört und die Wiesen mit Schutt oder Gestein übergossen. Die Obstbäume sind verwildert; auf den Feldern sind Lärchenwälder gewachsen, die Lärchen aber durch Tannen und Fichten verdrängt worden. Und es sind die finsteren, hundertjährigen Hochwälder entstanden.

      Es ist nicht zu bestimmen, ob der Kern der heutigen Waldleute von jenen vor Jahrhunderten abstammt. Ich glaube vielmehr, so wie die alten Bewohner durch eine an die Alpen brandende Welle wilder Zeiten fortgeschwemmt worden sind, so sind nach vielen Jahren in den Stürmen der Zeit Splitter anderer Stämme in diese Wälder verschlagen worden. Man sieht es den Leuten ja an, daß sie nicht auf sicherem Boden der Heimat fußen, daß sie aber gleichwohl den Drang haben, sich in den Waldboden einzuwurzeln und den Nachkommen ein gesichertes und geregeltes Heim zu bereiten.

      Dennoch aber dämmert auch in diesen Menschen die Waldesgöttermär der alten Deutschen fort. Sie lassen im Herbste die letzten wilden Früchte auf den Bäumen, oder behängen mit denselben ihre Kreuze und Hausaltäre, um für ein nächstes Jahr Fruchtbarkeit zu erlangen. Sie werfen Brot in das Wasser, wenn eine Überschwemmung droht; sie streuen Mehl in den Wind, um dräuende Stürme zu sättigen – so wie die Alten den Göttern haben geopfert. Sie hören zur heiligen Zeit der Zwölfen die wilde Jagd, so wie die Alten schaudernd Vater Wuotans Tosen haben vernommen. Sie erinnern sich an Hochzeitsfesten der schönen Frau mit den zwei Katzen, so wie die Alten die Freya haben gesehen. Und wenn die Winkelwäldler draußen in Holdenschlag einen begraben, so leeren sie den Becher Metes auf sein Andenken. Überall klingt und schimmert sie durch, die alte germanische Sage und Sitte. Im Vordergrund aber tönt und webt als Herrschendes das Hohelied vom Kreuze.

      Wohl die meisten der Winkelwäldler müssen es empfinden, was hier fehlt; nur die wenigsten wissen es zu nennen. Aber jener Speiker hat es getroffen, als er vor einem Jahre bei der Köhlerhochzeit die Worte gesagt: »Um uns schiert sich kein Pfarrer und kein Herrgott. Dem Elend und dem Teufel sind wir verschrieben. Für uns ist auch ein Hundeleben gut genug; wir sind ja die Winkler!«

      Aber der Speiker kann's noch erleben, und mein Trinkspruch wird in Erfüllung gehen. Ich bin seit der Hochzeit wieder um ein Jahr jünger geworden. Die Winkelwäldler werden eine Kirche bekommen.

      Will ein Volk aus wilder Ursprünglichkeit sich aufbauen zu einer schönen, ebenmäßigen Höhe, so muß der Gottestempel zu dem Baue das erste sein.

      Darum beginne ich in den Winkelwäldern mit der Kirche.

      Ich habe drängen und dringen müssen. Der Herr von Schrankenheim hat seinen Palast mitten in der Stadt; da schallt zu jedem Fenster eine andere Kirchenglocke herein, und zwischen den Fenstern auf zierlichen Gestellen prangen hundert Bücher für Herz und Geist. Wer ahnt es da, was in den fernen Wäldern so ein Klang und ein Predigtstuhl bedeutet! Endlich aber hat es der Gutsherr doch eingesehen, und heute sind schon Männer da, um die Baustelle zu prüfen.

      Da drüben neben dem Winkelhüterhaus, schnurgerade vom Steg herauf, der über die Winkel führt, ist ein erhöhter Felsgrund, sicher vor Gesenken, Lahnen und Wildwasser. Er liegt zwischen dem Hinter- und Vorderwinkel, und von den Lautergräben, dem Miesenbachtale und dem Karwasserschlag ist völlig die gleiche Weite bis hierher zu dem erhöhten Felsgrund. Das ist der rechte Platz für das Gotteshaus. Ich habe einen Plan eingereicht, wie ich mir denke, daß so ein Waldkirchlein sein soll.

      Das Kirchlein sei nicht gar zu klein, damit alle darin Platz haben, die kummervollen und bedürftigen Herzens sind, wie es deren im Waldlande viele gibt und fürder geben wird. Es sei nicht gar zu niedrig, denn der hohe Wald und die Felswände haben den Sinn verwöhnt und geweitet; und ist es auch, daß die Menschenwohnungen hier sehr gedrückt sind, so wird es dem Blicke doppelt wohltun, wenn er sich in der Wohnung Gottes erheben kann. In den Kirchen der Städte sollte stets ernste Dämmerung herrschen, damit sie dem licht- und genußvollen Leben der Reichen und Großen einen Gegensatz darbieten; in dem Gotteshause des Waldes aber muß lichte und milde Freundlichkeit lächeln, denn ernst und dämmerig ist der Wald und des Wäldlers Haus und Herz.

      So soll die Art der Gottesverehrung das Leben ausgleichen und ergänzen; und was der Werktag und das Haus verweigert, das soll der Sonntag und die Kirche bieten. Der Tempel soll die Schutzstätte in den Stürmen dieser Welt, er soll der Vorhof der Ewigkeit sein.

      Der Turm des Waldkirchleins sei schlank und luftig wie ein aufwärts weisender Finger, mahnend, drohend oder verheißend. Drei Glöcklein mögen die Dreizahl in der Einheit Gottes verkünden und das dreitönige Lied singen von Glaube, Hoffnung und Liebe. Einen recht guten Platz möchte ich der Orgel bestimmen, denn der Orgelton muß den Armen im Geiste, so die Predigt nicht verstehen, das Wort Gottes sein.

      Vergoldete Bilder und prunkende Zieraten in der Kirche sind verwerflich; die Gottesehre soll nicht liebäugeln mit Schätzen dieser Erde. Mit dem Einfachen und durch das Einheitliche kann man am beredtsten und würdigsten den Gott- und Ewigkeitsgedanken versinnlichen.

      Es muß aber noch des weiteren das Zweckmäßige bedacht werden. So habe ich für die Mauern der Trockenheit wegen Backsteine vorgeschlagen. Die Bänke und Stühle müssen zum Ausruhen eingerichtet sein, denn der Sonntag ist ein Ruhetag. Wenn während des Orgelklingens auch einmal einer einnickt, was weiter? Er träumt in den Himmel hinüber. – Für den Fußboden sind die Steinplatten zu feucht und zu kalt, dicke Lärchenbretter sind dazu geeignet. Für das Dach sind des häufigen Hagelschlages wegen weder Ziegel noch größere Bretterlatten anwendbar; dazu sind kleine Lärchenschindeln am besten.

      Mein Plan ist angenommen worden.

      Es werden bereits Wege ausgeschlagen und Baustoffe herbeigeschleppt. Im lehmigen Binstal wird eine Ziegelei errichtet; an der Breitwand ist ein Steinbruch angelegt worden.

      Die Waldleute stehen da und sehen den fremden Arbeitern zu. Sie haben auch ihre Gedanken dabei.

      »Eine Kirche wollen sie uns bauen«, sagt einer, »gescheiter, sie täten das Geld den Armen teilen. Der Herrgott soll sich nur selber ein Haus bauen, wenn er nicht unter freiem Himmel bleiben und im Winkelwald wohnen will.«

      »Was sie uns nur für einen Kirchenheiligen einlegen werden?«

      »Den Huberti, denk' ich.«

      »Den Huberti? Je, der ist Weidmann gewesen, der hält's nicht mit uns Arbeitsleuten, der mag nur die Jäger leiden. Ich sag', für uns wären die vierzehn Nothelfer recht.«

      »Geh, die täten uns zu viel

Скачать книгу