Californische Skizzen. Gerstäcker Friedrich
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Читать онлайн книгу Californische Skizzen - Gerstäcker Friedrich страница 5
Der Pole, dessen Name, glaub’ ich, Keiner von allen wußte, hieß immer nur der Pole (er sprach übrigens ganz gut deutsch und war aus einer der deutsch-polnischen Provinzen, und zwar aus den untersten Klassen). Er hieß aber auch „der arme Mann“ weil er fortwährend lamentirte und behauptete, was einmal ein „armer Mann“ wäre, sollte es auch auf der Welt zu Nichts bringen.
„Nun Pole,“ rief ihm Hammerschmidt mit seiner feinen Stimme hinüber — „Ihr wart ja heute nicht in Charles Store — ist’s die letzte Woche wieder schlecht gegangen?“
„Ach, wie immer,“ brummte der Pole mit einem finsteren theilweise resignirten Gesicht — „unser Einer gewöhnt sich schon daran. — Sechs und acht Fuß tiefe Löcher und nachher zwei oder drei Thaler drinnen — aber wer kann’s helfen — der liebe Gott wills nicht haben — Gott dam it.“
„-Haben denn die Amerikaner die Woche was gefunden?“ frug ein Anderer.
„Ich weiß nicht — sie sind die Creek hinunter gegangen — da liegt aber Nichts wie feines Gold. Ich glaube nicht daß es lohnt!“
„Das laß gut sein,“ meinte der Landrath — „das ist jetzt die dritte Compagnie die hinunter geht und die anderen beiden haben tüchtig ausgehalten; wenn die nicht Tagelohn machten, blieben sie nicht unten.“
„Oben ist das Gold jedenfalls gröber,“ meinte Meier. —
„So haben wir’s allerdings bis jetzt gefunden, damit ist aber nicht gesagt, daß sich nicht auch grobes Gold nach unten verloren haben sollte — der Pole hat z. B. jetzt jedenfalls einen guten Platz, denn er lamentirt in einem fort, und das ist immer ein sicheres Zeichen.“
„Gott verdamm mich wenn ich das Bischen Fressen dabei mache!“ rief der Pole, der hochaufgehorcht hatte, indem er mit der einen Hand in die andere schlug.
„Die zwei Engländer die gerade unter dem umgefallenen Baume arbeiten, haben gestern ein herrliches Quarzstück gefunden,“ sagte der Deutsche aus Texas — „Brauner Quarz, mit breiten Goldstreifen quer durch, ein Goldschmidt hätte es nicht schöner machen können.“
„Wie habt Ihr beiden denn jetzt da unten ausgemacht, Klaußen — gehts besser?“ —
„Ach, es ist immer Nichts — weiß der Henker man kriegts zuletzt ordentlich satt, immer ein Loch nach dem andern umsonst zu graben. — Wir sind aber noch nicht ganz hinunter und in der einen Ecke haben wir Felsen und auch etwas Gold gefunden.“
„Was für Felsen hat Ihr?“ frug Meier.
„Wunderliches Zeug — es sieht so natürlich wie grobes Salz aus, daß ich zuerst wahrhaftig d’ran leckte, um zu sehen ob es nicht wirklich Salz wäre.“
„Das sind gute Felsen,“ rief Hammerschmidt, „dabei haben wir das schönste Gold gefunden; Ihr müßt nur ein Bischen tief hineingehen, und nicht blos an der Oberfläche kratzen.“
„Ja aus den „Rocks“ hier am Mosquitogulch soll der Teufel klug werden,“ brummte der Pole — „einmal liegt das Gold oben drauf, und wenn’s tief hinunter geht ist gar nichts — und ein ander Mal muß man die Felsen auseinander brechen wenn man dazu kommen will.“
„Merkwürdig ist es jedenfalls wie das Gold hierhergekommen sein kann,“ sagte Klaußen, „hier bei diesem Gulch wird man besonders ganz irre und es ist beinah gar nicht anders möglich, als daß ein vulkanischer Ausbruch das geschmolzene Metall so wild umher gestreut hat.“
„Sonderbar ist dabei,“ sagte Meier, „wie man einer solchen Eruption sogar zu folgen vermag, und gerade die Stellen wo in den tiefen Löchern und Felsspalten kein Gold liegt, sind ein Beweis dafür, denn diese Stellen findet man jedesmal mit einer grauen festen vulkanischen Asche ausgefüllt, so daß es ordentlich scheint, als ob zuerst diese Asche ausgeworfen und durch den Bergstrom hier heruntergeschwemmt, durch die Gewalt und Schwere des Wassers festgedrückt, und dann später das Gold nachgefolgt wäre. Wo es aber hergekommen möcht ich wissen, denn bald glaubt man die Ader sei von rechts, bald von links herunter gekommen und nirgends liegen doch hier hohe vulkanische Berge.“
„Ja, das möcht’ ich auch wissen,“ brummte der Pole, „nachher brauchte man nicht mehr so viele Löcher umsonst zu graben. Aber das ist eben das Elend!“ —
„Wie nennen Sie denn diamond auf deutsch?“ frug der Amerikaner, der noch mit Haye im eifrigen sechs und sechzig Spiel begriffen war, diesen.
„Caro,“ lautete die Antwort.
„Ahem, und spade?“ —
„Pique!“
„Hm!“ murmelte der Amerikaner, dem das nicht so recht einleuchten wollte, „die Deutschen sind doch curioses Volk — einen Spaten nennen sie nun gar eine Picke[1].“
„O laßt Euer langweiliges Spiel da und kommt mit her in den Kreis!“ rief jetzt Meier — „Du Klaußen, sing uns einmal ein Lied — nachher kommt anderes Leben in die Sache.“
„Ja, mir wär’- gerade wie singen,“ brummte Klaußen — „mir ist den ganzen Abend schon schlecht zu Muthe gewesen — wenn mir’s morgen nicht besser ist, nehme ich was ein.“
„Du wirst wohl den Katzenjammer haben,“ sagte der Landrath.
„Schade daß unser alter Doctor von zu Haus nicht hier ist,“ rief Meier — „der würde Dir das Einnehmen ersparen — der hatte ein famoses Mittel.“
„Nun er kanns Einem doch nicht aus dem Magen heraus magnetisiren,“ brummte Klaußen.
„Und doch so was,“ lachte Meier — „es war auch ein Doctor aus der guten alten Zeit, der weder seinen alten breit abgestutzten Frack noch seinen Zopf ablegen wollte, und in der That war ihm der Zopf so nöthig wie seine rechte Hand, denn darin bestand gerade sein Universalmittel.“
„Na nu komm nicht wieder mit Deinen Flunkereien,“ rief Hammerschmidt — „als ob er den Kranken den Zopf eingegeben hätte.“
„Ruhig Hammerstrick,“ sagte Meier — „knurre nicht Pudel. Er gab ihnen allerdings den Zopf ein, denn wenn sich Jemand nicht wohl befand, anstatt wie unsere, jetzt in der Cultur wieder zurückgegangenen Aerzte, diesem ein Brechmittel einzugeben, steckte er ihnen nur den Zopf in den Hals. — Ja ihr braucht gar nicht darüber zu lachen, das hatte er nicht einmal bei allen nöthig, denn seine Methode war so bekannt geworden, und er konnte ja natürlich nur immer den einen Zopf verwenden, daß er vielen Patienten in vorkommenden Fällen nur bloß den Zopf zu zeigen brauchte, um ganz genau dieselbe Wirkung wie bei der strengsten Anwendung zu erzwecken.“
„War das der Doktor mit der platten Nase?“ frug Klaußen während die Andern lachten.
„Ja wohl,“ sagte Meier — „das will nun Klaußen auch wieder nicht glauben — der kleine Kerl hatte eine so platte Nase, daß mich mein Onkel oft versichert, er hätte sich nie anders als mit einer Kneipzange schneuzen können.“
„Ist der Esel da?“ fragte in diesem Augenblick eine laute Stimme mitten in das Gelächter hinein — im Nu war Todtenstille, Alles schaute auf, aber im nächsten Augenblick brach es desto toller los, denn hinter dem Kreis, und ganz unbemerkt herangekommen, stand, etwas verstört