Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner Toni der Hüttenwirt Paket

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dich endlich mal wieder bei mir zu haben, Dorothea! Du bist spät dran. Hatte der Zug mal wieder Verspätung? Komm rein! Kannst deine Koffer hier im Flur abstellen. Ich lege nur noch den Kleinen in sein Bettchen, dann bin ich gleich bei dir!«

      Dorothea stellte ihren Koffer ab und schlich hinter Sue auf leisen Sohlen ins Kinderzimmer. Sie beobachtete ihre Freundin, wie sie ihr Baby in die Wiege bettete. Sue ist zu beneiden. Sie hat einen Mann und ein Kind, dachte Dorothea.

      Sanft schob Sue die Freundin aus dem Kinderzimmer und lehnte die Tür an.

      »Ich hätte dich gerne abgeholt, aber zu dieser Zeit ist Bettzeit für meinen kleinen Sonnenschein. Mutterpflichten gehen vor! Er schläft schlecht ein. Am besten schläft er auf meinem Arm ein. Das ist doch auch nur natürlich, denke ich.«

      »Die Mutterpflichten müssen schon sein. Siehst großartig aus, Sue.«

      »Danke, ich fühle mich auch großartig. Bin rundherum glücklich und zufrieden. Mein Mann ist ein Schatz und der Kleine ein richtiger Sonnenschein. Doch jetzt sag mal, wie geht es dir?«

      Sie setzten sich ins Wohnzimmer. Sue hatte Tee bereitgestellt und goß ein.

      »Eigentlich gut! Nein, das wäre gelogen, jedenfalls im Augenblick. Ich Dussel, ich ewige Schusselline, ich habe mein Notizbuch wohl im Zug liegenlassen. Deshalb komme ich auch so spät. Ich war gleich auf dem Fundbüro.«

      »Und?«

      »Hoffnung konnten die mir wenig machen. Sie wollen mich informieren. Ich habe auch deine Adresse und Telefonnummer angegeben. Ich hoffe, daß du damit einverstanden bist. In diesem Notizbuch stehen alle meine Termine und alle Adressen. Es ist eine einzige Katastrophe, Sue. Da ist meine Zukunft drin. Davon hängt meine Karriere, mein Leben ab.«

      Das Telefon läutete. Sue nahm ab und meldete sich. Sie lauschte.

      »Oh, das ist aber schön! Warten Sie, ich gebe den Hörer an Frau Zwirner weiter.«

      Sue hielt Dorothea den Hörer zu und flüsterte:

      »Für dich! Es wurde gefunden.«

      Dorothea riß Sue den Hörer aus der Hand. Sue beobachtete sie, wie sie mit dem Mann am anderen Ende sprach. Sue wurde nicht schlau aus dem, was Dorothea sprach. Merkwürdig war auch, daß sie dabei dunkelrot im Gesicht wurde und stotterte. Sie ging zur Bar und holte für Dorothea einen Enzian. Sie hatte das Gefühl, als benötige die Freundin jetzt eine Stärkung. Dorothea schwankte zur Couch und ließ sich in die Polster fallen. Wortlos nahm sie das Glas entgegen und trank.

      In Sue stieg allmählich der Verdacht auf, daß der Verlust des Notizbuches die Freundin nicht so aus der Fassung gebracht hatte, sondern ein männliches Wesen.

      »Wer ist ER? Also, das Fundbüro ist er schon mal nicht. Soweit konnte ich folgen.«

      Dorothea rekelte sich träumerisch auf der Couch.

      »Er sieht phantastisch aus. Er ist groß. Er hat breite Schultern und kräftige Arme und Hände. Er hat schwarze, etwas lockige Haare und große, wirklich große, grüne Augen. Augen wie Edelsteine, so strahlend und rein. Er hat lustige Grübchen in den Wangen, wenn er lacht. Du hättest ihn sehen sollen. Er saß im Zug. Er saß die ganze Strecke von Hamburg bis Frankfurt mir genau gegenüber.«

      »Hast du mit ihm gesprochen?«

      »Wo denkst du hin? Ich habe ihn heimlich in der Spiegelung der Fensterscheibe beobachtet.«

      Bei diesem Geständnis färbten sich ihre Wangen rot.

      »Hmm! Ich würde sagen, daß du in ihn verliebt bist!«

      »Mußt du immer so direkt sein?«

      »Dorothea Annabelle!« Wenn die Freundin sie mit beiden Vornamen ansprach, dann wurde es ernst, erinnerte sich Dorothea. »Tatsachen kann man nicht verschweigen. Du zeigst die klassischen Anzeichen von Verliebtheit. Und er hat dein Dings gefunden. Bringt er es dir?« Dorothea nickte. Sue ergänzte. »Hoffentlich gibt er seine Adresse an, sonst ist er schneller aus deinem Leben verschwunden, als er in dein Leben kam. Dorothea Annabelle! Ich habe darauf gewartet, daß es bei dir mal so richtig peng macht!«

      »Ich gebe zu, daß mir der Typ gefällt. Aber er paßt nicht zu mir!«

      »Ah, also hast du dir auch schon Gedanken gemacht. Warum soll er nicht passen? Hör mal, das ist völliger Unsinn. Wenn sich zwei Menschen ineinander verlieben, dann passen sie auch zusammen. Das hat die Natur einmal so vorgesehen. Du liebst ihn, er liebt dich! Eins und eins macht zwei! Zwei, das ist ein Paar! Fertig!«

      »Woher willst du wissen, daß er in mich verliebt ist?«

      »Stell dich nicht dumm. Er hätte weiterfahren können. Statt dessen hat er seine Reise unterbrochen. Warum denkst du, daß er nicht zu dir paßt?«

      »Sue, ich lebe in einer Großstadt. Ich bin eine erfolgreiche Bankerin. Ich kann ihn mir nicht an meiner Seite vorstellen. Er kommt sicherlich aus einer ganz anderen Welt. Er trug eine braune Wildlederhose und so ein Lodenoberteil. Ich glaube, da sagt man Janker dazu. Er hatte einen Filzhut auf dem Hutbrett liegen. Statt eines Koffers hatte er einen Rucksack, aber keinen modernen. Der Rucksack war aus graugrünem Stoff mit Ledereinfassungen an den Kanten. Eben so ein Ding, wie man es aus der Serie Heidi kennt.«

      »Donnerwetter! Du hast ihn dir ja genau angesehen.«

      »Ich denke, er lebt in den Bergen. Er spricht auch so. Als der Schaffner kam, wechselte er ein paar Worte mit ihm. Er hatte eine Rückfahrkarte. Also lebt er in den Bergen. So ein Mann geht bestimmt nicht in die Großstadt – und ich kann nicht in die Berge. Berge sind außerdem nicht mein Ding. Also werde ich den Typ vergessen! Fertig! Basta!«

      »Nein, das wirst du nicht, Dorothea! Du kannst ihn nicht vergessen, weil du außer deinem Notizbuch noch etwas anderes verloren hast. Du hast dein Herz verloren, Dorothea! Das Notizbuch bekommst du zurück. Dein Herz hat er weiterhin! Gibst du es zu? Du belügst dich selbst! Ich habe deinen Blick gesehen, vorhin im Kinderzimmer. Auch du hast die Sehnsucht nach Mann und Kind, nach Zweisamkeit und Familienglück.«

      »Sue, dir kann ich nichts vormachen. Vorhin war ich sogar ein bißchen neidisch auf dich.« Dorothea sah zerknirscht aus. »Aber was soll ich machen? Unser Leben ist so verschieden. Warum muß ich mich ausgerechnet in einen Naturburschen verlieben? Er ist so ein toller Kerl. Ja, es stimmt, Sue! Ich habe mein Herz verloren! Ich komme mir etwas albern vor.«

      Dorothea wollte nicht mehr über das Thema sprechen. So fragte sie:

      »Wo ist dein Mann, Sue?«

      »Der ist mit Freunden auf ein Bierchen. Er meinte, daß wir deinen ersten Abend für uns alleine haben sollten. Er wäre sich doch nur wie das fünfte Rad am Wagen vorgekommen. Doch du lenkst vom Thema ab, Dorothea. Zurück zum Retter deines Notizbuches…«

      Es läutete. Sie rannten sofort zur Tür.

      Draußen stand ein Fahrradkurier.

      »Eine Eilzustellung für eine Frau Dorothea Annabelle Zwirner, zur Zeit bei Familie Haak.«

      »Es ist noch alles drin«, bemerkte Dorothea und griff dann zu dem beiliegenden Brief.

      Da stand in markanter Handschrift:

      Liebe

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