Die schönsten Märchen von Hans Christian Andersen (Illustrierte Ausgabe). Hans Christian Andersen

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die schönsten Märchen von Hans Christian Andersen (Illustrierte Ausgabe) - Hans Christian Andersen страница 30

Die schönsten Märchen von Hans Christian Andersen (Illustrierte Ausgabe) - Hans Christian Andersen

Скачать книгу

Mäuse im Umkreise vieler Meilen einzuladen; sie sollten sich in der Küche versammeln; die drei Reisemäuse standen in einer Reihe für sich; für die Vierte, die fehlte, war ein Wurstspeiler, mit schwarzein Trauerflor behangen, aufgerichtet. Niemand durfte seine Ansicht äußern, bevor nicht der Mausekönig gesagt hatte, was weiter gesagt werden solle.

      Wir werden hören!

       Inhaltsverzeichnis

       Was die eiste kleine Maus auf Reisen gesehen und gelernt hatte.

      »Als ich in die weite Welt hinauszog,« – sagte die kleine Maus – »wähnte ich, wie es in meinem Alter gar Viele thun, ich hätte schon alles Wissen verschlungen; allein das hat man nicht, es vergeht Jahr und Tag, bis man so weit gelangt. – Ich ging sogleich zur See; ich ging mit einem Schiffe welches gen Norden steuerte, ich hatte mir sagen lassen, daß der Schiffskoch sich auf dem Meere zu helfen wissen müsse, allein es ist ein Leichtes sich zu helfen wissen, wenn man vollauf hat von Speckseiten von großen Tonnen mit Pökelfleisch, und milbigem Mehl; man lebt delicat aber man lernt nicht, wie man eine Suppe auf einem Wurstspeiler kochen kann. – Wir segelten viele Nächte und Tage hindurch, das Schiff schaukelte entsetzlich, und ohne Nässe lief es auch nicht ab. Als wir endlich dorthin gelangten, wohin wir sollten, verließ ich das Fahrzeug, es war oben im hohen Norden.

      Es ist gar wunderlich, aus seinem eigenen Winkel zu Hause herauszukommen, mit einem Schiffe gehen, das gewissermaßen auch so eine Art Winkel ist, und dann plötzlich über hundert Meilen weit sein und in einem fremden Lande stehen. Ich sah große unwegsame Wälder mit Tannen und Birken, sie dufteten gar stark, ich nießte, ich dachte an Wurst. Es waren auch große Seen dort; die Gewässer waren in der Nähe gesehen, ganz klar, aber von der Ferne sahen sie wie schwarze Tinte aus; weiße Schwäne lagen da, ich glaubte es sei Schaum, so still lagen sie, aber ich sah sie fliegen, sah sie gehen und nun erkannte ich sie; sie gehören dem Geschlechte der Gänse an, das sieht man wohl am Gange. Niemand vermag seine Abstammung abzuleugnen! – Ich hielt mich an meine Art, ich schloß mich den Wald- und Feldmäusen an, die übrigens sehr wenig wissen, besonders was Tractament anbetrifft, und das war es ja gerade, weshalb ich in's Ausland reiste. Der Gedanke, daß eine Suppe auf einem Wurstspeiler gekocht werden könne, war ihnen ein so außerordentlicher Gedanke, daß er sofort durch den ganzen Wald von Munde zu Munde ging; daß die Aufgabe gelöst werden könne, sei ein Ding der Unmöglichkeit, und am wenigsten dachte ich, daß ich dort, und zwar in der ersten Nacht, in die Zubereitung eingeweiht werden sollte. Es war im Hochsommer, und deshalb sagten die Mäuse, dufte auch der Wald so stark, seien die Kräuter so würzig die Seen so klar und doch so dunkel mit ihren weißen schwimmenden Schwänen.

      Am Saume des Waldes, zwischen drei oder vier Häusern war eine Stange, so hoch wie der Großmast eines Schiffes errichtet, und an der obersten Spitze derselben hingen Kränze und flatternde Bänder, es war der Maibaum. Knechte und Mägde tanzten um den Baum herum und sangen dazu um die Wette nach der Violine des Spielmannes. Es ging lustig her bei Sonnenuntergang und im Mondenscheine, aber ich nahm keinen Antheil, – was soll eine kleine Maus beim Maitanze! Ich saß in dem weichen Moose und hielt meinen Wurstspeiler fest. Der Mond warf seine Strahlen namentlich auf einen Fleck, wo ein Baum mit einem so außerordentlich seinen Moose stand, ja, ich darf fast sagen, so sein und weich, wie das Fell des Mausekönigs, aber es war von grüner Farbe, und die ist eine Wohlthat für die Augen.

      Auf einmal marschirten nun die wunderlieblichsten kleinen Leute auf, nicht größer als daß sie mir bis an's Kniee reichten; sie sahen aus wie die Menschen, aber sie waren besser proportionirt, sie nannten sich Elfen und hatten seine Kleider an von Blumenblättern mit Fliegen- und Mücken-Flügeln-Besatz; was nicht übel aussah. Es war gleich bei ihrem Erscheinen, als wenn sie etwas suchten, ich wußte nicht was, aber endlich kamen einige auf mich zu, der Vornehmste deutete auf meinen Wurstspeiler und sagte: »So einer ist es gerade, wie wir ihn gebrauchen! der ist zugespitzt, der ist ausgezeichnet!« und je länger er meinen Wanderstab betrachtete, desto entzückter ward er.

      »Leihen, ja, aber nicht behalten!« sagte ich.

      »Nicht behalten!« riefen sie Alle, erfaßten nun den Wurstspeiler, den ich fahren ließ, und tanzten mit ihm nach dem Flecke mit dem seinen Moose, wo sie den Wurstspeiler inmitten des Grünen aufrichteten. Sie wollten auch einen Maibaum haben, und der, welchen sie nun hatten, war denn auch als sei er für sie zugeschnitten. Nun wurde er ausgeschmückt; ja, das war erst ein Anblick!

      Kleine Spinnen bespannen ihn mit Golddrath, behingen ihn mit flatternden Schleiern und Fahnen, so sein gewebt, so schneeweiß im Mondenscheine gebleicht, daß es mir die Augen blendete; sie nahmen Farben von den Flügeln des Schmetterlings und streuten diese über das weiße Linnen, und Blumen und Diamanten flimmerten darauf, ich kannte meinen Wurstspeiler nicht wieder; einen solchen Maibaum, wie der geworden, gab es gewiß in der ganzen Welt nicht mehr. Und jetzt erst kam die richtige große Elfengesellschaft, die war ohne alle Bekleidung, seiner konnte es nicht sein; und mich lud man ein, das Fest mit anzusehen, doch nur von einer gewissen Entfernung, denn ich war ihnen zu groß.

      Nun begann aber eine Musik! Es war als klängen tausende von Glasglocken, so voll, so stark, daß ich glaubte, es seien die Schwäne, die da sängen, ja, es schien mir, als vernähme ich auch die Stimme des Kukuks und der Amsel, es war zuletzt, als klinge der ganze Wald mit; da waren Kinderstimmen, Glockenklang und Vogelsang; die wunderherrlichsten Melodien, und all' die Herrlichkeit klang aus dem Maibaume der Elfen, der war ein ganzes Glockenspiel und war mein Wurstspeiler. Daß so viel aus ihm hätte herauskommen können, hatte ich nie geglaubt, aber das hängt denn wohl davon ab, in welche Hände er kommt. Ich war gerührt; ich weinte wie eine kleine Maus weinen kann, vor lauter Vergnügen.

      Die Nacht war gar zu kurz, allein sie ist nun einmal um die Zeit nicht länger dort oben. In der Morgendämmerung kamen die wehenden Lüfte, der Wasserspiegel des Waldsees kräuselte sich, alle die seinen schwebenden Schleier und Fahnen flatterten dahin in der Lust; die schaukelnden Guirlanden von Spinnengeweben, die hängenden Brücken und Balustraden, wie sie nun alle heißen, flatterten davon, als seien sie Nichts; sechs Elfen trugen mir wieder meinen Wurstspeiler zu, indem sie mich zugleich fragten, ob ich irgend einen Wunsch hege, den sie zu erfüllen vermöchten; da bat ich sie, mir sagen zu wollen, wie man Suppe auf einem Wurstspeiler koche.

      »Wie wir es thun?« sagte der Vornehmste unter den Elfen und lächelte, »das hast Du ja doch so eben gesehen! Du kanntest ja kaum Deinen Wurstspeiler wieder!«

      »Sie meinen es nun so in der Weise!« dachte ich, und erzählte ihnen einfach, weshalb ich mich auf der Reise befände und was man sich in der Heimath von dieser Küche verspräche. »Welcher Nutzen,« fragte ich, »erwächst dem Mausekönig und unserem ganzen mächtigen Reiche dadurch, daß ich diese Herrlichkeit mit angesehen habe? ich vermag es doch nicht, sie aus dem Wurstspeiler zu schütteln und zu sagen: Seht, hier ist der Wurstspeiler, jetzt kommt die Suppe! das wäre höchstens eine Art Hinrichtung – wenn man satt wäre!«

      Da senkte der Elf seinen kleinen Finger in den Kelch eines blauen Veilchens und sprach zu mir: »Gieb Acht! Hier bestreiche ich Deinen Wanderstab, und wenn Du in Deiner Heimath in das Schloß des Mausekönigs trittst, dann berühre mit dem Stäbchen die warme Brust Deines Königs, und es werden Veilchen sprießen, die den ganzen Stab bedecken, selbst zur kältesten Winterzeit. Und damit habe ich Dir denn doch wohl etwas mit nach Hause gegeben und noch ein wenig mehr!« – Allein bevor die kleine Maus sagte, was dieses »ein wenig mehr« sei, richtete sie ihren Stab auf die Brust des Königs, und in der That, das schönste Veilchensträußchen sproß hervor, und duftete so stark, daß der Mausekönig den Mäusen, welche dem Schornsteine am nächsten standen, befahl, ihre Schwänze sofort ins Feuer zu stecken, damit man einen brandigen Geruch verspüre, denn der Veilchenduft sei nicht auszuhalten, der sei nicht

Скачать книгу