Gesammelte Erzählungen von Klabund. Klabund

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Gesammelte Erzählungen von Klabund - Klabund

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Naturburschen Dr. Buri, einem prächtigen Churer, der die Redaktion des »Davoser Intelligenzblattes« leitete, hatte eine eifrige Reklame entfaltet. Vor allem, weil er selber spielte.

      »Unser Herr Alfons Pein«, so hatte Dr. Buri im Intelligenzblatt in der Voranzeige schreiben müssen, »hat sich in liebenswürdiger Weise bereit erklärt, die Rolle des Mann im ›Weib‹ zu übernehmen.«

      Fluchend warf Dr. Buri den Federhalter in den Aschenbecher, daß Tinte und Asche über das Manuskript sprühten.

      »Chaibe.«

      Er konnte Pein nicht ausstehen.

      Dann schrieb er weiter:

      »Eine besondere Attraktion haben wir mit Fräulein Sybil Lindquist von den Reinhardtbühnen Berlin gewonnen, die sich zur Zeit zum Kurgebrauch in Davos aufhält. Sie wird das Weib, das sie bei der Uraufführung in Berlin kreierte, verkörpern. Verkörpern wie es eben nur eine Sybil Lindquist vermag. Herr Sylvester Glonner, einer der Führer der jungdeutschen Dichtung, den Davosern im besonderen nicht unbekannt als Autor des grotesk-schwermütigen Davoser Romans ›Die Krankheit‹, spielt die Rolle des Bruders. Der Vorverkauf hat begonnen. Versorge sich ein jeder rechtzeitig mit Karten, da ein großer Andrang zu erwarten steht.«

      Seufzend legte Dr. Buri den Federhalter beiseite und zündete sich erleichtert seine Pfeife an.

       Inhaltsverzeichnis

      Für den 19. Februar nachmittag waren auch die diesjährigen Skikjöring-und Pferderennen angesetzt.

      Als Sybil die Ankündigung las, rief sie bei Sylvester telephonisch an:

      »Sylvester …?«

      »Sybil?«

      »Sie müssen reiten …«

      »Was muß ich?«

      »Reiten müssen Sie. Sie sind doch gut zu Pferd.«

      »Was soll das?«

      »Sie müssen am neunzehnten das Rennen mitreiten.«

      »Aber Sybil, welche Idee!«

      »Meine Idee natürlich. Ich will, daß Sie den goldenen Davoser Pokal gewinnen.«

      »Was soll ich mit dem goldenen Davoser Pokal? Ich würde nicht aus ihm trinken dürfen, denn ich bekäme sofort Nierenschmerzen.«

      »Scherz beiseite, Sylvester. Ich will, daß Sie das Rennen gewinnen. Deshalb sollen Sie reiten. Ich werde auf Sie setzen beim Totalisator.«

      »Wann ist das Rennen?«

      »Am neunzehnten.«

      »Aber da müssen wir ja den Abend spielen!«

      »Oh, das macht doch nichts! Die Rennen sind um zwei. Um vier Uhr sind sie spätestens zu Ende. Da haben Sie genug Zeit, sich bis acht auszuruhen.«

      »Sybil, ich bitte Sie, wozu diese Spielerei. Ich habe an dem Schauspiel schon genug …«

      »Lieber Sylvester … ich will Sie einmal handeln sehn … Tun Sie einmal etwas! Handeln Sie einmal nicht künstlerisch künstlich, dichterisch, schauspielerisch. Handeln Sie einmal menschlich …«

      »Ich bin krank, Sybil …«

      »Überwinden Sie die Krankheit, Sylvester.« Ihre Stimme klang flehend.

      »Ich werde reiten, Sybil.« –

      Sylvester ging zu einem Schweizer Offizier, den er kannte und von dem er wußte, daß er das Rennen nicht reiten würde, der aber zwei Pferde laufen lassen wollte, und bat ihn, die »Miggi« reiten zu dürfen. In Graubünden heißen alle Pferde, alle Kühe, alle Katzen und alle Mädchen Miggi.

      Als der bulgarische Offizier und Leutnant Rätten von Sylvesters wahnwitzigem Vorhaben hörten, schüttelten sie den Kopf; bestellten sich aber sofort telegraphisch Pferde aus Zürich. Auch der kleine Japaner wollte reiten.

      Selbst der Thorax machte einen schwachen Versuch, sich als Jockei vorzustellen.

      »Was meinst du, Grete,« fragte er die Pneumo, »ob ich in vierzehn Tagen reiten lernte und ob ich es aushielte?«

      »Kind,« sagte sie zärtlich, »was du für böse Träume hast. Du leidest immer häufiger an Alpdrücken. Du mußt abends vor dem Zubettgehen einen frischen Apfel essen. Komm. Ich mache dir gleich einen zurecht …«

       Inhaltsverzeichnis

      Sylvester gewann mit Miggi I den goldenen Pokal von Davos.

      Der Ausgang des Rennens rief beim Publikum eine ungeheure Aufregung hervor.

      Sybil wurde halb ohnmächtig vom Platz getragen und mußte mit drei Flaschen Eau de Cologne bespritzt werden, ehe sie wieder zu sich kam.

      Sylvester hob man auf die Schulter und trug ihn im Triumph in seine Pension.

      Der Thorax war heilig beglückt.

      Die Pneumo weinte Freude.

      »Die reine Fata Morgana!« sagte Herr Klunkenbul und wußte wohl selbst nicht, was er meinte.

      Sybil hatte ihr ganzes Geld beim Totalisator auf Sylvester gesetzt. Leider fiel die Quote sehr niedrig aus: 17:10, denn man hatte, nicht aus Sportlichkeit, aber aus Sensation oder Schwärmerei, auf den Dichter gesetzt.

      Der Bulgare und der kleine Japaner gratulierten Sybil. Der Japaner überreichte ihr eine Orchidee.

      » Sie haben das Rennen gewonnen«, sagte der kluge, kleine Japaner.

      Sybil zuckte die Achseln.

      Sylvester lag angekleidet auf seinem Bett. Graues Schicksal: dem Wort zu dienen. Dem schwesterlichen Chaos. Den torkelnden Träumen. Als ob ich ein lebendiger Mensch würde, wenn ich auf einem lebendigen Pferd reite. Pferde tragen auch Schatten, oder, im Zirkus, hold uniformierte Affen auf ihrem Rücken. Was wiege ich eigentlich? Hundertacht Pfund. Das richtige Jockeigewicht. Was Sybil sich bei diesem Sieg denkt? Was habe ich gewonnen? Ein paar sensationelle Notizen in der Tagespresse. Mein Bild als Reiter in der »Woche«, der »Berliner Illustrierten Zeitung« und im »Weltspiegel«. Seewald wird mich als Reiter ernstkomisch in Holz schneiden und das schwarze Bild farbig betupfen. Denn man muß mich erst künstlich bunt machen. Ich bin so ermüdet, als hätte man mich zu Graubündner Fleisch geritten. Ich wage diesen Wahnsinn des heutigen Rittes, den Wahnsinn des abendlichen Schauspiels vor den erglühten Rampen. Würde ich wagen, Sybils Hand zu küssen? Nie.

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