Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth. Ödön von Horváth
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Читать онлайн книгу Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth - Ödön von Horváth страница 68
FRANZ
Ich kenne kein kommunistisches Waffenlager.
HAUPTMANN
Lügen Sie nicht, Feigling!
Stille.
FRANZ
Ist es nicht feig, mich hier so abzuschlachten?
HAUPTMANN
Es geht um das Vaterland.
FRANZ
Sie betrachten sich als Vaterland?
HAUPTMANN
fast etwas unsicher: Ich kämpfe für das Vaterland. Für seine Größe, seine alte Macht. Das verstehen Sie nicht. Deutschland kann nur unter der nationalen Diktatur gesunden. Ihr Weltreich ist Mist – vielleicht ein schöner Traum. Ich habe mich mit diesen Sachen nicht so beschäftigt. Ich bin Soldat. Ich hab einen traumlosen Schlaf.
Stille.
Ich biete Ihnen eine letzte Gelegenheit: Wollen Sie auf meine Bedingungen eingehen?
FRANZ
Ich kann ja nicht. Ich bin kein Kommunist. Ich gehöre keiner Partei an. Ich bin allein.
HAUPTMANN
Das ist gelogen. Weshalb hätten Sie denn gesagt, Sie wollten alles für fünfzig Dollar verraten, wenn Sie niemanden zu beschützen hätten?
FRANZ
Ich habe gelogen, weil ich wußte, daß es damit aus ist. Wenn ich gesagt hätte, daß ich Pazifist bin und kein gemeiner Verräter, so hätte man mich länger gequält. Ich wollte möglichst rasch totgeprügelt werden. Es war reiner Egoismus.
HAUPTMANN
Pazifismus ist Egoismus.
FRANZ
lächelt: Richtig. Ich bin zu meinem persönlichsten Vergnügen hier, wie Sie ja wissen.
Stille.
HAUPTMANN
Sie sind verrückt. Gemeingefährlich verrückt. Glauben Sie denn, Sie Narr, daß es jemals Frieden geben wird?
FRANZ
Nein. Das glaube ich nicht. Er wankt etwas.
HAUPTMANN
braust auf: Machen Sie keinen Narren aus mir, Sie!
FRANZ
Ich mache mir keinen Narren aus Ihnen. Ich glaube, wir verstehen uns. Sie haben ja von Ihrem Standpunkte aus vollständig recht – es kommt aber nur auf die Höhe des Standpunktes an, und wie tief oder hoch man über dem eigenen Standpunkte stehen will – oder kann – Er faßt sich an den Kopf. Ich bitte das Verhör zu unterbrechen – auf kurze Zeit. Ich habe einen zu schweren Kopf. Man hat mir nämlich auf den Kopf geschlagen, das kommt davon – Er lächelt und setzt sich.
HAUPTMANN
starrt ihn an; wendet sich plötzlich ab: Sladek!
SLADEK
Zu Befehl!
HAUPTMANN
Falls die anderen zurückkommen sollten, so melde ihnen, du hättest Befehl, daß niemand diesen Mann in irgendeiner Form verhören darf. Du hast das durchzuführen. Verstanden?
SLADEK
Zu Befehl!
HAUPTMANN
Hier verhöre nur ich. Ab.
Pause.
SLADEK
plötzlich: Sie werden dich nicht mehr schlagen.
FRANZ
sieht ihn erstaunt an; spöttisch: Ich danke sehr.
SLADEK
Ich dank auch sehr, daß du mich nicht verraten hast.
Die Zwei fixieren sich.
Lächelt. Ja, daß du nämlich nicht gesagt hast, daß du mich kennst. Ich hätt dadurch Unangenehmes gehabt, ich war nämlich leicht in einen Verdacht gekommen, der ja gar nicht stimmt, weil wir uns doch nur kennen, aber immer das Gegenteil denken.
FRANZ
Wieso?
SLADEK
Das weißt du doch.
FRANZ
Nein.
SLADEK
Das gibt es doch nicht.
FRANZ
Wer bist du?
SLADEK
Ich?
FRANZ
Ja, du.
SLADEK
Du kennst mich nicht?
FRANZ
Nein.
Stille.
SLADEK
Ich hab dich gleich erkannt. Ich bin der Sladek.
FRANZ
Sladek? Kenn ich nicht.
SLADEK
Du hast dich mal zur Diskussion gemeldet, man hätt dich fast erschlagen, aber das hätt mir leid getan, denn ich hab die Gerechtigkeit lieb, obwohl es sie nicht gibt. Wir haben debattiert, ich red nämlich nur gern mit intelligenten Menschen, die selbständig denken können, obwohl man das nicht soll. Ich bin nämlich ein sogenannter zurückgezogener Mensch. Ich erinner mich an jedes Wort.
FRANZ
Ja, das war jene Diskussion. Aber an dich kann ich mich nicht erinnern.
SLADEK
Das tut mir leid, daß du mich vergessen hast.
FRANZ