Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth. Ödön von Horváth
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Читать онлайн книгу Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth - Ödön von Horváth страница 72
HAUPTMANN
unterbricht ihn: Ich verzichte! Ich sehe klar! Ich kenne Freund und Feind!
Stille.
DER BUNDESSEKRETÄR
Ich gebe Ihnen Bedenkzeit.
HAUPTMANN
Unnötig!
DER BUNDESSEKRETÄR
Sollten Sie nicht die weiße Fahne hissen, so eröffnen wir, so weh es uns auch tut und so gerne wir es vermeiden möchten, das Feuer. Die Verantwortung tragen Sie, daß wir für das deutsche Vaterland gezwungen sind, auf deutsche Männer zu schießen.
HAUPTMANN
Ich übernehme die Verantwortung.
DER BUNDESSEKRETÄR
Sie werden sie tragen. Ab mit den beiden regulären Soldaten. Pause. Morgenwind.
HAUPTMANN
Diese Hunde! Diese Hunde! Die gemeinsten Verräter sitzen hinter den eigenen Kulissen! – Hast du gehört, daß sich die maßgebende Stelle versöhnen will?
HALEF
Ja, das habe ich auch gehört.
HAUPTMANN
Lauter Hunde! Glaubst denn du an den Frieden?
HALEF
Ich weiß nichts.
HAUPTMANN
Es hat keinen Frieden zu geben, Halef! Jetzt fangen wir an zu existieren! Wir! – Lauf zu Salm, er soll sofort mit den Seinen –
HALEF
unterbricht ihn: Salm ist samt seiner Puppe und Herrn Rübezahl verschwunden, als es bekannt wurde, daß wir umzingelt sind. Fort. Ausgerückt.
HAUPTMANN
Ausgerückt?
HALEF
Hast du das gehört, was dieser Bonze sagte, das mit der Strafe?
HAUPTMANN
Hast du Angst?
HALEF
Ja. Ich hab Angst.
HAUPTMANN
So verschwind, feiges Vieh!
HALEF
Zu Befehl! Ich lös mich selbst auf. Das würde ich an deiner Stelle auch tun. Ab.
HAUPTMANN
Halt das Maul! Noch bin ich nicht verreckt? Erst wenn mich die Würmer fressen, dann löse ich mich auf! Ich bin noch ich!
Soldaten der sogenannten Armee erscheinen.
Soldaten! Die nationale Armee marschiert, trotz aller feilen Huren der Politik, die den lieben, der sie verachtet! Die regulären Regimenter knien vor Schwarzrotdreck – die eigenen Bundesbrüder haben uns umzingelt und drohen, uns in wenigen Minuten niederzuschießen, wenn wir nicht reuig um Gnade betteln. Wer sich ergibt, ist kein Soldat! Man will uns vernichten! Sie winseln um Frieden beim Feind und wollen uns für immer verbieten! Sie wollen es nicht, daß wir existieren, sie erdolchen uns zum zweiten Male, sie schämen sich der nationalen Revolution!
EIN SOLDAT
tritt vor: Hauptmann! Ich bin Soldat. Ich kämpfe gegen den Feind. Ich hasse diese Republik, aber ich schieße nicht sinnlos auf deutsche Soldaten.
HAUPTMANN
Das sind keine Soldaten, das sind Halunken!
DER SOLDAT
Das sind Deutsche wie wir.
HAUPTMANN
Wenn das noch Deutsche sind, dann ist jeder Rote ein Deutscher!
EIN ZWEITER SOLDAT
Ist er auch! Ist er auch!
Stille.
HAUPTMANN
Wer war das?
DER ZWEITE SOLDAT
tritt vor: Ich.
HAUPTMANN
Du, du Hund. Du Hund! Er schlägt ihm vor die Brust, daß er zurücktaumelt.
In der Ferne fällt ein Kanonenschuß.
EIN DRITTER SOLDAT
tritt vor den Hauptmann und drängt ihn langsam zurück: Hauptmann! Ich ergebe mich. Ich mag nicht mehr. Ich war vier Jahr im Feld, der Krieg ist aus. Aus! Verstanden? Sie haben mich zu dir gezwungen, deine Herren Barone, sonst hätten sie meine Familie vernichtet, die feinen Herren Gutsbesitzer! Ich scheiß auf deine nationale Revolution! Jetzt ist Schluß mit dem Krieg! Ich geh nicht mehr unter die Erde, ich bin bei lebendigem Leibe verschimmelt!
HAUPTMANN
zieht den Revolver: Zurück! Das ist Verrat vor dem Feind! Meuterei!
DER DRITTE SOLDATAT
schlägt ihm den Revolver aus der Hand und gibt ihm eine gewaltige Ohrfeige: Da hast du Verrat! Da hast du Meuterei!
HAUPTMANN
brüllt: Wache! Wache!
DER DRITTE SOLDATAT
ohrfeigt ihn: Da hast du Wache! Da hast du Wache! Kanonenschuß.
DER ZWEITE SOLDATAT
Wir fallen nicht für dich!
DER ERSTE SOLDAT
Auf dem Felde deiner privaten Ehre!
DER DRITTE SOLDATAT
Auf keinem Felde eurer sogenannten Ehre! Kameraden! Die weiße Fahne! Die weiße Fahne! Kanonenschuß. Soldaten fliehend ab. Hauptmann allein.
SLADEK
kommt: Hauptmann. Sie haben die Gefangenen befreit. Ich glaub, es ist Meuterei. Sie haben mich geohrfeigt, besonders der eine. Sie sagen, man schießt – Hauptmann! Du bist voll Blut.
HAUPTMANN