Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman - Leni Behrendt Leni Behrendt

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unglückselige Liebe wie eine Krankheit befallen hatte. Ich glaube bestimmt, daß Leopold hauptsächlich deshalb an dem Schicksal des kleinen Swen so regen Anteil nahm, weil er der Sohn der schmerzlich geliebten Frau war. Hätte er ihr geglichen, wäre der Knabe wohl schon damals nach Waldwinkel gekommen. Da er aber ganz seines Vaters Ebenbild war, hätte Leopold es nicht ertragen können, ihn ständig um sich zu haben; denn er kämpfte gegen den Haß und Neid, der ja einen ganz Unschuldigen traf, hart an, da sich beides mit seiner sonst hochherzigen Gesinnung nicht vertragen wollte. Und dann wollte er ja auch vergessen, was ihm nimmermehr gelungen wäre, hätte er den Knaben ständig vor Augen gehabt. Aber sein Erbe sollte Swen werden, diese Tatsache stand für ihn unabänderlich fest. Und je prachtvoller sich der Knabe entwickelte, um so fester wurde Leopolds Entschluß. Jede Kleinigkeit, die Swen betraf, nahm er wichtig, und der Gedanke, den nun Erwachsenen endlich zu sich zu rufen, nahm immer festere Formen an. Wie ich vorhin schon erwähnte, war Swen im Hause seiner Verwandten ein richtiges ›Mädchen für alles‹. Er ertrug auch stets alles mit bewundernswerter Geduld, bis ihm die doch einmal riß, und er ging von Hirschhufen fort. Das jedoch verbitterte die Verwandten maßlos; denn der Baron war ein Mensch, den man nicht ungestraft in der Wirtschaft missen konnte. Er war ein äußerst tüchtiger Landwirt, der Hirschhufen hochgehalten hatte. Tatsächlich ging es nach seinem Weggang auch schnell berg­ab. Und als gar noch nach knapp einem Jahr der alte Francke starb und ein Oberinspektor verpflichtet wurde, der sich die zügellose Wirtschaft des Gutes zunutze machte und gehörig in seine Tasche wirtschaftete, da war der Zusammenbruch nicht mehr aufzuhalten. Nun war wieder ein Fall eingetreten, wo der junge Baron seine Tüchtigkeit unter Beweis stellen konnte. Leopold war gespannt, wie er sich in fremden Diensten behaupten würde. Und das war wohl auch der Grund, weshalb er den Gedanken, ihn nach Waldwinkel zu rufen, wieder aufgab. Später kam dann allerlei dazwischen. Der Baron heiratete, ein Kindchen stellte sich ein, die junge Frau starb. Das waren alles Ereignisse, die unsern Freund abschreckten, den Neffen zu sich kommen zu lassen. Und als er es dann endlich tat, da hatte es wieder der Tod so eilig, daß Leopold dem Baron nicht einmal alles mündlich sagen konnte, was ihm so sehr am Herzen lag. Wäre er nicht so klug gewesen, in einem langen Brief schon vorher niederzuschreiben, was er von seinem Neffen wünschte und erwartete, so wäre dem Baron die unverhoffte Erbschaft lebenslang ein Rätsel geblieben.«

      Nach diesen Worten des Justizrates war es eine Weile beklemmend still. Die Blicke der drei Männer hingen an dem Bild des Verstorbenen, der trotz seines Reichtums so unglücklich gewesen war wie selten ein Mensch, der neben der Verspottung, die seinem abschreckenden Aussehen galt, auch noch die Qualen einer aussichtslosen Liebe hatte auskosten müssen bis zum letzten bitteren Tropfen.

      Schweigend saßen die Herren beieinander, jeder mit seinen Gedanken um den Toten beschäftigt.

      Erst ein Winseln an der Tür schreckte sie aus ihren traurigen Grübeleien auf. Und als der Sekretär hineilte, um die Tür zu öffnen, sprang der jaulende Harras ihn so heftig an, daß er Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten.

      »Zum Kuckuck, der schwarze Racker ist ganz einfach vom Teufel besessen!« schalt der Oberförster, der den Hund an der Leine hielt, ärgerlich. »Was wir mit diesem Gesellen in den vier Tagen zu Hause ausgestanden haben, das läßt sich nicht beschreiben. Er hat uns fast die ganze Bude umgeworfen.«

      »Das will ich glauben«, lä­chelte der Sekretär und streichelte den Hund, der an der Erde schnupperte und jämmerlich winselte.

      Sie wußten es ja alle, der arme Geselle suchte seinen geliebten Herrn, und es wurde ihnen allen weh ums Herz. Der Oberförster, ein kerniger, urgemütlicher Graubart, schneuz­te sich gewaltig, und dem Sekretär schossen die Tränen in die Augen.

      »Ich glaube, Sie können ihn ruhig von der Leine lassen, Herr Oberförster«, sagte er leise. »Er trägt ja einen Maulkorb und kann daher kaum ernstlichen Schaden anrichten.«

      »Aber die Kinder kann er umwerfen«, entgegnete der alte Herr. Jetzt erst bemerkte Wieloff die vielen Menschen, die in der Tür standen. Vorn die Beamten und hinten die Arbeiter der Herrschaft Waldwinkel.

      »Die Leute wollen durchaus den Herrn Baron sprechen«, bemerkte der Oberförster verlegen. »Mit keinen Vernunftsgründen ließen sie sich zurückhalten.«

      Wieloff zögerte noch ein wenig, doch dann erklärte er, den Baron holen zu wollen, der jedoch nach einigen Minuten von selbst erschien. Der Hund erkannte ihn sofort wieder, strebte zu ihm hin, leckte ihm die Hände und ließ sich dann mit einem langen Seufzer ruhig zu seinen Füßen nieder. Das war ein so erschütterndes Bild, daß kaum ein Auge trocken blieb.

      Hellersen streichelte zärtlich den Kopf des Hundes, dann ging sein ernster Blick zu den Menschen hin.

      »Sie wollten mich sprechen?«

      Zuerst herrschte betretenes Schweigen, doch dann trat der Kämmerer vor, die Mütze in der Hand.

      »Herr Baron, wir sind gekommen, um Ihnen zu gratulieren und zu sagen, wie froh wir sind, daß nicht die anderen die Erben sind, daß wir dem Herrn Baron Treue auf Leben und Tod geloben«, stotterte er, und da glitt ein weiches Lächeln über die abgespannten Züge ihres Herrn.

      »Ich danke Ihnen und den andern allen«, sagte er sehr herzlich. »Und euer Vertrauen, das ihr mir, dem Fremden, entgegenbringt, will ich hoch und heilig halten. Ihr habt mit dem Tode eures geliebten Herrn, der allzeit wie ein Vater für euch gesorgt hat, unendlich viel verloren, ich weiß es. Und daher will ich versuchen, euch euren Herren ein wenig zu ersetzen.«

      Dann kamen die Beamten an die Reihe, die ebenso wie die Arbeiter unaufgefordert Treue gelobten, und für alle hatte der Baron ein warmes, herzliches Wort. Auch sie gingen zufrieden davon, und der Baron blieb mit den drei Herren, die im Zimmer auf ihn gewartet hatten, allein zurück.

      Sein Blick fiel auf den Sekretär, der seltsam bedrückt aussah. Er trat zu ihm und streckte ihm die Hand entgegen.

      »Sprechen Sie nicht, Herr Wieloff. Ich weiß, es fällt Ihnen schwer«, sagte der Baron sehr herzlich. »Ich weiß aus dem hinterlassenen Brief meines Onkels, was Sie ihm gewesen sind, und dasselbe sollten Sie mir werden. Er hat mir außerdem noch warm ans Herz gelegt, Sie gut zu behandeln. Und der Wunsch eines Toten soll dem Menschen heilig sein«, setzte er mit leichtem Lächeln hinzu.

      Der Sekretär nahm die feste Männerhand, die sich ihm da so herzlich entgegenstreckte. Die Blicke der beiden Männer ruhten ineinander.

      Da wußte Swen, daß er genau wie sein Onkel mit diesem Menschen einen Getreuen auf Leben und Tod gewonnen hatte.

      *

      »Papi, du bist ein böser Mann!« behauptete die kleine Ilsetraut, die in trotziger Haltung vor dem Vater stand, kurz und bündig. »Du hast deine Ilsetraut so lange allein gelassen, und nun mag sie dich nicht mehr«, erklärte sie, während in ihren Augen dicke Tränen funkelten und sich das Mündchen verdächtig nach allen Seiten hin verzog.

      »Hallo, mein kriegerisches kleines Mädchen, nur immer sachte!« lachte der Baron belustigt. »Du weißt doch, daß ein kleiner Trotzkopf nie etwas mitgebracht bekommt?«

      »Will auch gar nichts haben!« trotzte sie weiter. »Und – und du hast ja auch überhaupt nichts«, setzte sie vorsichtig hinzu.

      »Das kommt ganz auf einen Versuch an«, neckte der Vater. »Wollen wir mal in meinem Koffer nachsehen?«

      »Ach, was wird da schon sein?« fragte sie immer noch wegwerfend, aber doch schon ein klein wenig unsicher. »Schokolade?«

      »Viel was Schöneres.«

      »Dann Bonbons, die immer knistern,

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