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Endlich war in Constantin die Leidenschaft des Bauens – eine der stärksten, die es im Gemüte mächtiger Fürsten geben kann – offenbar gewaltig entwickelt. Es lässt sich kein solideres äusseres Symbol der Herrschergewalt denken als Gebäude von bedeutendem Charakter; ausserdem ist das Bauen selbst, mit massenhaften Kräften rasch gefördert, schon an sich ein Gleichnis des schaffenden Herrschens und für ruhige Zeiten ein Ersatz desselben. Vollends gilt eine neue Stadt für den Gründer als das Sinnbild einer neuen Welt.
Es gingen der neuen Gründung wunderbare Entschlüsse und Versuche voraus. Ausser Sardica hatte der Kaiser auch Thessalonich, dann Chalcedon, auf der asiatischen Seite des Bosporus, im Auge gehabt. Der erste feste Entschluss aber galt keiner andern Örtlichkeit als der Gegend des alten Troia, von wo einst durch Aeneas die Auswanderung nach Latium und mittelbar die Gründung Roms ausgegangen. Von historischer Sentimentalität darf hier nicht die Rede sein, bei Constantin so wenig als einst bei Caesar und bei Augustus, welche denselben Plan gehegt hatten812. Es kamen gewiss sehr bestimmte Gründe heidnischer Superstition in Betracht, über welche der Kaiser, wie oben bemerkt, keinesweges hinaus war. Ilion ist die heilige alte Heimat der Römer; durch irgendeinen Schicksalsspruch, den wir nicht mehr kennen813, waren sie angewiesen, den Sitz ihrer Herrschaft einst wieder dahin zu verlegen, von wo ihre Anfänge entstammten. Constantin begab sich814 in Person nach dem berühmten Gefilde, wo an den Grabhügeln der Helden Homers schon seit tausend Jahren geopfert wurde; beim Grab des Aiax, an der Stelle des griechischen Lagers, begann er selbst die Umrisse der künftigen Stadt zu zeichnen. Bereits waren die Tore gebaut, als ihm eines Nachts Gott erschien und ihn ermahnte, eine andere Stätte zu wählen; darauf entschloss er sich für Byzanz. Noch hundert Jahre später sahen die bei Troia Vorüberfahrenden vom Meere aus den Bau, den er unvollendet gelassen. – Wer in dieser Erzählung einen Kampf der heidnischen und der christlichen Umgebung des Kaisers erkennen will, dem kann man wenigstens nicht widersprechen. Es ist wohl denkbar, dass die Hofgeistlichen alle Mittel des Widerstandes in Bewegung setzten, als sich Constantin mit wesentlich heidnischen Zeremonien und Orakeln beschäftigte.
Aber auch bei der Gründung von Konstantinopel ging es ohne dergleichen nicht ab. Für die Adler, welche beim vorgeblichen Neubau von Chalcedon Meßschnüre oder Steinchen rauben und über den Bosporus nach Byzanz tragen, mögen sich Zonaras und Cedrenus verantworten; ähnlicher Art sind mehrere andere Züge, die nur das Bedürfnis der Zeitgenossen nach übermenschlichen Beziehungen grosser Ereignisse ausdrücken. Allein Constantin hätte schon der heidnischen Bevölkerung des Reiches wegen sich auf die Superstition einlassen müssen, und wahrscheinlich war er auch in seinem Innern durchaus nicht frei davon. Er selber spricht sich unbestimmt monotheistisch und dabei sehr geheimnisvoll aus: »Wir haben die Stadt auf Gottes Befehl mit einem ewigen Namen beschenkt815.« Welches ist dieser ewige Name? Wahrscheinlich nicht Constantinopolis, vielleicht nicht einmal Neurom (Νέα Ρώμη), sondern Flora oder Anthusa, die Blühende, welches auch der priesterliche Geheimname Roms war816. Der Gott aber, welcher diese Benennung befahl, war schwerlich der Christengott. Auch das Traumgesicht, womit spätere Chronisten den Kaiser beehren817 – ein zerlumptes Weib bittet ihn um Kleidung – hat durchaus keinen christlichen Charakter.
Die feierliche Grundlegung der westlichen Ringmauer fand statt818 den 4. November des ersten Jahres der 276. Olympiade, das heisst des Jahres 326, als die Sonne im Zeichen des Schützen stand, der Krebs aber die Stunde beherrschte. Kurz vorher war der Thronerbe, vielleicht auch schon die Kaiserin hingerichtet worden. Es war die Zeit, da Constantin sich mit dem Neuplatoniker Sopater (S. 440 f.) enge befreundet hatte, und diesen finden wir auch bei der Gründung als Telesten tätig819, das heisst er vollzog gewisse symbolische Handlungen, welche das Schicksal der neuen Stadt magisch sichern sollten. Ausser ihm wird auch ein Hierophant Praetextatus, wahrscheinlich ein römischer Pontifex, namhaft gemacht. Es ging später eine Sage820, unter der Porphyrsäule auf dem Forum von Konstantinopel, welche das Standbild des neuen Gründers trug, liege das Palladium, welches er insgeheim aus Rom weggenommen. Dies wäre ein wahres Telesma gewesen, dergleichen zur Abwendung von Plagen und Bannung des Glückes im Altertum so manche waren vollzogen worden; noch Apollonius von Tyana zum Beispiel hatte gerade in Byzanz821 durch solche Mittel dem Austreten des Flusses Lycus, den lästigen Flöhen und Mücken, dem Scheuwerden der Pferde und andern Übeln abgeholfen.
Diesmal handelte es sich aber für die Stadt des Byzas nicht mehr um solche Kleinigkeiten, sondern um das Weltschicksal, welches an diese Stätte gefesselt werden sollte. Die ältere Geschichte der Stadt, auf welche man jetzt mit gesteigertem Interesse hinblickte, die alten Mythen und Orakel, welche sich auf sie deuten liessen, alles schien voller Ahnungen einer grossen, der Erfüllung sich nähernden Zukunft. Noch durch das kräftige Aufraffen aus dem schweren Unglück unter Septimius Severus und Gallienus, namentlich durch die heldenmütige Verteidigung gegen den erstern hatte Byzanz die Augen der Welt auf sich gezogen; jetzt war es zu ihrer Herrscherin bestimmt.
Wir wollen es nicht versuchen, die alte oder die neue Stadt zu beschreiben; nur was für Constantin selber bei diesem grossen Unternehmen charakteristisch ist, darf hier in Kürze erwähnt werden.
Er selber bezeichnete, einen Speer in der Hand, den Lauf der Ringmauer. Eine Sage, die sich hier anschliesst822, ist vielleicht nicht ganz zu verwerfen; seine Begleiter fanden, er schreite zu weit aus, und einer wagte die Frage: »Wie weit noch, Herr?« – worauf er antwortete: »Bis der stehen bleibt, der vor mir her geht«, als sähe er ein überirdisches Wesen vor sich herwandeln. Es ist wohl möglich, dass er es für zweckmässig fand, wenn die andern solches glaubten oder zu glauben vorgaben. Ob die übrigen Zeremonien wirklich nichts anderes waren als eine Wiederholung der bei Roms Gründung vorgekommenen, wie sie Plutarch im eilften Kapitel des Romulus schildert823, mag dahingestellt bleiben. Vierthalb Jahre später, den 11. Mai 330, erfolgte unter abermaligen grossen Festlichkeiten824 und prächtigen Zirkusspielen die Einweihung des Neubaues und die Namengebung: Constantinopolis. Dass Constantin die Stadt der Gottesmutter Maria geweiht habe, ist entschieden eine spätere Erdichtung. Beim Lichte betrachtet, weihte er sie vor allem sich selber und seinem Ruhm. Es genügte ihm nicht, dass schon der Name, dass jeder Stein an ihn erinnerte, dass mehrere Prachtdenkmäler ihm ausdrücklich gewidmet waren; alljährlich am Einweihungstage sollte eine grosse vergoldete Statue, welche ihn vorstellte mit der Tyche, das heisst dem Schutzgenius der Stadt, auf der ausgestreckten rechten Hand, in feierlichem Fackelzuge durch den Zirkus gefahren werden, wobei der jeweilige Kaiser von seinem Sitz aufstehen und vor dem Bild Constantins und der Tyche sich niederwerfen musste825. Wer wollte es da den Leuten wehren, wenn auch die oben (S. 506) erwähnte Porphyrsäule mit dem Constantinskoloss allmählich einen gewissen Kultus erhielt, wenn man Lichter