Heimathafen Hellas. Andreas Deffner
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»Ich sag doch, der Retsína ist gewöhnungsbedürftig«, sagte Uschi und lachte. Um es vorweg zu nehmen: Einige Tage später schmeckte der geharzte Wein dann auch Finne und mir.
Perikles setzte sich an eine Ecke unseres Tisches. Er hatte einen kleinen weißen Block und einen blauen Kugelschreiber dabei. »Τι θα φάτε?« (ti tha fáte?), fragte er in die Runde. Was wollt ihr essen? Und dann zählte er auf, was seine Mutter heute gekocht hatte. Stefan übersetzte für uns. Eine Speisekarte gab es nicht. Man bestellte das, was es eben gab und auch ein Rundgang durch die Küche, um die Köpfe in die Töpfe zu stecken, sei völlig normal. An diesem Abend gab es Hühnchen in Tomatensoße, gefüllte Tomaten, Briam – ein Gemüseauflauf, Oktopus gekocht, gefüllte und überbackene Auberginen – so genannte Schühchen (παπουτσάκια – paputsákia), und Mousaká, der allseits bekannte Hackfleisch-Auberginenauflauf. »Außerdem gibt es manche Sachen, die es immer gibt, die frisch zubereitet werden«, sagte Stefan. »Patátes – frische handgeschnittene Pommes, Salate, Feta, gegrillte Koteletts und Souvláki-Spieße, Tzatzíki, Hackfleischbällchen, Kalamari und natürlich fangfrischen Fisch.« Mein ehemaliger Lehrer sah unsere überforderten Gesichter und bestellte daraufhin für uns alle gemeinsam, wie es sich in einer guten Paréa gehört. Wenig später brachte Perikles einen kleinen Teller nach dem anderen zu uns an den Tisch. Zwei Portionen Patátes, frittierte ganze Tintenfischchen, ein großer Bauernsalat, eine Portion Briám, ein Tellerchen Oliven, Tzatzíki, gefüllte Tomaten, Oktopus und dazu einen Korb mit einem halben angeschnittenen frischen Weißbrot mit Sesamkörnern. Der Duft der Speisen, der traumhafte Ausblick auf die im Mondlicht erstrahlende Bucht von Toló und die Atmosphäre auf der Terrasse waren berauschend. Zwischen den vielen kleinen Tellern, die Perikles zu uns brachte, hatte er immer wieder Gelegenheit, an den anderen Tischen mit den jungen weiblichen Gästen zu flirten oder mit älteren Damen zu kokettieren.
An diesem Abend probierte ich zum ersten Mal in meinem Leben Oktopus. Der Anblick des ganzen Beines mit seinen zahlreichen Saugnäpfen daran, war aufregend. Als ich den ersten Happen zum Mund führte, kostete es mich eine gewisse Überwindung, doch als ich in das zarte, feste Fleisch biss, war ich urplötzlich zu einem begeisterten Oktopus-Esser geworden. Es schmeckte traumhaft. Stefan bestellte noch das eine oder andere halbe Kilo Wein – Wein wird in Griechenland nach Kilo geordert – und wir genossen jeden Happen und unsere langen Gespräche über das Land der Hellenen. Und auch darüber, wie es eigentlich Stefan nach Toló verschlagen hatte: Als er 17 Jahre alt war, verbrachte er zusammen mit seiner Mutter einen Sommerurlaub in Griechenland. Mit dem Auto fuhren sie viel umher, besuchten archäologische Stätten und auch ein Besuch im Theater von Epidaurus sollte natürlich nicht fehlen. An einem Wochenende wollten sie sich eine Theateraufführung dort ansehen. Zu dieser Zeit musste man die Eintrittskarten für die Abendveranstaltungen bereits am Mittag lösen, was Stefan und seine Mutter dann auch taten. Nach dem Erwerb der Tickets verblieben ihnen noch reichlich Stunden Zeit bis zur Aufführung und so beschlossen sie, irgendwo im Meer zu baden. Von Toló hatte ihnen einmal irgendjemand erzählt, und da es nicht weit war, fuhren sie in den damals kleinen Fischerort. Sie landeten direkt in der Taverne von Aristidis Niotis. Sie badeten vor der Terrasse im Meer, aßen anschließend lecker zu Mittag und als sie sich noch salzig vom Bad im Meer wieder in die Kleidung zwängen wollten, bot ihnen Aristidis spontan an, die Duschen über der Taverne zu benutzen, die eigentlich für die Übernachtungsgäste da waren. Wenn Aristides jemanden sympathisch fand, dann erlaubte er ihm oder ihr fast alles und seine Gastfreundschaft kannte keine Grenzen. Aber auch das genaue Gegenteil konnte der Fall sein. Wenn ihm nämlich jemand gar nicht gefiel, dann konnte es sogar vorkommen, dass derjenige nicht einmal etwas zu essen bekam. Wenn dann in der Küche die Töpfe voll waren und der Grillduft nach außen drang, sagte Aristides einfach in stoischer Ruhe: »Tut mir leid, aber es ist alles für morgen vorbestellt.«
Wir waren heilfroh, dass Aristides auch uns scheinbar gut leiden konnte. Weit nach Mitternacht fielen wir todmüde und wohlig-satt in unsere Betten.
Souvláki-Píta Σουβλάκι με πίτα
Zutaten:
200 g Schweinegulasch, 1 Zwiebel in Ringe geschnitten, 4 Kartoffeln, Salz, Pfeffer, 1 TL Thymian, 1 TL Oregano, Saft von ½ Zitrone, Senf, Ketchup, 4 Salatblätter, 1 EL gehackte Petersilie, 4 große Pitabrote, 1 Tasse Olivenöl, Holz- oder Metallspieße, Grill, Backpapier oder Butterbrotpapier
Zubereitung:
In einer Schüssel Schweinefleisch mit etwas Zitronensaft, Salz, Pfeffer und der Hälfte des Thymians und Oreganos mischen und leicht marinieren lassen. Fleischstücke auf 4 Spieße stecken und auf dem Grill von allen Seiten grillen. Warm halten. Pita von beiden Seiten fertig grillen.
Zwiebeln mit etwas Zitronensaft und Petersilie mischen und beiseitestellen. In einer kleinen Schüssel den übrigen Thymian, Oregano, Salz und Pfeffer mischen und als Würzmischung bereithalten.
Kartoffeln schälen, zu Pommes Frites schneiden und abtrocknen. In einem tiefen Topf das Olivenöl erhitzen und die Pommes Frites gold-gelb backen. Auf Küchenpapier abtropfen lassen und mit der Würzmischung salzen.
Je eine gegrillte Pita auf Backpapier legen und mit einem Souvláki belegen. Dabei den Spieß entfernen. Mit den vorbereiteten Zutaten garnieren: Salatblatt, Zwiebeln, Pommes, Senf, Ketchup und mit der Würzmischung salzen. Pita mit Hilfe des Backpapiers fest umwickeln, so dass eine runde Tasche entsteht. Backpapier zur Hälfte einreißen, die Souvláki-Pita auf einen Teller setzen, restliche Pommes und Zutaten auf dem Teller anrichten und servieren.
Tipp:
Das Backpapier dient zum Halten, man schiebt das Papier immer wieder nach unten um mit dem Mund an den Inhalt zu gelangen. Bei den »Psistaríes« bekommt man Souvláki me Pita oder Souvláki me psomáki (Souvláki mit Brötchen). Sollten Sie keine Pita parat haben, bereiten Sie die Souvláki in länglichen weichen Brötchen. Reichen Sie Tsatzíki oder Chtipití dazu. Mit einem Glas kalten Retsína ist das Essen und das Gefühl in Griechenland zu sein perfekt.
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ATHEN – TOLÓ MIT KTEL & CO.
Im Biotop der legendären Überlandbusse
Im Herbst 1993, nur wenige Wochen nachdem wir von unserem ersten Griechenlandurlaub zurückgekehrt waren, verspürte ich eine grenzenlose Lust, auch im folgenden Jahr wieder nach Toló zu reisen. Als ich in die konkretere Ferienplanung einstieg, musste ich entsetzt feststellen, dass keiner meiner Freunde im September 1994 Zeit hatte, zu verreisen. Ich hingegen konnte nur genau in diesem Monat. Enttäuscht überlegte ich lange hin und her. Als 19-Jähriger verreist so mancher ungern allein. Für mich wäre es zudem das erste Mal gewesen. Doch da mich das Toló-Fieber bereits gepackt hatte, fragte ich Stefan, ob er Perikles anrufen und fragen könne, ob er für drei Wochen ein Zimmer für mich hätte. »Selbstverständlich«, war die Antwort, und so buchte ich mir einen Flug nach Athen. Noch nie zuvor war ich in der griechischen Hauptstadt gewesen, aber ich verließ mich wieder einmal auf Stefans Anreise-Tipps. Diesmal hatte mir mein ehemaliger Lehrer nicht einmal einen Zettel zugesteckt. In Gedanken ging ich mehrmals durch, was er mir geraten hatte: Ich sollte vom Flughafen den Bus in Richtung Stadtzentrum nehmen. Am Omónia-Platz würde irgendwo ein Bus zum Peloponnes-Busbahnhof abfahren, von wo ich dann mit dem Überlandbus der KTEL nach Náfplion fahren sollte. Von Náfplion, der ersten Hauptstadt Griechenlands, führe dann schließlich ein Bus nach Toló.
Das