Der Tod in der Salzwiese. Sibyl Quinke

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Der Tod in der Salzwiese - Sibyl Quinke Krimi

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die Gäste auch anlehnen, was nach einigem Bier- und Schnapskonsum hilfreich sein konnte.

      Ja, das sah alles so aus, dass, wenn der Abend fortgeschritten war, man mehrreihig vor dem Tresen stand und sich zuprostete. Deti, der Wirt, lud die Neuankömmlinge ein, es sich gemütlich zu machen. Lilli und Bresniak fanden einen Platz und bestellten sich ein Pils. Lilli schaute sich um. Gleich neben dem Eingang war eine Aussparung, fast ein Erker, in dem der einzige runde Tisch seinen Platz fand. Wahrscheinlich der Ort, an dem die Stammtischdiskussionen regelmäßig stattfanden, ging es ihr durch den Kopf.

      Bresniak nahm sein Bier, das der Wirt ihm inzwischen mit einem Prosit vor ihn hingestellt hatte, und schlenderte den schmalen Gang entlang bis an das Ende der Bar. Dabei warf er einen Blick auf die nautischen Devotionalien, die an der Wand hingen: Kompass, Fernrohr, Barometer und ähnliche Dinge, alles aus Messing, das an eine Zeit erinnern sollte, als hier noch Seeleute lebten, oder besser gesagt deren Familien, die wochen- oder monatelang auf die Rückkehr ihrer Männer warteten. Der Raum erweiterte sich und führte links um die Ecke in einen Raum, in dem Einheimische dabei waren, an Spielautomaten ihr Glück zu versuchen. War einer der Automaten gerade nicht in Gebrauch, forderte ein Pling die Umstehenden auf, ihr Spiel erneut zu versuchen.

      Deti, genauer Detlef, breitschultrig, ein ganzer Mann, der gerade so hinter seinen Tresen passte, polierte Gläser und prüfte mit seinen grauen Augen, ob auch keine Schlieren mehr den Glanz störten. Ihm schien sein Job Spaß zu machen. Er war akzeptiert bei den Einheimischen, obwohl er aus dem Münsterland stammte. Lilli beobachtete den Wirt bei seinen Aktionen. Währenddessen gesellte sich ein Mann zu ihr. Er sah aus, wie man sich Seebären vorstellt: groß, kräftig und breitschultrig. Seine weißen Haare hatte er kurz geschoren und sein Schnurrbart setzte einen harmonischen Akzent in sein sonst bronzefarbenes Gesicht. Seine Jeans und sein dunkelblaues Shirt vermischten sich mit dem Dunkel des Raumes, in den nur wenig Licht hineinschien. Die Fenster, die zwar an der Straßenfront verliefen, waren von innen verschlossen und in die Verkleidung der Inneneinrichtung integriert.

      »Moin, wo kommt ihr denn her?«, begann er das Gespräch mit Lilli, die sich gerne darauf einließ, denn das war eine Möglichkeit, Inselinterna zu erfahren. Lilli schaute ihn mit ihren bernsteinfarbenen Augen an. Sie wusste, welche Wirkung sie damit beim männlichen Geschlecht erzielte. Sie erzählte, woher sie kamen und dass sie Urlaub machten – keine spektakuläre Geschichte für eine Ferieninsel.

      »Sagen Sie mal, was ist denn hier auf einmal los? Es scheint, als wenn die Insulaner total aufgeregt sind. Was war das denn für eine Leiche, die die hier aus dem Wasser gefischt haben?«, fragte Lilli ihre neue Bekanntschaft.

      »Jo, Deern, da kann ich dir was sagen, die erzählen hier schon, Jack the Ripper ist auf die Insel geschwappt worden.«

      »Der Tote war ein Mann?«, fragte Lilli neugierig, wohlwissend, dass die Rechtsmedizin noch keine DNA nachgewiesen hatte.

      »Kennen Sie nicht Jack the Ripper, der im 19. Jahrhundert in London sein Unwesen getrieben hat? Der soll seinen Wohnsitz hierher verlegt haben«, grinste der Seebär.

      »Ja, doch …?«

      »Das hier ist Töwerland, da passieren manchmal Dinge, die es woanders nicht gibt, und da wird geunkt, dieser Jack the Ripper sei auf die Insel gekommen und sticht Frauen ab, auf unserer Insel, wo nie etwas passiert, außer wenn sich mal einer ein paar Schnäpse zu viel hinter die Binde gekippt hat und dann eher torkelnd meint, eine Schlägerei anfangen zu müssen.«

      »Dann ist es eher ein Opfer dieses Engländers? – Wo findet man diesen Jack?«, versuchte Lilli mit neugierigen Fragen den Einheimischen weitererzählen zu lassen.

      »Wenn man das wüsste, hätte die Polizei hier nichts mehr zu tun.«

      »Was waren das für Frauen, die der auf seiner Liste hat?«

      »Alle von unserem schönen Töwerland.«

      »Muss ich mir da Sorgen machen? Welche Sorte verfolgt er denn besonders gerne? Was wird denn so erzählt?« Lilli blickte ihn dabei mit großen Augen an.

      »Na, so hübsche Frauen wie Sie sollten sich in Acht nehmen – nicht nur wegen Jack. Aber Sie haben ja einen Beschützer dabei«, und er wies mit einer Kopfbewegung in Richtung Hinterzimmer, wohin sich Bresniak zurückgezogen hatte. Der Kommissar hatte sehr rasch gemerkt, dass dieser alte Insulaner – er machte den Eindruck eines Alteingesessenen – bereitwillig Lilli das ein oder andere erzählen würde und dass in seinem Beisein diese Quelle sehr rasch versiegen würde. Genug hatten sie sich über den Fall schon unterhalten, dass Bresniak ernsthaft hoffen konnte, dass Lilli die richtigen Fragen stellen würde.

      »Ja, gut. Aber ich kann meinen Schutzgeist ja nicht überall mit hinschleppen, außerdem hat er manchmal andere Interessen als ich. – Wenn ich dann alleine unterwegs bin, wo sollte ich mich auf gar keinen Fall aufhalten?«

      »Im Zauberwald, da haben sie vor ein paar Hundert Jahren schon einmal angebliche Hexen verbrannt. Sie wissen ja: Hexen waren oft besonders schöne Frauen, die die Männer verzaubert haben …, wenn ich Sie mir so betrachte, könnten Sie gut eine Hexe sein.«

      »Ne, jetzt mal im Ernst. Vermissen Sie hier auf der Insel nicht eine Frau?«

      »Eine? Wir vermissen einige Frauen, nicht wahr Deti?«, zog er den Kneipenwirt mit in das Gespräch, »wir könnten es schon vertragen, wenn wir von Frauen umschwärmt werden.«

      »Lass mal gut sein, mit deiner Anmache vertreibst du mir hier noch Gäste. Nicht jeder hört dich gerne so schnacken«, entgegnete der Wirt, und der gerade Angesprochene zog eine Flunsch. Er griff nach seinem Glas, leerte es in einem Zug und schob es Deti erneut hin, der die Aufforderung verstand und ihm einen erneuten Klaren einschenkte.

      »Also, dem Vries ist die Frau weggelaufen. Seitdem sitzt er jeden Abend in einer anderen Kneipe und lässt sich volllaufen.«

      »Weggelaufen? Wohin kann man denn hier auf der Insel weglaufen? Außer ins Meer natürlich.«

      »Das Schlimmste wäre, wenn sie nach Norderney ausgebüxt wäre! Sie müssen wissen, die Bewohner von Juist und Norderney lieben sich wie die Kölner und die Düsseldorfer. – Nein, es wird gemunkelt, sie sei nach Deutschland gefahren und nicht wiedergekommen.«

      »Davon wird man aber nicht in Teilstücken hier an Land gespült.«

      »Was erzählst du da für ein Zeug?«, mischte sich Deti wieder ein, »lass doch die Geschichten ruhen. Der arme Vries, der hat mit sich genug zu tun.«

      »Jetzt haben Sie mich aber endgültig neugierig gemacht. Bitte, erzählen Sie weiter. Sie können leise sprechen, dann hört der Wirt es nicht.« Dabei rückte Lilli etwas näher an ihren Gesprächspartner heran und animierte ihn so, weiterzuerzählen.

      »Die Krista, die Frau von dem Vries, die ist immer wieder nach Deutschland gefahren. Sie wissen, das geht oft nur einmal pro Tag und nur mit Übernachtung.«

      »Was hat die da gewollt?«

      »Die hat das Bridge-Spielen für sich entdeckt. Entweder hat sie Lehrgänge besucht – wieso man zum Kartenspielen einen Lehrgang besuchen muss, ist mir schleierhaft oder sie hat … nun ja, was auch immer …. Wenn einer mal die Regeln erklärt hat, sollte man das doch spielen können. Aber sie hat immer wieder behauptet, das sei kompliziert, da bräuchte man Unterricht, und dann hat sie an Turnieren teilgenommen. Immer wieder fuhr sie zu einem Clubturnier, wie sie das nannte. Ich glaube, da ist sie eines Tages nicht mehr wiedergekommen, aber das kann der Vries natürlich nicht zugeben, dass sie ihm weggelaufen ist.«

      »Hat

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