Der Tod in der Salzwiese. Sibyl Quinke

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Der Tod in der Salzwiese - Sibyl Quinke Krimi

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seinen Gästen zurück. »Ich komme da nicht hin.« Allerdings vibrierte seine Stimme und sein Gesicht war aschfahl, fast ein wenig grün geworden. Seine Hände zitterten, er konnte es nicht verbergen. Lilli, die die ein oder andere Mordgeschichte von Bresniak her kannte und zudem sehr gute Augen hatte, gab sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden.

      »Jens, das ist ein Arm von einem Menschen. Da beißt die Maus keinen Faden ab, und das haben Sie auch gesehen, sonst würden Sie jetzt nicht so zittern.« Lilli hatte es kaum ausgesprochen, als Jens’ Beine nachgaben und ihn zusammensacken ließen. Es half nichts. Sie mussten ihn auf dem ganz kleinen Stück Boden hinlegen, das die ehemalige Eisenbahnlinie ihnen zur Verfügung stellte. Lilli zog ihr Handy heraus und wählte die 112.

      Die Notrufzentrale meldete sich.

      »Bitte kommen Sie. Wir haben einen kollabierten Mann hier und einen Arm.«

      »Bitte noch einmal, Sie haben einen kollabierten Mann am Arm? Es ist ihr Gatte?«

      »Nein, wir sind eine Gruppe. Einer ist kollabiert und anderen ist auch schlecht, wir brauchen Hilfe. Außerdem haben wir einen Arm gefunden, oder es sieht aus wie ein Arm von einem Menschen. Bitte schicken Sie Hilfe.«

      »Gut, wo sind Sie?«

      »Wir sind in den Salzwiesen gleich direkt hier vorne.«

      »Bleiben Sie bitte, wo Sie sind. Wir kümmern uns.«

      Jens war inzwischen wieder zu sich gekommen. Einer der Gäste packte aus seinem Rucksack eine Jacke aus und legte sie in seinen Nacken. Jens wehrte sich, aber Lilli verbot ihm, aufzustehen, in einem Ton, den man einer solch zierlichen Person nicht zugetraut hätte und der keinen Widerspruch erlaubte.

      »Sie bleiben noch eine Viertelstunde liegen. Dann dürfen Sie wieder aufstehen, sonst klappen Sie uns gleich wieder zusammen. Hilfe kommt gleich. Es ist allemal besser, wenn Sie dann das Stück selbstständig wieder zurücklaufen können, als wenn die Sanitäter hier mit einer Liege durch dieses Moor, oder was das auch ist, stiefeln müssen.«

      Jens ließ sich gerne überreden, denn ihm war es alles andere als wohl und ihm war es nur recht, dass eine andere Person das Kommando übernommen hatte. Die anderen Teilnehmer der Salzwiesenexpedition wussten nicht so recht, was sie nun tun sollten. Einerseits war es ein Ausflug, den sie in dieser Form nicht wieder erleben würden, andererseits passierte weiter nichts. Sie warteten nur. Lilli befürchtete, dass ihr Eindruck, dass das angeschwemmte Strandgut wirklich ein menschlicher Arm war, stimmte. Sicherheitshalber wählte sie die Nummer von Bresniak. Sie wollte die örtliche Polizei soweit unterstützen, indem sie vor Ort möglichst alles richtig machte. Wie oft hatte sie ihn fluchen hören, dass selbst ernannte Detektive schon einmal mit dem Ermitteln begannen und die Polizei nachher die Leidtragenden waren, wenn sie Spuren von veränderten Gegebenheiten unterscheiden mussten. Sie erreichte ihn, denn – Macht der Gewohnheit – auch bei seinen Läufen trug er sein Handy immer bei sich. Lilli hatte ihm empfohlen, sich der Erholung ganz hinzugegeben, dazu gehörte auch, dass er sein Handy ausschalten und im Zimmer deponieren sollte. Aber Bresniak konnte nicht anders. Er hatte es in seiner Hosentasche.

      »Charly, ich brauche dich!«

      »Wirklich? Das glaube ich nicht. Du bist so tough. Aber es ist schön, dich zu hören. Was gibt es denn so Wichtiges, was nicht warten kann?«

      Lilli schilderte ihm, was sich in den Salzwiesen zugetragen hatte. Das war nichts, womit Bresniak hier auf der Insel gerechnet hätte. Hier, wo alles so einen friedlichen und ausgeglichenen Eindruck machte. Hatte Frau Extra ihnen nicht gesagt: »Hier kann die Tür ruhig offen bleiben, hier passiert nichts!«? Und jetzt eine tote Hand mit Arm! Lilli unterbrach seine Gedanken: »Charly, bitte mach was …«, mit dem Nachsatz: »… wozu habe ich dich?«, was ein Schmunzeln in sein Gesicht zauberte.

      Bresniak war natürlich die Struktur des Polizeiapparates bekannt. Schließlich war er lange genug im Dienst im Allgemeinen und in der Mordkommission im Besonderen. Ein Kommissariat für Kapitalverbrechen konnte er sich auf dieser Insel nicht vorstellen, gerade einmal 1 700 Einheimische und bis zu 15 000 Feriengäste pro Jahr.

      Wer sollte hier wen umbringen wollen? Die Einwohner, da kannte jeder jeden, und die Feriengäste, die wollten sich erholen und dann das Eiland wieder verlassen – oder hatte ein anderes Paar sich auch nicht wirklich auf ein Ferienziel einigen können, wie er und seine Lilli, und hatten das martialisch gelöst?

      Er schob seine nicht ganz ernsten Spekulationen zur Seite. Er befand sich gerade auf dem Deich, dessen Durchbruch den Zugang zum Hafen gewährleistete.

      Nicht weit von hier befand sich die Polizeistation, die er aus Neugierde schon einmal bei seiner Joggingtour umrundet hatte. In Juist liegt alles sehr nah beieinander, sodass er sich nach wenigen Minuten vor deren Eingang vorfand. Der ansässige Polizeikommissar war gerade dabei, die Tür zu schließen.

      »Hallo, Kollege, schwer was los hier auf der Insel?«

      »Wieso?«

      »Leiche in der Salzwiese?«

      »Sind Sie einer unserer Krimiautoren, die im September zum Krimifestival die Insel bevölkern? Seit unser Buchhändler da so aktiv ist, haben wir es hier immer wieder mit merkwürdigen Todesfällen zu tun.«

      »Nein, nein, mir ist es ernst. Müssen Sie nicht in die Salzwiesen?«

      »Was soll ich da?«

      Weine, der ansässige Leiter der Polizeistation, reagierte unwirsch auf die Unterbrechung seines Tagesablaufes. Natürlich mussten sich die Kommissare nach den Ereignissen richten, die einen polizeilichen Einsatz erforderten, aber Weine war nicht nur hier auf der Insel stationiert, weil er auch ein Original-Insulaner war, sondern auch, weil er einen geregelten Tagesablauf liebte. Dieser war auf dem Eiland fast garantiert. Seine Einwohner, die wussten, wann sie ihn zu rufen hatten, und wenn es eine Auseinandersetzung in einer Kneipe gab, zu der er gerufen wurde, konnte er schon mal mit einer lapidaren Antwort reagieren wie: »Das werdet ihr doch selbst geregelt kriegen.«

      Er war nicht der Typ, der sich so rasch aus der Ruhe bringen ließ. Und jetzt kam so ein aufgebrachter Jogger, um sich wichtig zu machen. So etwas konnte er gar nicht leiden. Und dann sprach er ihn auch noch als Kollege an; was für eine plumpe Anmache. Allerdings musste er auf ihn eingehen. Wenn sich dieser Tourist an oberer Stelle beschweren würde – nein, auf die internen Gespräche, die das nach sich ziehen würde, hatte er überhaupt keine Lust. »Hören Sie, meine Frau hat das Mittagessen auf dem Tisch stehen, die mag Unpünktlichkeit nicht. Die sagt: Das Essen kommt nur einmal am Tag warm auf den Tisch. Kommen Sie heute Nachmittag wieder, dann können wir über Ihre Todesfälle auf Juist reden.« Für Weine war damit das Gespräch beendet.

      Bresniak hingegen war es jetzt klar, dass die Meldung, die ihm Lilli gerade gemacht hatte, nicht den Weg in diese Polizeistation gefunden hatte. Aber warum sollte er an ihrer Nachricht zweifeln? Er stellte sich als Kriminalhauptkommissar der Wuppertaler Mordkommission vor und berichtete von dem Anruf seiner Freundin. »Wenn Sie jetzt das Gebäude abschließen, wie erreicht man Sie hier?«

      Der Polizeikommissar deutete auf einen Zettel, der an der Tür klebte: »Da ist eine Handy-Nummer. Da kann man mich erreichen.«

      »Sind Sie alleine hier?«

      »Nein, im Sommer habe ich noch Unterstützung von einem Kollegen aus Deutschland. Aber wir sitzen natürlich nicht ständig hier auf der Wache.«

      »Meine Freundin hat mit

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