Ich schenke dir den Tod. Ralf Gebhardt

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Ich schenke dir den Tod - Ralf Gebhardt Krimi

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die Melodie, Highway to Hell, zu stoppen. Dabei war es der Hitze wegen ohnehin ein sehr ruheloser Schlaf gewesen. Draußen herrschten hochsommerliche Temperaturen, auch wenn es noch nicht einmal Pfingsten war.

      Erst konnte er am Abend kaum einschlafen und dann hatte er sich nur unruhig hin und her gewälzt, wirres Zeug geträumt und war schließlich vom Telefonklingeln erlöst worden. Das Handy lag neben einer leeren Flasche auf der Schreibtischecke. Nein, ein Trinker war er gewiss nicht, aber er liebte das Samstagabend-Bier vor dem Fernseher, seine Ruhe, das Alleinsein. Niemand, der ihm sagte, was er zu tun oder zu lassen hatte. Keiner, der ihn von A nach B schickte und über seinen Tagesablauf bestimmte. Es war Sonntag, somit hatte Kriminalhauptkommissar Richard Störmer heute frei, eigentlich.

      Die Nummer auf dem Display jedoch verriet nichts Gutes.

      »Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd, Halle, guten Morgen, Herr Störmer.«

      »Morgen.«

      »Entschuldigen Sie, aber im Mansfelder Land wurden in einem Waldstück die Überreste einer Leiche gefunden. Die genauen Daten zum Fundort sende ich Ihnen gleich auf Ihr Handy. Ein Beamter wartet vor Ort auf Sie.«

      »… weil …«

      »Hm, Sie ahnen es, es ist von Fremdverschulden auszugehen. Es ist uns sowieso lieber, wenn gleich jemand dabei ist, na, Sie wissen schon …«

      Kriminalhauptkommissar Richard Störmer war es in diesem Moment fast egal, ob Spuren aus Sorglosigkeit verwischt oder beschädigt wurden. Fakt war allein, dass es wieder jemandem gelungen war, über ihn zu bestimmen.

      »Okay, rufen Sie ein Team der Spurensicherung, ich komme. In einer halben Stunde bin ich unterwegs.«

      »Danke Ihnen, gute Fahrt und viel Erfolg.«

      Die Antwort blieb er schuldig, sein Fluch ging in ein Brummen über, nachdem er aufgelegt hatte. Trotzdem nahm Störmer sich Zeit, um zu duschen. Dann also auf ins Mansfelder Land.

      Störmer warf einen Blick auf die angekündigte SMS, griff seine kleine Kühltasche für die obligatorische Cola und fingerte die Autoschlüssel vom Haken. Behutsam zog er die Tür ins Schloss. Seine Laune hatte sich längst gebessert. Zum Glück wusste niemand, dass er eigentlich gar nichts für diesen Tag vorgehabt hatte.

      Während der Autofahrt versank er in Gedanken. Die morgendlichen Straßen waren nahezu leer. Ab und zu dämpfte eine vorüberziehende Wolke das tiefgelbe Sonnenlicht. Das Thermometer zeigte bereits über zwanzig Grad. Die Kurznachrichten des mitteldeutschen Inforadios hatten ihn mit allem versorgt, was er wissen musste. Ansonsten genoss er die Stille der voraussichtlich gut einstündigen Fahrt und mied die monotone, zweispurige B 80. Er nahm lieber die kurvige Nebenstrecke, die Straße »über die Dörfer«.

      Wehmütig dachte er an seine letzten Touren mit dem Motorrad zurück. Endlos lange schien das her zu sein. Mehr als ein guter Grund, das Bike bei nächster Gelegenheit wieder aus der Garage zu holen. Der regnerische Winter war in diesem Jahr außergewöhnlich lang gewesen. Außer einigen kurzen Einführungsrunden zum Saisonstart hatte Störmer kaum Straße unter die zwei Räder bekommen. Das musste sich unbedingt ändern! Schließlich war bald Pfingsten. Und damit lag ein hoffentlich arbeitsfreies Wochenende vor ihm und somit die Gelegenheit für eine längere Ausfahrt.

      Die Automatik des silbergrauen Dienstwagens legte für ihn stets den richtigen Gang ein. Störmer schätzte das sehr, seiner Meinung nach war der Daimler mit seinen Bequemlichkeiten genauso solide und zurückhaltend wie er selbst. Umso leichter, sich auf die Landschaft zu konzentrieren, auf die scheinbare Trostlosigkeit des Mansfelder Lands. Brachen inmitten riesiger Schlacke- und Abraumhalden, von der Jugend verlassene Orte mit deutlich sichtbarem sozialen Abstieg. Überall waren Reste früheren Bergbaus zu sehen. Ansonsten Feld an Feld, deren graubraunes Getreide mit dem Alter der Traktoren zu wetteifern schien. Gekrönt wurde die mitteldeutsche Armut durch den Abgasgestank von Autos aus der Vorwendezeit. Gelegentlich gesellte sich schwarzer und dicker Qualm historischer Dampfloks dazu. Der bergige Vorharz war bereits zu erahnen. Wenn der Wind wehte, brachte er den Staub der Schieferberge und einstigen Hüttenbetriebe in die Wäscheleinen der Dörfer. Störmer musste schmunzeln, denn er mochte die Gegend. Er freute sich, hier zu ermitteln, und auf die Aussicht einer bodenständigen, regionalen Bergarbeiterküche.

      Die viel zu seltenen Fahrten hierher empfand er wie eine kleine Zeitreise. Schließlich war er hier aufgewachsen. Für ihn fühlte es sich an, als käme er nach Hause. Seine Stimmung wurde besser, ohne dass er es zugegeben hätte.

      Direkt hinter Halle waren nur wenige Windräder zu sehen. Dann wurden es mehr. Wenn sie sich über den Waldrändern drehten, sah es aus, als zerhackten sie die Landschaft in gleichmäßige Stücke. Auch wenn sich die Rotoren langsam bewegten, so überholte ihr Schatten doch gelegentlich die Autofahrer.

      Daneben fielen die zahlreichen Rapsfelder auf. An vielen Stellen auf der linken Seite war alles komplett gelb. Es schien deshalb so, als würde das linke Auge mehr Farbe vertragen müssen. Irgendwann wechselte dann das Sonnenbrillenlicht wieder ins fast ausschließlich Grüne. Er kam Mansfeld näher. Es war an der Zeit, intensiver über die bevorstehende Arbeit nachzudenken und den Kollegen vor Ort über seine Ankunft zu informieren.

      Die Temperatur war hier im Vergleich zu der von Halle immer um zwei bis drei Grad kälter. Eigentlich war das ungerecht, zumindest früher, da mussten die armen Leute auf dem Land länger warten, bis ihre Ernte reif war. Heute spielte das sicherlich keine große Rolle mehr.

      Der Kriminalhauptkommissar drückte die Wahlwiederholungstaste. Vorhin war besetzt gewesen. Nun kam er sofort durch, kaum, dass er ein Rufzeichen gehört hatte.

      »Siebenhühner.«

      »Ah, guten Morgen, grüß Sie, Herr Kollege, hier ist Störmer, Halle. Ich bin in gut zehn Minuten bei Ihnen. Sind Sie noch in der Siedlung?«

      Die Pause bis zu Antwort erschien länger als erforderlich.

      »Schön, dass Sie endlich da sind, Kollege Störmer.« Die Stimme klang gereizt. »Selbstverständlich bin ich am Fundort. Bitte fahren Sie im Ort einfach geradeaus über die Hauptstraße und biegen Sie am Ortsausgangsschild rechts ab. Wenn die geteerte Straße endet, sehen Sie den Sportplatz. Aber seien Sie vorsichtig, damit Sie auf dem Waldweg nicht mit dem Unterboden aufsetzen.«

      Nun ließ sich auch Störmer mit der Antwort bewusst mehr Zeit. Er musste schmunzeln.

      »Danke, Kollege Siebenhühner, lassen Sie ruhig, ich kenne mich hier aus, nochmals danke, bis gleich.«

      In der Zwischenzeit war er schon fast an der Kreuzung angelangt, die er geradewegs passieren sollte. Hinter ihm lag Eisleben, rechts Hettstedt und links Sangerhausen, alles ehemalige DDR-Kreisstädte, jeweils 15 Kilometer entfernt. Das Dorf befand sich als Verkehrsknotenpunkt mitten darin. Den Einwohnern verdarb der Schwerlastverkehr gehörig die Laune. Selbst Störmer brauchte mehrere Minuten, ehe er die Chance hatte, die Hauptstraße zu überqueren.

      Er passierte den Eingang zum alten Steinbruch. Störmer öffnete die beiden vorderen Fenster und atmete tief ein. Würde der Fund, der ihn gleich erwartete, sein neuer Fall werden?

      Vor den rot-weißen Absperrbändern stoppte er seinen Wagen. Es dauerte einen Moment, bis sich der Staub gesetzt hatte. Da sah er auch schon Siebenhühner, der im Schatten eines Baumes lehnte.

      »Guten Morgen noch mal.«

      Siebenhühner drehte sich sehr langsam zu ihm um und gab ihm die Hand.

      Störmers Blick

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