Aelia, die Kämpferin. Marion Johanning

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Aelia, die Kämpferin - Marion Johanning

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riefen die Zuschauer, einige Frauen kreischten auf.

      Aelias Blut kochte. Sie bemerkte Eghilds Erstaunen, sah, wie das Schwert einen Atemzug lang unschlüssig zuckte, als wollte es sich bei seiner Herrin beklagen, dass es sein Ziel verfehlt hatte, und ahnte bereits Eghilds nächste Bewegung.

      Aelia schlug das Schwert ihrer Gegnerin mit dem Schild beiseite und sprang auf sie zu. Nun war sie ihr so nahe, dass Eghild das Schwert nicht mehr gegen sie richten konnte, und sie begriff, dass dies eine Chance war, ein Wink der Götter, ihre letzte Möglichkeit, Eghild zu töten, bevor sie selbst getötet wurde. Noch ehe Eghild ­etwas unternehmen konnte, um das Schwert gegen sie zu führen, noch ehe sie überhaupt begriff, was ihr geschah, führte Aelia einen punktgenauen, steinharten Faustschlag gegen Eghilds Schläfe.

      Ohne einen Ton, still wie die schwindende Nacht, sank Eghild nieder und blieb reglos auf den Steinfliesen des Beckens liegen. Ihr Schwert klirrte neben ihr zu Boden.

      Aelia, die damit rechnete, dass ihre Gegnerin sich jeden Augenblick erholte und wieder aufstand, nahm ihr das Schwert aus der schlaffen Hand, ehe sie keuchend mit auf Eghilds Hals gerichteter Schwertspitze stehen blieb.

      Still war es im Badesaal. Niemand sagte etwas, keine Rufe ertönten, kein Beifall erklang. Alle starrten auf die reglose Gestalt im Becken hinunter, die sie als ihren Tag erkoren hatten und die doch besiegt worden war.

      Endlich erklang aus einer Ecke ein Räuspern. »Verehrte Zuschauer!«, ließ sich die Stimme des Ausrufers vernehmen. »Der Tag hat die Nacht besiegt. Feiern wir den Sieg des Lichts über die Finsternis!«

      Er hustete verlegen, offenbar hatte er nicht mit einem solchen Ausgang des Kampfes gerechnet und war entsprechend unvorbereitet. Im Publikum tat sich nichts. Niemand wollte in Aelia den aufgehenden Morgen erkennen. In die Stille hinein ertönte ein Rumpeln, als die Holztreppe herabgelassen wurde. Sarus eilte die Stufen ins Becken hinab. Rasch war er bei Eghild, beugte sich über sie, fühlte ihre Stirn, strich über ihre Wangen und – als Eghild sich nicht rührte – presste ein Ohr auf ihren Mund und horchte.

      Das Publikum hielt den Atem an. Sarus hielt inne, während er sich die Kapuze seines Mantels abstreifte, um besser horchen zu können. Er lauschte lange an verschiedenen Stellen auf Eghilds Brust, klopfte ihre Wange, rief ihren Namen.

      »Sie ist tot«, sagte er schließlich.

      Aelia starrte ihn an. Das Wort hallte in ihrem Kopf, echote von den knöchernen Wänden wieder und wieder, bis sie es nicht mehr hören konnte. Tot. Eghild war tot. Sie hatte sie getötet.

      »Ich wollte das nicht«, flüsterte sie.

      Sarus erhob sich. »Wenn du es nicht getan hättest, hätte sie dich getötet.«

      »Aber ich wollte sie nicht töten.«

      »Die Götter haben ihren Tod bestimmt.«

      Er wandte sich ab und kletterte die Holztreppe hinauf zum Beckenrand, wo die Zuschauer schweigend warteten. Aelia sah ihm nach, wie er in ihren Reihen verschwand. Irgendwo entdeckte sie Marcellus’ entsetztes Gesicht im Publikum. Keinen Blick mehr wagte Aelia auf die Tote zu werfen. Die Starre fiel von ihr ab, sie hastete die Treppe hinauf. Die Vornehmen wichen vor ihr zurück. In ihrer Mitte stand Dardanus und musterte sie ebenso wortlos wie sie ihn. Sie spürte den glatten Griff des Schwertes in ihrer Hand.

      Wie leicht es war, einen Menschen zu töten! Wie schnell es ging!

      Das Schwert würde ebenso leicht in die Brust des Händlers fahren und sein Herz durchbohren wie ihre Faust gegen Eghilds Stirn gekracht war.

      Aelia zögerte. Fest umschlossen ihre Finger den Griff des Schwertes. Dardanus öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch sie wandte sich ab und lief durch die Menge hindurch, die vor ihr auseinanderstob, als sei sie ein giftiger Pfeil. Sie rannte durch das Frigidarium und durchquerte die Halle, durch die sie hereingekommen war. ­Mauern flogen an ihr vorbei, Wandbemalungen, Fackeln. Eine Zeitlang meinte sie, die Schritte der Soldaten hinter sich zu hören, aber da war niemand. Vor der Eingangstür gönnte sie sich einen Atemzug Verschnaufpause, dann riss sie die Tür auf. Kalte Nachtluft strömte herein.

      Sie hatte Glück – der Wachsoldat stand nicht mehr vor der Tür, sondern war ein paar Schritte weiter weggegangen, um in Ruhe einen der Wagen zu betrachten. Offenbar hatte er nicht damit gerechnet, dass jemand von den Gästen schon gehen wollte. Als er – aufgeschreckt durch das Geräusch der sich öffnenden Tür – aufsah und Aelia erblickte, rannte sie schon den Weg weiter in die andere Richtung.

      Aelia hastete über den Schneematsch. Eine Weile noch hörte sie die Schritte des Soldaten hinter sich, bis sie endlich verklangen. Schließlich, als sie nichts mehr hörte außer dem leichten Rauschen des kühlen Windes, wurde ihr klar, dass sie niemand verfolgte. Sie war ­allein im verfallenen Stadtviertel. In der Ferne sah sie die Fackeln des südlichen Stadttores wie zwei Lichtpunkte leuchten, aber hier war es dunkel bis auf das schwache Licht der Sterne. Etwas weiter von der Straße entfernt sah sie die Mauer einer Hausruine aufragen. Dunkel klafften die leeren Fensterhöhlen wie Augen, deren Licht erloschen war.

      Aelia hatte keine Angst mehr. Sie machte sich auch keine Gedanken darüber, was sie in der Ruine erwarten würde, als sie sie betrat, sie wollte nur Ruhe und ein Versteck. Die Tür war mit Brettern vernagelt und wieder aufgebrochen worden. Offenbar hatte jemand noch bis vor Kurzem hier gewohnt, wie Spuren eines Feuers zeigten. Es roch nach erkalteter Asche, nach Urin und Fäulnis, doch Aelia war das alles gleichgültig. Irgendwo fand sie eine alte, stinkende, von Motten zerfressene Decke und hängte sie sich um.

      Sie kauerte sich in die Ecke eines kleinen Zimmers und starrte aus dem Fenster, in dem an der Seite ein Brett fehlte. Lange hockte sie so, unfähig, sich zu bewegen oder irgendetwas zu tun. Sie konnte nicht fassen, was sie gerade erlebt hatte. Dass man sie in einen Kampf auf Leben und Tod gezwungen hatte, ausgerechnet gegen Eghild, ihre Mitschülerin. Dass sie sie getötet hatte.

      Sie sah die Türme der Stadtmauer, die sich dunkel vom Himmel abhoben, und dahinter, weit in der Ferne des östlichen Horizonts, das erste Licht des kommenden Tages.

      Kapitel 5

      Überleben im verfallenen Stadtviertel war schwierig. Zu trinken fand Aelia genug durch den Schnee, den sie in einem Tonbecher, den sie in der Ruine gefunden hatte, auftauen ließ. Aber sie konnte kein Feuer entzünden und wagte sich aus Angst vor den Soldaten nicht in die Stadt zurück.

      Sie hatten sie gesucht; sie hörte ihre Hunde, die ihrem Versteck gefährlich nahe kamen, aber zum Glück begann es so stark zu regnen, dass sie die Suche abbrachen. Danach waren sie nicht mehr wiedergekommen.

      Nachdem Aelia zwei Tage lang gehungert und gefroren hatte, kam der Zeitpunkt, an dem sie sich entscheiden musste, wohin sie gehen sollte, um zu überleben.

      Nicht, dass sie unbedingt überleben wollte. Aber da sie den Kampf überlebt hatte und noch nicht erfroren war, ja nicht einmal krank, dachte sie, dass irgendein Gott vielleicht doch wollte, dass sie weiterlebte. Bald quälten sie Vorstellungen von warmen Mahlzeiten, Kleidern und heißen Bädern. Die Gerüche von gebratenem Fleisch, die der Wind manchmal von den Garküchen der Via Fori heranwehte, taten ihr Übriges.

      Aelia erhob sich von ihrer Decke und sah durch das Fenster in den grauen Wintertag hinaus. Vor ihr dehnte sich Niemandsland mit den Überresten von Häusern im Schneematsch. Im Sommer ließ man hier Vieh grasen, und die Menschen ernteten Obst und Nüsse von Bäumen aus alten Gärten, aber jetzt im Winter war alles nur öde und leer.

      Sie

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