Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk. Jaroslav Hašek

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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk - Jaroslav Hašek Große verfilmte Geschichten

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schlecht, aber manchmal is es ein Malör, wenns gar zu gut geht. Am Zderaz hat ein gewisser Klempner Wejwoda gelebt, und der hat immer Mariage in einem Wirtshaus hinter dem ›Hundertjährigen Kaffeehaus‹ gespielt. Einmal, der Teufel hats ihm eingeblasen, sagt er auch: ›Wie wärs, wenn wir Einundzwanzig um ein Fünferl schmeißen möchten.‹ Sie ham also Einundzwanzig um ein Fünferl gespielt, und er hat die Bank gehalten. Alle sind trop geworden, und so is es bis auf einen Zehner angewachsen. Der alte Wejwoda wollt auch den andern was gönnen und hat immerfort gesagt: ›Die Kleine zieht.‹ Sie können sich aber nicht vorstelln, was für ein Pech er gehabt hat. Die Kleine is nicht und nicht gekommen, die Bank is gewachsen, und es war schon ein Hunderter drin. Von den Spielern hat niemand so viel gehabt, daß ers hätt hopnehmen können, und der Wejwoda war schon ganz verschwitzt. Man hat nichts anderes gehört als: ›Die Kleine zieht‹, sie ham zu fünft gesetzt und sind alle hineingefallen. Ein Schornsteinfegermeister hat Wut gekriegt, is sich nach Haus um Geld gegangen, wie schon über anderthalb Hundert drin war, und hats hopgenommen. Der Wejwoda wollts los sein, und wie er später gesagt hat, wollt er sogar bis dreißig ziehn, nur damit ers nicht gewinnt, und hat derweil zwei As gekriegt. Er hat gemacht, wie wenn nichts, und hat absichtlich gesagt: ›Sechzehn nimmt‹, und der Schornsteinfeger hat alles in allem fünfzehn gehabt. Is das nicht Pech? Der alte Wejwoda war ganz blaß und unglücklich, ringsherum hat man schon geschimpft und geflüstert, daß er schwindelt, daß er schon einmal wegen Falschspielen Dresch bekommen hat, obzwar er der ehrlichste Spieler war, und alle ham eine Krone nach der andern geblecht. Es waren schon fünfhundert Kronen drin. Der Wirt hats nicht ausgehalten. Er hat grad Geld fürs Bräuhaus vorbereitet gehabt, so hat ers genommen, hat sich zu ihnen gesetzt, hat zuerst zu zwei Hunderten hineingesteckt, dann hat er die Augen zugemacht, den Sessel umgedreht, damits ihm Glück bringt, und hat gesagt, daß er das alles, was in der Bank is, hopnimmt. ›Wir spieln mit offenen Karten‹, hat er gesagt. Der alte Wejwoda hätt, ich weiß nicht was, dafür gegeben, daß er jetzt verliert. Alle ham sich gewundert, wie er aufgedeckt hat und sich ein Siebner gezeigt hat und er sich ihn gelassen hat. Der Wirt hat sich in den Bart gelacht, weil er einundzwanzig gehabt hat. Der alte Wejwoda hat einen zweiten Siebner gekriegt und hat sich ihn auch gelassen. Jetzt kommt ein As oder ein Zehner‹, hat der Wirt giftig gesagt, ›ich wett meinen Hals, Herr Wejwoda, daß Sie trop sein wern.‹ Es war unglaublich still. Wejwoda deckt auf, und der dritte Siebner zeigt sich. Der Wirt is bleich wie Kreide worden, es war sein letztes Geld, is in die Küche gegangen, und in einer Weile kommt der Junge gelaufen, was bei ihm gelernt hat, wir solln den Herrn Wirt abschneiden kommen, daß er herich an der Klinke am Fenster hängt. Wir ham ihn also abgeschnitten, zu sich gebracht, und man hat weitergespielt. Niemand hat mehr Geld gehabt, alles war in der Bank vorm Wejwoda, der nur gesagt hat: ›Die Kleine zieht‹ und um alles in der Welt nur trop sein wollt, aber weil er seine Karten umdrehn und aufn Tisch hat legen müssen, hat er keinen Betrug machen und nicht absichtlich zuviel ziehn können. Alle waren schon ganz blöd von seinem Glück und ham beschlossen, daß sie, weil sie schon kein Geld mehr gehabt ham, Schuldverschreibungen geben wern. Es dauerte mehrere Stunden, und vor Wejwoda wuchsen Tausende und Tausende. Der Schornsteinfegermeister war der Bank schon über anderthalb Millionen schuldig, der Kohlenmann vom Zderaz ungefähr eine Million, der Hausmeister aus dem ›Hundertjährigen Kaffeehaus‹ achthunderttausend Kronen, ein Mediziner über zwei Millionen. In der Geldschüssel allein waren über dreihunderttausend auf lauter Papierschnitzeln. Der alte Wejwoda hats verschieden probiert. Er is fort aufn Abort gegangen und hats Blatt immer einem andern gegeben, daß ers für ihn nimmt, und wenn er zurückgekommen is, hat der ihm gemeldet, daß er gewonnen hat, daß er einundzwanzig gezogen hat. Sie ham um neue Karten geschickt, und es hat wieder nichts genützt. Wenn der Wejwoda auf fünfzehn stehngeblieben is, so hat der andere vierzehn gehabt. Alle ham den alten Wejwoda wütend angeschaut, und am meisten hat ein Pflasterer geschimpft, der alles in allem bare acht Kronen hineingegeben hat. Der hat offen erklärt, daß so ein Mensch, wie der Wejwoda, nicht in der Welt herumlaufen sollt und daß man ihn verdreschen, herauswerfen und wie einen jungen Hund ersäufen sollt. Sie können sich nicht die Verzweiflung vom alten Wejwoda vorstelln. Schließlich is er auf einen Einfall gekommen. ›Ich geh aufn Abort‹, sagt er zum Schornsteinfeger, ›nehmen Sie für mich, Herr Meister.‹ Und nur so, ohne Hut, is er auf die Gasse gelaufen, direkt in die Myslikgasse um die Polizei. Er hat eine Patrouille gefunden und hat ihr angezeigt, daß man in dem und dem Gasthaus Hasard spielt. Die Polizisten ham ihn aufgefordert, er soll vorausgehn, daß sie ihm gleich nachkommen. Er is also zurückgekommen, und man hat ihm gemeldet, daß der Mediziner indessen über zwei Millionen verspielt hat und der Hausmeister über drei. Und daß sie in die Bank eine Gutschrift auf fünfhunderttausend Kronen gegeben ham. In einer Weile sind die Polizisten hineingestürzt, der Pflasterer hat aufgeschrien: ›Rette sich, wer kann!‹, aber es hat nichts genützt. Sie ham die Bank beschlagnahmt und alle auf die Polizei geführt. Der Kohlenmann von Zderaz hat sich widersetzt, so hat man ihn in der Gemeindetruhe hingeschafft. In der Bank war in Schuldverschreibungen über eine halbe Milliarde und an barem Geld fünfzehnhundert.

      ›So was hab ich noch nie gefressen‹, hat der Polizeiinspektor gesagt, wie er diese schwindelhaften Summen gesehen hat, ›das da is ärger als in Monte Carlo.‹

      Alle, bis auf den alten Wejwoda, sind bis früh dort geblieben. Den Wejwoda als Angeber ham sie freigelassen und ham ihm versprochen, daß er ein gesetzliches Drittel als Belohnung für die beschlagnahmte Bank kriegen wird, ungefähr über hundertsechzig Millionen, er is aber bis früh davon verrückt geworn, is in Prag herumgegangen und hat feuerfeste Kassen aufs Dutzend bestellt. Das nennt man Glück in den Karten.«

      Dann kochte Schwejk Grog, und die Szene endete damit, daß der Feldkurat, als es Schwejk in der Nacht gelang, ihn mit Anstrengung ins Bett zu schaffen, Tränen vergoß und weinte.

      »Ich hab dich verkauft, Kamerad, schändlich verkauft, verfluch mich, prügel mich, ich halte still. Ich hab dich den Bestien vorgeworfen. Ich kann dir nicht in die Augen schauen. Kratz mich, beiß mich, bring mich um. Ich verdien nichts Besseres. Weißt du, was ich bin?«

      Und der Feldkurat, das verweinte Gesicht in die Kissen pressend, sagte leise, mit zarter, weicher Stimme: »Ich bin ein charakterloser Schuft«, und schlief ein, als hätte man ihn ins Wasser geworfen.

      Am nächsten Tag ging der Feldkurat, Schwejks Blicken ausweichend, zeitig früh fort und kehrte erst in der Nacht mit einem dicken Infanteristen zurück.

      »Zeigen Sie ihm, Schwejk«, sagte er, wiederum Schwejks Blicken ausweichend, »wo was liegt, damit er orientiert ist, und bringen Sie ihm bei, wie man Grog kocht. Früh melden Sie sich bei Oberleutnant Lukasch.«

      Schwejk und der neue Mann verbrachten die Nacht angenehm mit dem Kochen von Grog. Gegen früh konnte sich der dicke Infanterist kaum auf den Füßen halten und summte nur ein merkwürdiges Durcheinander von verschiedenen Nationalliedern vor sich hin, die er miteinander vermengte: »An Chodow vorbei fließt ein Wässerlein, meine Liebste schenkt dort rotes Bier, Berg, Berg, wie bist du hoch, Jungfern gingen übern Steg, am Weißen Berge ackert der Bauer.«

      »Um dich hab ich keine Angst«, sagte Schwejk, »mit so einer Begabung wirst du dich beim Feldkuraten halten.«

      So geschah es, daß an diesem Vormittag Oberleutnant Lukasch zum erstenmal das ehrliche und aufrichtige Gesicht des braven Soldaten Schwejk erblickte, der ihm meldete: »Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, ich bin der Schwejk, den, was der Herr Feldkurat in den Karten verspielt hat.«

      II

      Die Institution der Offiziersdiener ist uralten Ursprungs. Es scheint, daß schon Alexander von Mazedonien seinen »Putzfleck« hatte. Sicher jedoch ist, daß zur Zeit des Feudalismus die Söldner der Ritter diese Rolle spielten. Was war der Sancho Pansa des Don Quijote? Es wundert mich, daß die Geschichte der Offiziersdiener bisher nicht geschrieben wurde. Sie würde uns darüber aufklären, daß der Herzog von Almavira seinen Soldatendiener bei der Belagerung Toledos ohne Salz aufgegessen hat, worüber der Herzog selbst in seinen Memoiren schreibt, wobei er erzählt, daß sein Diener ein

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