Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk. Jaroslav Hašek

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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk - Jaroslav Hašek Große verfilmte Geschichten

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einem alten schwäbischen Buch über die Kriegskunst finden wir auch Winke für Offiziersdiener. Der Putzfleck alter Zeiten sollte fromm, tugendhaft, wahrheitsliebend, bescheiden, tapfer, kühn, ehrlich, arbeitsam sein. Kurz, das Muster eines Menschen. Die Neuzeit hat an diesem Typus viel geändert. Der moderne »Pfeifendeckel« pflegt für gewöhnlich weder fromm noch tugendhaft und auch nicht wahrheitsliebend zu sein. Der moderne Putzfleck lügt, betrügt seinen Herrn und verwandelt dessen Leben häufig in eine wahre Hölle. Er ist ein schlauer Sklave, der die mannigfachsten Tricks ersinnt, um seinem Herrn das Leben zu verbittern.

      In dieser neuen Generation von Offiziersdienern gibt es nicht so opferwillige Geschöpfe, die sich von ihren Herren ohne Salz auffressen lassen würden wie der edle Fernando des Herzogs von Almavira. Anderseits sehen wir, daß die mit ihren Dienern der Neuzeit auf Tod und Leben kämpfenden Gebieter die mannigfachsten Mittel anwenden, um ihre Autorität zu wahren. Es pflegt dies eine Art der Schreckensherrschaft zu sein.

      Im Jahre 1912 fand in Graz ein Prozeß statt, in dem ein Hauptmann, der seinen Putzfleck mit Fußtritten zu Tode gemartert hatte, eine bedeutende Rolle spielte. Der Hauptmann wurde damals freigesprochen, weil er es erst zum zweitenmal getan hatte. Nach den Ansichten dieser Herren hat das Leben eines Putzflecks keinen Wert. Er ist bloß ein Gegenstand, in vielen Fällen ein Watschenmann, ein Sklave, ein Mädchen für alles. Es ist daher kein Wunder, daß eine solche Stellung vom Sklaven Pfiffigkeit und Schlauheit verlangt. Seine Stellung auf unserem Planeten kann man nur mit den Leiden der Pikkolos aus alten Zeiten vergleichen, die durch Ohrfeigen und Martern zur Gewissenhaftigkeit erzogen wurden.

      Es gibt jedoch Fälle, in denen sich ein Putzfleck zum Favoriten aufschwingt, und dann wird er zum Schrecken der Kompanie, des Bataillons. Alle Unteroffiziere bemühen sich, ihn zu bestechen. Er entscheidet über den Urlaub, er kann sich dafür einsetzen, daß es beim Rapport gut ausfällt…

      Diese Favoriten pflegten während des Kriegs mit den großen und kleinen silbernen Tapferkeitsmedaillen belohnt zu werden.

      Beim 91. Regiment habe ich einige gekannt. Ein Putzfleck bekam die Große Silberne, weil er fabelhaft Gänse zu braten verstand, die er stahl. Ein zweiter bekam die Kleine Silberne, weil man ihm von zu Hause wunderbare Lebensmittelpakete schickte, an denen sich sein Herr zur Zeit der größten Not so überstopfte, daß er nicht gehen konnte.

      Und den Vorschlag zur Auszeichnung stilisierte sein Gebieter folgendermaßen: »Dafür, daß er in den Kämpfen eine ungewöhnliche Tapferkeit und Kühnheit an den Tag legte, sein Leben aufs Spiel setzte und seinen Offizier unter dem scharfen Feuer des vorrückenden Feindes keinen Augenblick verließ.«

      Und inzwischen plünderte der zur Auszeichnung Vorgeschlagene irgendwo im Hinterland die Hühnerhöfe aus. Der Krieg veränderte das Verhältnis des Putzflecks zu seinem Herrn und machte ihn zum verhaßtesten Geschöpf der Mannschaft. Der Putzfleck bekam immer eine ganze Konserve, wenn eine für je fünf Mann verabreicht wurde. Seine Feldflasche war immer voll Rum oder Kognak. Den ganzen Tag kaute ein solches Geschöpf Schokolade und süßen Offizierszwieback. Es rauchte die Zigaretten seines Offiziers, schmorte und kochte stundenlang und trug eine Extrabluse.

      Der Offiziersdiener stand mit der Ordonnanz in vertraulichstem Verkehr und schanzte ihr reiche Abfälle von seinem Tisch und all die Vorteile zu, die er genoß. In das Triumvirat nahm er auch noch den Rechnungsfeldwebel mit auf. Dieses Trio, im unmittelbaren Verkehr mit dem Offizier lebend, kannte alle Operationen und Kriegspläne.

      Der Schwarm, dessen Korporal mit dem Offiziersdiener verkehrte, war immer am besten informiert, wann es losgehen sollte.

      Wenn er sagte: »Um zwei Uhr fünfunddreißig nehmen wir Reißaus«, so fingen die österreichischen Soldaten Punkt zwei Uhr fünfunddreißig an, sich vom Feinde loszulösen.

      Der Offiziersdiener stand im intimsten Verkehr mit der Feldküche, trieb sich sehr gern beim Kessel herum und erteilte Befehle, als wäre er in einem Restaurant und hätte die Speisekarte vor sich.

      »Ich möcht Rippenfleisch«, sagte er zum Koch, »gestern hast du mir Ochsenschwanz gegeben. Gib mir auch ein Stück Leber in die Suppe zu, du weißt, daß ich Milz nicht eß.«

      Aber am großartigsten war der Putzfleck im Arrangieren einer Panik. Beim Bombardement der Schützengräben fiel ihm das Herz in die Hosen. Er befand sich dann stets mit seinem und seines Herrn Gepäck in der sichersten Deckung, steckte den Kopf unter die Decke, damit ihn keine Granate entdecke, und hatte keinen anderen Wunsch, als daß sein Herr verwundet werden möge, damit er mit ihm recht weit in die Etappe, ins Hinterland gelangen könne.

      Die Panik pflegte er systematisch mit einer gewissen Geheimnistuerei herbeizuführen: »Mir scheint, sie legen das Telefon zusammen«, teilte er vertraulich den Schwärmen mit. Und war glücklich, wenn er sagen konnte: »Sie hams schon zusammgelegt.«

      Niemand ergriff so gern die Flucht wie er. In so einem Augenblick vergaß er, daß über seinem Kopf Granaten und Schrapnells schwirrten, und bahnte sich unermüdlich mit dem Gepäck einen Weg zum Stab, wo der Train stand. Er liebte den österreichischen Train und liebte es außerordentlich, sich fahren zu lassen. Schlimmstenfalls benutzte er die Sanitätskarren. Mußte er zu Fuß gehen, machte er den Eindruck eines völlig vernichteten Menschen. In so einem Fall ließ er das Gepäck seines Herrn im Schützengraben und schleppte bloß seinen eigenen Besitz.

      Kam es vor, daß der Offizier sich durch Flucht vor der Gefangenschaft rettete und der Offiziersdiener nicht, vergaß dieser unter keinen Umständen, auch das Gepäck seines Herrn in die Gefangenschaft mitzunehmen. Es ging in seinen Besitz über, an dem er mit ganzer Seele hing!

      Ich habe einen in Kriegsgefangenschaft geratenen Offiziersdiener gesehen, der von Dubno mit den anderen zu Fuß bis nach Darnic hinter Kiew gegangen war. Er hatte nebst seinem Rucksack und dem Rucksack seines Offiziers, der der Gefangennahme entronnen war, fünf Handkoffer verschiedener Größe, zwei Decken und ein Polster nebst einem Gepäckstück, das er auf dem Kopf trug, bei sich. Er beschwerte sich, die Kosaken hätten ihm zwei Koffer gestohlen.

      Nie werde ich diesen Menschen vergessen, der sich so durch die ganze Ukraine schleppte. Er war ein lebendiger Spediteurwagen, und ich kann mir nicht erklären, wie er das alles ertragen, so viele Hundert Kilometer weit schleppen, damit nach Taschkent fahren und es behüten konnte, um dann auf seinem Gepäck im Gefangenenlager an Flecktyphus zu sterben.

      Heute sind die Offiziersdiener über unsere ganze Republik verstreut und erzählen von ihren Heldentaten. Sie haben Sokal, Dubno, Nisch, die Piave gestürmt. Jeder von ihnen ist ein Napoleon.

      »Ich hab unserm Oberst gesagt, er soll dem Stab telefonieren, daß es schon losgehn kann.«

      Größtenteils waren es Reaktionäre, und die Mannschaft haßte sie. Einige waren Angeber, und es war eine besondere Freude für sie, wenn sie zuschauen konnten, wie man jemanden anband.

      Sie entwickelten sich zu einer besonderen Kaste. Ihr Egoismus kannte keine Grenzen.

      III

      Oberleutnant Lukasch war der Typus eines aktiven Offiziers der morschen österreichischen Monarchie. Die Kadettenschule hatte ihn zu einer Amphibie erzogen. Er sprach in Gesellschaft deutsch, schrieb deutsch, las tschechische Bücher, und wenn er in der Einjährigfreiwilligenschule vor lauter Tschechen unterrichtete, sagte er ihnen vertraulich: »Seien wir Tschechen, aber es muß niemand davon wissen. Ich bin auch Tscheche.«

      Er betrachtete das Tschechentum als eine Art Geheimorganisation, der man besser von weitem ausweicht.

      Sonst war er ein braver Mensch, fürchtete sich

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