(K)ein Rockstar zum Küssen. Jennifer Schreiner
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»An was denkst du gerade?«, erkundigte sich Jacob neugierig.
»Daran, dass du nach eurem letzten Auftritt ausgesehen hast wie „The Animal“ aus der Muppet Show.« Ich lachte leise, denn das war tatsächlich mein erster Eindruck von meinem Kunden gewesen.
»Gut, dass ich dich nicht wegen deines Charmes gebucht habe«, konterte Jacob und hakte sich bei mir unter, um seinen Bandmates die Treppe hinauf zu folgen.
»Du liebst meinen Charme«, protestierte ich.
»Tue ich wirklich«, gab er zu und zog mich ein wenig mehr zu sich. »Du bist ein wenig wie die große starke Schwester, die ich nie hatte.«
»Ich werde dich daran erinnern, Mister Inzest.«
»Uh…«, machte Jacob. »Okay, du bist nicht ganz wie eine große, starke Schwester.«
»Genau, die würde dich nämlich jetzt nicht auf die nächste Toilette schicken mit dem Befehl, dir deine Boxershorts auszuziehen und sie in den Abfall zu werfen.« Ich zwinkerte ihm zu und genoss den Ausdruck auf seinem Gesicht. »Außerdem würde sie nicht sagen, dass sie ein Foto davon haben möchte.«
»Von der Shorts oder von mir?« Jacobs Blick wurde intimer.
»Überrasch mich!«, meinte ich und gönnte ihm ein Lächeln, das ihn wissen ließ, dass ich keinerlei schwesterliche Gefühle für ihn hegte und ihn heiß fand. Sehr heiß.
Sekunden später hatte er auf dem Absatz kehrt gemacht und verschwand im nahegelegenen Männer-WC. Zufrieden schlenderte ich zur Bar, die direkt am Eingang aufgebaut war und ließ mir von einem der wartenden Kellner einen der vorbereiteten Sektkelche reichen.
Deutlich weniger nervös als zuvor nutzte ich die Gelegenheit, mir die anderen Gäste anzusehen. Soweit ich beurteilen konnte, waren alle in Begleitung gekommen und selbst Jacobs Bandmitglieder hatte eine Dame an der Seite, obwohl ich von meinem Kunden wusste, dass sie alle Solo waren.
Mein Blick fiel auf den Gitarristen und die hübsche Dunkelhaarige, die neben ihm stand. Offensichtlich bedeutete »Solo« bei Musikern etwas anderes als für den Rest der Menschheit, denn die zwei ließen kaum die Münder voneinander – geschweige denn den Rest ihres Körpers. Selbst ich, die alles andere als prüde war, war versucht den beiden ein Zimmer zu empfehlen.
Als meine Handtasche vibrierte, bemerkte ich, dass ich nicht die einzige Person war, die andere Menschen beobachtete. Quer über den Raum traf mich der Blick des Sängers, als habe er mein Handy gehört und wüsste genau, was es mit der Nachricht von Jacob auf sich hatte. Seine Stirn war gerunzelt und sein Ausdruck schien zwischen Unglaube, Wut und Verwirrung zu schwanken, bevor er sich der Frau an seiner Seite zuwandte. Oder besser gesagt, den Frauen an seiner Seite.
Von Jacob und natürlich aus all den Klatschblättern, die ich berufsbedingt las – natürlich rein berufsbedingt – wusste ich, dass Alex Roth als einer der begehrtesten Junggesellen der Welt gefeiert wurde und es auf Anhieb auf einen der Top Five Plätze des Rankings »Sexiest Man Alive« geschafft hatte. Und er sah wirklich hervorragend aus. Selbst nach Office-Escort-Standards war er ein wandelnder Leckerbissen.
Ich zuckte zusammen, dieses Mal nicht nur in meiner Fantasie, und war froh, dass seine Aufmerksamkeit genauso plötzlich wie sie gekommen war, nun von mir fortglitt. Jemand wie Alex Roth bedeutete selbst ohne den »Rock&Roll«, den »Sexy«-Titel und das ganze »Fame«-Drumherum genug Ärger, um einen weiten Bogen um ihn zu machen. Da war etwas in seinen Augen gewesen, was jede Frau schreiend davonlaufen lassen sollte, es aber in den seltensten Fällen tat. Wahrscheinlich, weil jede Frau insgeheim davon träumte, jemanden wie Alex zu zähmen.
Ich schüttelte den Kopf bei diesem bescheuerten Gedanken und kramte nach meinem Handy. Jemanden wie diesen Sänger zähmte man nicht, man gönnte ihm einfach eine gute Zeit mit all den Groupies und Frauen und hoffte, dass er die Phase seines Ruhms überstand, ohne sich selbst umzubringen. Irgendwann, wenn die Gicht und die Arthrose ihm zusetzte, würde er schon ruhiger werden. Außerdem fiel er ganz ganz sicher in die Kategorie »Arschloch«, weil er sein ganzes Leben lang toll ausgesehen hatte und es gewohnt war, allein durch seine Optik alle Weiber um den Finger zu wickeln. Ein böses Grinsen schlich sich auf meine Lippen, wurde aber gleich darauf von einem sinnlichen abgelöst, als ich sah, was Jacob mir geschickt hatte.
»Du hast fünf Minuten, um diese wunderschöne Erektion auszunutzen – ohne zu kommen«, schickte ich ihm, löschte beide Nachrichten und verstaute mein Handy wieder sicher in meiner Tasche.
Tatsächlich erschien Jacob pünktliche fünf Minuten später neben mir, als wäre nie etwas geschehen, sah aber deutlich entspannter aus als zuvor – obwohl ein Teil von ihm ganz sicher deutlich unentspannter war. Immerhin sorgte der Gedanke an seinen bereiten Schwanz dafür, dass ich mich langsam entspannte. Ich war keine Betrügerin und wusste, wie der Job ging!
Und nach weiteren vier Stunden war ich sogar davon überzeugt, mit dem Spießrutenlauf auf dem roten Teppich und dem Empfang durch die Plattenfirma das Schlimmste hinter mich gebracht zu haben. Die Gespräche waren ausnahmslos nett gewesen, die Kontakte erfreulich. Einige der Businessleute hatte ich bereits vorher durch meinen Job beim Office-Escort kennengelernt und sogar Jacobs Musikerkollegen waren toll. Zumindest schien keiner auf den ersten Blick seltsam zu sein.
Naja, zumindest alle außer diesem Alex, von dem ich bislang nichts mehr gesehen oder gehört hatte, was ich in Anbetracht seiner Berühmtheit ein wenig seltsam fand. Sollte mir aber egal sein.
Jacob nötigte mir weitere Drinks auf, tanzte mit mir und amüsierte sich prächtig und ganz normal an meiner Seite. Selbst als wir offiziell hätten gehen können, blieben wir, und nach und nach leerte sich der Club, die Tänzer verließen ihre Käfige und die Musik wurde lauter.
»Wollen wir los?« Jacob zog mich auf die Füße, bevor ich antworten konnte und wirkte deutlich beschwingter durch den Alkohol, als ich mich fühlte. Aber schließlich wurde er auch nicht dafür bezahlt, immer und überall die Kontrolle zu behalten.
»Wollen wir noch einen Sekt mitnehmen?«, erkundigte ich mich und gab meiner Stimme einen scheinheiligen Klang. Es reichte, um Jacobs volle Aufmerksamkeit zu erlangen.
»Unbedingt!« Er zog mich zur Theke und ließ dabei meine Hand nicht los. So als habe er Angst, ich könne mir mein Angebot noch anders überlegen. Süß eigentlich.
Geduldig sah ich zu, wie er eine Flasche bestellte und dabei so tat, als sei er der Boss und der Mann, der mich abschleppte. Etwas, was funktionierte und ihm einige bewundernde Blicke einbrachte, die mir deutlich machten, dass ich wohl doch ganz nett anzuschauen war. Zumindest, bis sich Alex zu uns gesellte – oder besser zu Jacob, denn mich würdigte er keines Blickes.
Für einen Moment war ich lediglich verwirrt, denn ich begriff einfach nicht, dass das, worauf ich die ganze Zeit gewartet hatte, nun wirklich geschah: der alptraumartige Zwischenfall kam mit einem attraktiven Körper und einem unwiderstehlichen Gesicht – auch wenn der Ausdruck darauf nur als lauernde Herausforderung beschrieben werden konnte.
»Jacob, ich bin verwirrt«, meinte Alex mit einem Stirnrunzeln und seine Hand legte sich auf meine, als ich nach der Sektflasche griff. Dabei strich der Sänger wie abwesend über meine Finger, obwohl er immer noch den Drummer ansah. Unverwandt. »Wieso hast du