Der große Gatsby. F. Scott Fitzgerald

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Ich bin inzwischen ganz schön zynisch geworden – in allem.«

      Offenbar hatte sie einigen Grund dazu. Ich wartete, aber sie sagte weiter nichts darüber. Nach einer kleinen Pause kam ich etwas zaghaft wieder auf ihr Töchterchen zurück.

      »Wahrscheinlich spricht sie schon und – ißt und so weiter.«

      »O ja«, sie sah mich geistesabwesend an. »Hör zu, Nick. Willst du hören, was ich sagte, als sie geboren war?«

      »Ja, gern.«

      »Du kannst daraus sehen, wie ich inzwischen über die Dinge denke. Sie war knapp eine Stunde auf der Welt, und Tom war Gott weiß wo. Ich wachte mit einem Gefühl unendlicher Verlassenheit aus dem Ätherrausch auf. Sogleich fragte ich die Schwester, ob es ein Junge oder ein Mädchen sei. Sie sagte, es sei ein Mädchen. Da kehrte ich mein Gesicht zur Wand und weinte. ›Auch gut‹, sagte ich, ›ich will froh sein, daß es ein Mädchen ist. Hoffentlich ist sie eine Närrin – das ist noch das beste für ein Mädchen auf dieser Welt, eine entzückende kleine Närrin.‹

      Du siehst, ich finde alles irgendwie gräßlich«, fuhr sie in überzeugtem Tone fort. »Und so denken wir alle – die kultiviertesten Leute. Ich weiß Bescheid. Ich bin überall gewesen, habe alles gesehen, was es gibt, und alles mitgemacht.« Ihre Augen blitzten herausfordernd, fast wie bei Tom, und sie lachte schrill und verächtlich. »Blasiert – Gott, bin ich blasiert!«

      Sobald sie verstummt war und ihre Stimme mich nicht mehr fesselte und überzeugte, empfand ich, wie unaufrichtig im Grunde alles war, was sie gesagt hatte. Ich fühlte mich unbehaglich; man schien es den ganzen Abend nur darauf angelegt zu haben, eine bestätigende Reaktion von mir zu erpressen. Ich wartete – und richtig, als sie mich im nächsten Augenblick ansah, huschte ein affektiertes Lächeln über ihr hübsches Gesicht, als habe sie mir soeben erklärt, daß sie und Tom einem geradezu vornehmen und exklusiven Geheimbund angehörten.

      Drinnen der karmesinrote Raum war jetzt von Licht überflutet. Tom und Miss Baker saßen je an einem Ende der langen Couch; sie las ihm aus der Saturday Evening Post vor. Ihre unbeteiligt gemurmelten Worte rannen zu einer einschmeichelnden Melodie zusammen. Das Lampenlicht glänzte auf seinen Stiefeln und lag matt auf ihrem rötlichgelben, herbstfarbenen Haar, und wenn sie mit leichtem Muskelspiel ihres schlanken Armes eine Seite umwandte, glitt das Licht darüber hin.

      Als wir eintraten, gebot sie uns mit erhobener Hand einen Augenblick Stille.

      »Fortsetzung in der nächsten Nummer«, sagte sie dann und warf die Zeitschrift auf den Tisch.

      Ihr Körper brachte sich mit einer nervösen Bewegung der Knie zur Geltung; sie stand auf.

      »Zehn Uhr«, bemerkte sie mit einem Augenaufschlag zur Decke; offenbar hatte sie dort die Zeit abgelesen. »Höchste Zeit! Das brave Kind muß ins Bett.«

      »Jordan muß morgen Turnier spielen«, erläuterte Daisy, »drüben in Westchester.«

      »Oh, Sie sind Jordan Baker.«

      Ich wußte auf einmal, woher mir ihr Gesicht vertraut war. Es hatte mich mit seinem reizend hochmütigen Ausdruck aus vielen Zeitungsfotos von sportlichen Ereignissen in Asheville, Hot Springs und Palm Beach angeblickt. Mir war auch irgend etwas über sie zu Ohren gekommen, eine unerfreuliche Klatschgeschichte, die ich längst wieder vergessen hatte.

      »Gute Nacht«, sagte sie sanft. »Weckt mich bitte um acht, ja?«

      »Wenn du auch wirklich aufstehst?«

      »Das will ich. Gute Nacht, Mr. Carraway. Ich sehe Sie wohl bald wieder.«

      »Natürlich«, versicherte Daisy. »Im Ernst, wie wär’s? Ich werde eine Ehe stiften. Komm oft herüber, Nick, dann will ich euch schon – oh – zusammenschubsen. Ihr wißt ja – zufällig im Leinenschrank eingeschlossen und dann im Boot auf dem Wasser ausgesetzt und ähnliche Scherze –«

      »Gute Nacht«, rief Miss Baker von der Treppe. »Ich will nichts gehört haben.«

      »Eine entzückende Person«, sagte Tom nach kurzer Pause.

      »Die sollten nur besser aufpassen, daß sie nicht so herumvagabundiert.«

      »Wer?« fragte Daisy kühl.

      »Nun, ihre Familie.«

      »Ihre Familie besteht aus einer einzigen tausendjährigen Tante. Außerdem wird Nick sich um sie kümmern, nicht wahr, Nick? Sie wird diesen Sommer oft übers Wochenende hier sein. Der häusliche Einfluß wird ihr guttun.«

      Daisy und Tom tauschten einen kurzen Blick. »Ist sie aus New York?« fragte ich rasch. »Aus Louisville. Dort verbrachten wir unsere Jungmädchenzeit, unsere herrliche Jung –« »Hast du Nick dein Herz ausgeschüttet auf der Veranda?« fragte Tom plötzlich.

      »Hab ich?« Sie sah mich an. »Kann mich nicht mehr besinnen, aber ich glaube, wir sprachen über die nordische Rasse. Ja, jetzt weiß ich wieder. Das Thema ließ uns keine Ruhe und –«

      »Glaub ja nicht alles, was du hier hörst, Nick«, riet Tom. Ich sagte leichthin, ich hätte überhaupt nichts Besonderes gehört, und nach ein paar Minuten erhob ich mich und brach auf. Sie geleiteten mich hinaus und standen dann Seite an Seite in dem hell erleuchteten Rechteck des Türrahmens. Als ich meinen Motor anlaufen ließ, rief Daisy kategorisch:

      »Warte noch!

      Ich hab ganz vergessen, dich etwas Wichtiges zu fragen. Wir haben gehört, du sollst verlobt sein, mit einem Mädchen drüben im Westen.«

      »Richtig«, bestätigte Tom wohlwollend, »wir hörten, du seist verlobt.«

      »Verleumdung. Dazu habe ich entschieden kein Geld.« »Wir hörten es aber«, beharrte Daisy und blühte überraschend noch einmal auf. »Drei Leute haben es uns erzählt, also muß etwas daran sein.«

      Natürlich wußte ich, worauf sie anspielten, aber ich war nicht im entferntesten verlobt. Tatsächlich hatte der Klatsch schon von einem Aufgebot wissen wollen, und das war einer der Gründe, weshalb ich mich in den Osten davongemacht hatte. Wenn eine Freundschaft zu lange dauert, kommt man unweigerlich mit ihr ins Gerede, und ich hatte keine Lust, mich durch die Leute in eine Ehe bugsieren zu lassen.

      Dennoch rührte mich die Anteilnahme der beiden; sie waren in diesem Augenblick nicht mehr so unnahbar reich. Nichtsdestoweniger war ich irritiert und ein wenig verstimmt, als ich abfuhr. Für Daisy schien mir das einzig Richtige, auf und davon zu gehen – Kind im Arm. Doch offenbar hatte sie nichts Derartiges im Sinn. Was Tom betraf, so war die Tatsache, daß er da ›so eine Frau in New York‹ hatte, weit weniger überraschend, als daß er sich durch eine Lektüre deprimieren ließ. Irgend etwas mußte ihn dahin gebracht haben, daß er auf einmal an abgestandenen wissenschaftlichen Theorien knabberte. Seine handfeste physische Selbstsicherheit schien seinem störrischen Wesen nicht mehr zu genügen.

      Es war nun schon richtig Sommer. Die Wärme legte sich auf die Hausdächer, und vor den Garagen an der Landstraße standen neue rotgestrichene Gasolinpumpen in strahlender Helle. Als ich bei meinem Besitztum in West Egg anlangte, fuhr ich den Wagen in den Schuppen und saß noch ein Weilchen auf einem Rasenmäher, den irgend jemand stehengelassen hatte. Der Wind war ganz abgeflaut. Man hörte jetzt die Geräusche der hellen Sommernacht, das Flügelschlagen im Gezweig und den anhaltenden Orgelton der Frösche, als blase die Erde selbst mit tiefem Dröhnen ihnen neues Leben ein. Die Silhouette einer Katze geisterte im Mondschein,

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