Der große Gatsby. F. Scott Fitzgerald

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zum Sterben zu dämlich.«

      So fuhren Tom Buchanan, seine Freundin und ich zusammen nach New York – oder nicht zusammen, denn Mrs. Wilson saß diskret in einem anderen Waggon. Soweit nahm Tom Rücksicht auf die Empfindlichkeit der East Egger, die womöglich mit im Zuge waren.

      Mrs. Wilson trug jetzt ein braungemustertes Musselinkleid, das sich über ihren etwas breiten Hüften spannte, als Tom ihr in New York aus dem Zuge half. Am Zeitungsstand kaufte sie eine Nummer des ›Town Tattle‹ und ein Filmmagazin und in der Bahnhofsdrogerie irgendeine Cold Cream und eine kleine Flasche Parfüm. Oben in der feierlichen Weite der Bahnhofshalle ließ sie vier Taxis abfahren, ehe sie sich zu einem neuen lavendelfarbenen Taxi mit grauen Polstern entschloß. Darin glitten wir aus dem Gewühl des Bahnhofs in die strahlende Helle hinaus. Aber sogleich beugte sich Mrs. Wilson, die aus dem Fenster geblickt hatte, vor und klopfte dem Fahrer.

      »Ich möchte einen von den Hunden dort haben«, sagte sie ernsthaft. »Einen für die Wohnung. Das ist so hübsch – ein Hund.«

      Wir fuhren zurück zu einem grauen alten Mann, der eine lächerliche Ähnlichkeit mit John D. Rockefeller hatte. In einem Korb, den er von der Schulter nahm, kauerte ein Dutzend ganz junger Hunde von unbestimmter Rasse.

      »Was für welche sind es?« fragte Mrs. Wilson eifrig, als er an den Wagenschlag trat.

      »Alle Arten. Was für einen wünscht die Dame?« »Ich möchte so einen Polizeihund; das haben Sie wohl nicht?«

      Der Mann äugte kritisch in seinen Korb, tauchte dann mit der Hand hinein und zog am Nackenfell ein zappelndes Etwas hervor.

      »Das ist kein Polizeihund«, sagte Tom.

      »Nein, nicht ausgesprochen ein Polizeihund«, sagte der Mann leicht enttäuscht. »Das ist mehr ein Airedale.« Er strich mit der Hand über die braune Rückenwolle. »Sehen Sie mal das Fell. Ein Fellchen. Mit dem Hund werden Sie keinen Ärger haben; der erkältet sich nicht.«

      »Der ist in Ordnung«, sagte Mrs. Wilson begeistert. »Wieviel?«

      »Der Hund da?« Er betrachtete ihn voll Bewunderung. »Der kostet Sie zehn Dollar.«

      Der Airedale – trotz seiner befremdend weißen Pfoten hatte er zweifellos irgendwo mal etwas von einem Airedale mitbekommen – wechselte den Besitzer und ließ sich auf Mrs. Wilsons Schoß nieder, die sogleich voll Entzücken sein wetterfestes Fell liebkoste.

      »Ist es ein Männchen oder ein Weibchen?« fragte sie diskret.

      »Der Hund? Das ist ein Rüde.«

      »Ist ’ne Hündin«, sagte Tom mit Entschiedenheit. »Hier haben Sie Ihr Geld. Kaufen Sie sich zehn andere dafür.«

      Wir fuhren hinüber zur Fifth Avenue, wo es an diesem sommerlichen Sonntagnachmittag lind und warm war, geradezu ländlich. Es hätte mich nicht überrascht, wenn plötzlich eine große Herde weißer Lämmer um die Ecke gekommen wäre.

      »Laßt halten«, sagte ich. »Ich muß mich hier verabschieden.«

      »Nein, keinesfalls«, warf Tom rasch ein. »Myrtle nimmt es übel, wenn du nicht mit zu ihr kommst. Nicht wahr, Myrtle?«

      »Kommen Sie schon«, drängte sie. »Ich ruf Catherine an, meine Schwester. Sie soll sehr schön sein, und das sagen Leute, die es wissen müssen.«

      »An sich sehr gern, aber –«

      Wir fuhren weiter, hinter dem Park hinüber zu den westlichen Hundertern. Bei der 158. Straße stoppte die Autodroschke an einer Scheibe eines langen Kuchens weißer Apartment-Häuser. Mrs. Wilson ließ wie jemand, der von einer Reise nach Hause kommt, ihren Blick prüfend über die Nachbarschaft gleiten, raffte ihren Hund und die übrigen Einkäufe zusammen und ging hocherhobenen Hauptes hinein.

      »Ich werde die McKees heraufbitten«, verkündete sie, als wir im Lift standen. »Und, natürlich, auch meine Schwester werde ich anrufen.«

      Die Wohnung war im obersten Stock – ein kleines Wohnzimmer, ein kleines Speisezimmer, ein kleines Schlafzimmer und ein Bad. Das Wohnzimmer war bis an die Türen vollgestellt mit einer Garnitur viel zu großer Polstermöbel mit Gobelinmuster, so daß man sich nicht im Raum bewegen konnte, ohne andauernd über Rokokoszenen mit schaukelnden Damen im Park von Versailles zu stolpern. Das einzige Bild war eine übermäßig vergrößerte Photographie, offenbar eine Henne auf einem beschmutzten Felsen sitzend. Aus einiger Entfernung betrachtet entpuppte sich indessen die Henne als ein Kapotthut, unter dem das Antlitz einer würdigen Matrone auf einen herniederblitzte. Auf dem Tisch lagen mehrere alte Nummern von ›Town Tattle‹, ein Exemplar des Buches ›Simon Called Peter‹ und einige der kleinen Skandalblättchen vom Broadway. Mrs. Wilsons erste Sorge galt dem Hund. Der nicht sehr dienstwillige Liftboy holte ein Kistchen mit Stroh und etwas Milch; dazu fügte er aus eigenem Antrieb eine Büchse mit großen, steinharten Hundekuchen, wovon einer den ganzen Nachmittag in der Untertasse mit Milch lag und sich apathisch auflöste. Inzwischen brachte Tom aus einem Schrank eine Flasche Whisky zum Vorschein.

      Ich bin genau zweimal in meinem Leben betrunken gewesen, das zweite Mal an jenem Nachmittag. Daher verschwammen alle folgenden Ereignisse für mich in einem schattenhaften Dämmer, obwohl bis nach acht die strahlende Sonne zum Fenster hereinschien. Auf Toms Schoß sitzend, rief Mrs. Wilson verschiedene Leute an; dann waren keine Zigaretten da, und ich ging hinunter in den Eckladen welche holen. Als ich zurückkam, waren die beiden verschwunden. Also setzte ich mich diskret ins Wohnzimmer und las ein Kapitel aus ›Simon Called Peter‹ – entweder war es unverdauliches Zeug, oder der Whisky verzerrte die Dinge, denn ich konnte überhaupt keinen Sinn hineinbringen.

      Gerade als Tom und Myrtle (nach dem ersten Glas nannten Mrs. Wilson und ich einander beim Vornamen) wiedererschienen, langten auch die Gäste in der Wohnung an.

      Catherine, die Schwester, war eine schlanke, mondäne Dreißigerin mit einer festen und dicken roten Mähne über einem milchigweiß gepuderten Gesicht. Ihre Augenbrauen waren ausgezupft und dann in einem kühneren Winkel nachgezogen. Aber die Natur hatte sich mit Erfolg bemüht, die alte Kurve wiederherzustellen, wodurch ihr Gesicht etwas Verschmutztes bekam. Wenn sie sich bewegte, gab es ein unaufhörliches Geklingel von dem Auf und Ab der zahllosen Emailreifen, die sie an den Armen trug. Sie kam so hastig herein, als müsse sie nach dem Rechten sehen, und blickte sich mit solcher Besitzermiene im Zimmer um, daß mir der Gedanke kam, ob etwa sie da wohne. Als ich sie aber fragte, lachte sie unmäßig, wiederholte meine Frage laut und erklärte mir dann, sie wohne mit einer Freundin in einem Hotel.

      Mr. McKee aus der unteren Etage war ein Mann von femininer Blässe. Ein kleiner Rest Seifenschaum auf seiner Wange deutete darauf hin, daß er sich soeben rasiert hatte. Er begrüßte alle Anwesenden äußerst ehrerbietig. Mich informierte er sogleich, daß er zum ›Künstlervolk‹ gehöre, und später ging mir auf, daß er ein Photograph war und die unscharfe Vergrößerung von Mrs. Wilsons Mutter verfertigt hatte, die gespenstisch von der Wand herablauerte. Seine Frau war laut und dumm, proper und unausstehlich. Sie erzählte mir stolz, ihr Mann habe sie seit ihrer Hochzeit hundertsiebenundzwanzigmal photographiert. Mrs. Wilson hatte sich umgezogen und trug jetzt ein anspruchsvolles Nachmittagskleid aus cremefarbenem Chiffon, mit dem sie sich unter ständigem Rascheln durchs Zimmer bewegte. Unter dem Einfluß dieses Gewandes hatte sich ihre ganze Persönlichkeit verändert. Ihre anfangs in der Garage so auffällige Vitalität war einer eindrucksvollen Grandezza gewichen. Ihr Lachen, ihre Gesten und Bemerkungen wurden mit jedem Augenblick heftiger und affektierter. Indem sie sich so entfaltete, schien der Raum um sie immer kleiner zu werden, bis sie sich schließlich wie auf einem lärmenden, kreischenden Karussell in der rauchgeschwängerten Luft bewegte.

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