Der große Gatsby. F. Scott Fitzgerald

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der große Gatsby - F. Scott Fitzgerald страница 6

Автор:
Серия:
Издательство:
Der große Gatsby - F. Scott Fitzgerald

Скачать книгу

in den Taschen, in die Betrachtung des silbern gesprenkelten Sternenhimmels versunken. Etwas Lässiges in seiner Haltung und die Selbstgewißheit, mit der er da auf dem Rasen stand, ließ mich erkennen, daß es Mr. Gatsby selbst sei. Wahrscheinlich wollte er seinen Besitzanteil an dem Stück Himmel über uns feststellen.

      Ich entschloß mich, ihn anzusprechen. Miss Baker hatte ihn bei Tisch erwähnt; das würde als Anknüpfung genügen. Aber ich ließ es; denn er gab plötzlich zu erkennen, daß er mit sich allein sein wolle – er streckte mit einer sonderbaren Geste die Arme gegen das dunkle Wasser aus, und ich hätte trotz der Entfernung schwören können, daß er dabei zitterte. Unwillkürlich blickte auch ich auf die See hinaus. Ich konnte nichts Bestimmtes ausmachen, nur in der Ferne ganz winzig ein einsames grünes Licht, das wohl das Ende eines Landestegs sein konnte. Als ich dann mit meinen Blicken wieder Mr. Gatsby suchte, war er verschwunden, und mich umgab nur noch die gespenstische unruhige Dunkelheit der Nacht.

       II

      Etwa auf halbem Wege zwischen West Egg und New York vereinigt sich die Autostraße mit der Eisenbahn und läuft einen halben Kilometer neben ihr her, als habe sie es eilig, von einem gewissen trostlosen Revier fortzukommen. Es ist ein Tal ganz aus Asche – eine phantastische Farm, wo Asche wächst wie Weizen, Asche sich zu Hügeln und Graten türmt und als grotesker Garten wuchert, Asche die Form von Häusern und Kaminen annimmt und als Rauch emporsteigt, ja Asche, in einem Anlauf zur Transzendenz, sich in die Gestalten aschgrauer Männer verwandelt, die sich schattenhaft und selbst schon zerbröckelnd durch den Dunst bewegen. Von Zeit zu Zeit kriecht eine Schlange grauer Wägelchen auf unsichtbarer Spur dahin und kommt mit einem kreischenden Schreckenslaut zum Stillstand. Dann fällt der Schwarm aschgrauer Männer über sie her und wirbelt mit schweren Schaufeln eine undurchdringliche Staubwolke empor, die diese düstere Emsigkeit wieder gnädig vor unseren Blicken verhüllt.

      Über dieser aschgrauen Landschaft und den endlos über sie hinziehenden schwarzen Rauchschwaden entdeckt man nach einiger Zeit die Augen von Doktor T. J. Eckleburg. Die Augen von Doktor T. J. Eckleburg sind blau und riesengroß – allein ihre Pupillen haben einen Meter im Durchmesser. Sie blicken nicht aus einem Gesicht, sondern durch eine riesige gelbe Brille, die auf einer gar nicht vorhandenen Nase sitzt. Offenbar hat irgendein verrückter Augendoktor sie dort aufgepflanzt, um seiner Praxis in Queens Auftrieb zu geben. Vielleicht ist er selbst längst in die ewige Blindheit eingegangen oder hat das Aushängeschild vergessen und ist fortgezogen. Die Augen jedoch, deren Anstrich lange nicht erneuert wurde und die von Sonne und Regen etwas verblaßt sind, brüten nach wie vor über der feierlichen Düsternis dieser Schutthalde.

      Das Aschental wird auf einer Seite von einem trüben Flüßchen begrenzt. Wenn die Brücke aufgezogen ist, um Lastkähne durchzulassen, haben die Fahrgäste im wartenden Zug Gelegenheit, wohl eine halbe Stunde auf diese trostlose Szenerie zu starren. Immer gibt’s dort wenigstens einige Minuten Aufenthalt, und auf diese Weise kam es zu meiner ersten Begegnung mit Toms Freundin.

      Jeder, der ihn kannte, behauptete hartnäckig, er habe tatsächlich eine Freundin. Besonders verübelte man ihm, daß er in bekannten Cafés mit ihr aufkreuzte und sie dann an einem Tisch sitzen ließ, während er selbst umherschlenderte und sich mit allen möglichen Bekannten unterhielt. Ich war neugierig, wie sie aussähe. An einer Begegnung lag mir weniger; aber sie blieb mir nicht erspart. Ich fuhr eines Nachmittags mit Tom nach New York, und als der Zug bei den Schutthalden hielt, sprang er auf, nahm mich beim Arm und zwang mich buchstäblich auszusteigen.

      »Wir steigen hier aus«, sagte er nachdrücklich. »Ich möchte, daß du meine Freundin kennenlernst.«

      Ich glaube, er hatte schon beim Mittagessen erheblich getankt, denn er bestand geradezu heftig darauf, ich müsse mitkommen. Er nahm als selbstverständlich an, daß ich an diesem Sonntagnachmittag doch nichts Besseres vorhätte.

      Ich folgte ihm über eine niedrige, weißgestrichene Bahnschranke und dann hundert Meter auf der Straße zurück, immer unter den hartnäckig starrenden Augen von Doktor Eckleburg. Das einzige Gebäude weit und breit war ein kleiner Häuserblock aus gelben Ziegeln, der völlig unmotiviert am Rande der Aschenwüste lag – ein Stück Hauptstraße im glatten Nichts. Er enthielt drei Läden; davon war einer zu vermieten, der andere eine durchgehend geöffnete Frühstücksstube, zu der eine Aschenspur hinführte, und das dritte war eine Garage: Autoreparaturen, George B. Wilson, Ankauf und Verkauf. Dahinein folgte ich Tom.

      Das Innere war unwirtlich und kahl. Als einziges Auto erblickte man in einer dunklen Ecke das total verstaubte Wrack eines Fordwagens. Ich dachte gerade, diese Garage sei wohl nur eine Attrappe, hinter der luxuriöse und geheimnisvolle Räumlichkeiten verborgen seien. Da erschien, seine Hände an einem Lappen abwischend, der Eigentümer selbst in der Tür seines Büros, ein leidlich gut aussehender blonder, energieloser Mann, der offenbar an Blutarmut litt. Als er uns erblickte, kam ein feuchter Hoffnungsschimmer in seine hellblauen Augen.

      »Hallo, Wilson«, sagte Tom und schlug ihm jovial auf die Schulter. »Was macht’s Geschäft, Alter?«

      »Kann nicht klagen«, erwiderte Wilson nicht sehr überzeugend. »Wann werden Sie mir denn den Wagen verkaufen?«

      »Nächste Woche; mein Chauffeur hat noch daran zu arbeiten.«

      »Der macht aber sehr langsam, oder nicht?« »Keineswegs«, sagte Tom kühl. »Wenn Sie das meinen, verkaufe ich ihn wohl besser an jemand anderes.« »So hab ich’s nicht gemeint«, erklärte Wilson rasch.

      »Ich meinte nur –«

      Seine Stimme erstarb, und Tom sah sich ungeduldig in der Garage um. Dann hörte ich jemand eine Treppe herunterkommen, und gleich darauf stand die füllige Gestalt einer Frau in der Tür zum Büro, so daß von dort kein Licht mehr hereinfiel. Sie war Mitte dreißig und ein wenig zu voll, aber sie verstand es, wie manche Frauen, mit ihrer Fülle sinnlich zu wirken. Sie trug ein dunkelblaues, fleckiges Crêpe-de-Chine-Kleid. In ihrem Gesicht war kein Zug oder Schimmer von Schönheit, aber sie strömte eine unmittelbar sich aufdrängende Vitalität aus, als sei ihr Körper in jedem Nerv von schwelender Glut erfüllt. Sie lächelte ein wenig, schritt durch ihren Gemahl hindurch, als sei er nur ein Geist, und begrüßte Tom, wobei sie ihm voll ins Auge sah. Dann befeuchtete sie ihre Lippen und sprach, ohne sich auch nur umzuwenden, mit einer angenehm heiseren Stimme zu ihrem Gatten:

      »Hol doch ein paar Stühle, nichtwahr, daß man sich setzen kann.«

      »Oh, natürlich«, beeilte sich Wilson. Er ging in das kleine Büro und war im selben Augenblick eins mit der Kalkfarbe der Wände. Ein weißer Aschennebel verschleierte seinen dunklen Anzug und sein blasses Haar und legte sich ringsum auf alles und jedes – ausgenommen seine Frau, die nahe an Tom herantrat.

      »Wir müssen uns sehen«, sagte Tom kategorisch. »Nimm den nächsten Zug.«

      »Gut.«

      »Ich treffe dich am Zeitungsstand auf dem unteren Bahnsteig.«

      Sie nickte und trat wieder zurück, gerade als George Wilson mit zwei Stühlen in der Bürotür erschien.

      Weiter unten auf der Straße, wo man uns vom Hause nicht mehr sehen konnte, warteten wir auf sie. Es war wenige Tage vor dem vierten Juli, und ein graues kümmerliches Italienerkind war dabei, längs der Eisenbahnschienen eine Reihe von Feuerwerkskörpern anzubringen.

      »Gräßliche Gegend, nichtwahr«, sagte Tom und wechselte einen stirnrunzelnden Blick mit Doktor Eckleburg.

      »Entsetzlich.«

      »Gut, wenn sie hier einmal fortkommt.«

      »Hat

Скачать книгу