Fürstenkrone Classic 40 – Adelsroman. Susan Hastings

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Fürstenkrone Classic 40 – Adelsroman - Susan Hastings страница 4

Fürstenkrone Classic 40 – Adelsroman - Susan Hastings Fürstenkrone Classic

Скачать книгу

      Ohne zu zögern entnahm ich ihr zwei Stück des braunen Gebäcks, steckte es in die Tasche meiner Hemdbluse und ignorierte den faszinierten Blick Effi Körners.

      Wahrscheinlich hielt sie mich für irre. Vielleicht hielt sie mich auch für besonders clever. Ich wußte es nicht, und ich sollte es an diesem Tag auch nicht erfahren, denn sie drehte sich einfach um und tänzelte summend davon, ihren andern Schützling mit Mittagessen zu versorgen, was zweifellos nicht so glatt vonstatten gehen würde, denn Axel von Ahrgau war eine ausgeprägte Persönlichkeit.

      *

      Ich hatte nicht gewußt, daß wir zu Tisch Besuch bekommen würden. Ich hatte auch Ignatz Mays kleinen Sportwagen nicht auf dem Parkplatz gesehen. Aber ich stand ihm plötzlich gegenüber, als ich im Frühstückszimmer nachsah, ob es schon Zeit fürs Mittagessen sei.

      Normalerweise wurde um halb eins gedeckt, aber Effi hatte ja anscheinend noch mit Axel zu tun. Ich rechnete also nicht ernsthaft damit, bereits jemanden anzutreffen, und war ehrlich verblüfft, Ignatz vor mir zu sehen.

      »Hallo!« sagte er und legte seine feingliedrige feste Hand in meine. »Wie geht’s, wie steht’s? Was macht das Epos? Und was treibt Sie schon in aller Herrgottsfrühe nach Willmshofen?«

      Dieser Mensch hatte mich gesehen. Na, so ein Pech. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte nicht daran gedacht, daß jemand mich sehen könnte, wie ich mit Bodo die Klinik aufsuchte, denn außer den Ahrgaus, ihrem Personal und ihrem Hausfreund Ignatz May kannte ich niemanden in der näheren Umgebung.

      »Und Sie?« konterte ich vorsichtshalber. »Was suchten Sie dort? Ein passendes Motiv für die Herbstausstellung?«

      Er lachte sein sparsames, verhaltenes Lachen.

      »Wenn ich damit erst jetzt anfinge, könnte ich mich begraben lassen, Lillian. Ich mußte mit dem Wagen in die Werkstatt, und während ich wartete, sah ich Sie mit Bodo dort vorbeiziehen.«

      »Mir war auf einmal so langweilig«, seufzte ich und strich mir mein helles glattes Haar aus der Stirn, ohne ihn anzusehen, »mir fiel die Decke auf den Kopf. Ich mußte die nächste Stadt anpeilen, und wenn es auch nur eine Kleinstadt ist.«

      »Ach so, ach so! Was Ähnliches hatte ich mir gedacht. Aber diese Meinung änderte ich, als ich Sie vorhin aus der Tierklinik kommen sah. Mit Bodo.«

      Sein Blick, ehern und sehr klar, fesselte mich. Er hatte ein asketisches Gesicht, sandfarbenes Haar und eine Nase eines Habichts. Er sah nicht wie ein Künstler aus, wie ein Maler, er sah aus wie ein Kriminalbeamter in Zivil.

      Aber ich wußte mit Sicherheit, daß er Maler war, ein bekannter, um nicht zu sagen berühmter Maler. Mir war etwas mulmig zumute, und ich wußte nicht recht, was ich antworten sollte.

      »Ich…«, begann ich sehr zögernd, als die Tür aufging und Constantin, im blauen Blazer mit Goldknöpfen, hereinkam. Er wünschte uns einen guten Appetit und fing sofort mit den Neuigkeiten an, die in der Zeitung standen: eine Mischung aus Politik, Wirtschaft und dem Börsenteil.

      »Na, Bodo«, unterbrach er sich und streichelte seinem Hund den Kopf, »was machst du denn hier, während wir essen? Warum bist du denn nicht draußen, alter Schlawiner? Hat dir dein Hundekuchen wieder nicht geschmeckt?«

      »Wir beide«, sagte ich unbefangen und tätschelte ebenfalls Bodos Kopf, »wir haben beschlossen, uns vorläufig nicht mehr zu trennen. Deshalb.«

      »Ach ja, ich erinnere mich. Du hattest schon vor fünf Jahren eine Schwäche für Vierbeiner. Damals war es ein alter Dackel. Wie hieß er noch?«

      »Silva«, erwiderte ich und dachte an diese längst verblichene, einzige echte Freundin aus jenen bewegten Jugendtagen. »Sie starb an einer Scheinschwangerschaft. Ziemlich scheußlich. Ich hatte seitdem keinen Hund mehr.«

      »Na, du darfst dir unsern ausleihen, solange du hier bist«, versetzte Constantin in der strahlenden Großzügigkeit, die er zuweilen an sich hatte und tauchte den Löffel in die Suppe. »Wo bleibt denn eigentlich meine bessere Hälfte? Es ist gleich eins. Um zwei muß ich in einer Besprechung sein.«

      Tatjana erschien an diesem Mittag nicht zu Tisch. Ich sah sie erst am späten Nachmittag, als ich an die Tür ihres Salons klopfte, weil mir die Sache unheimlich wurde.

      Sie rief ›Herein!‹, und ich trat ein. Sie saß auf ihrem kleinen gelben Chintzsofa vor den rostfarbenen Portieren, blickte nachdenklich von der kleinen Jadefigur in ihrer Hand auf mich, die ich vor ihr stand, und rührte sich nicht.

      »Ich wollte bloß sehen, ob Sie in Ordnung sind. Sie waren nicht zum Essen unten und auch nicht zum Tee.«

      »Ich hatte keinen Hunger. Ich hatte leichte Kopfschmerzen. Außerdem hatte ich keine Lust, irgend jemanden zu sehen. Ich war, wie man das heute nennt, frustriert.«

      Dann lachte sie, schüttelte sich die immer noch nicht aufgesteckten Haare aus der Stirn und stand auf.

      »Kennen Sie das?« fragte sie und legte mir die mattgrüne, kühle kleine Gestalt in die Hand.

      »Keine Ahnung.«

      »Eine Glücksgöttin. Mexikanische Herkunft. Jedenfalls habe ich sie in Mexiko erstanden. Ist schon lange her.«

      »Eine Art Talisman?«

      »Genau das. Ein Talisman. Der einzige, den ich habe.«

      Sie trat an ein kleines Schränkchen, das aussah wie der Tabernakel in der Kapelle, stellte die Glücksgöttin aus Jade wieder an ihren alten Platz und setzte sich mir gegenüber.

      »Nächsten Winter«, sagte sie mit ihrem angestrengten Gastgeberinnenlächeln, »fahre ich mal weg. Irgendwohin in Skiurlaub. Ich hoffe, Constantin hat bis dahin seine Versammlungen alle hinter sich und sein Geschäftsjahr abgeschlossen. Ich hoffe es wirklich.«

      Ich lächelte ebenso höflich und angestrengt zurück. Wir machten Konversation bis sechs Uhr. Kein einziges offenes, aufrichtiges, von Herzen kommendes Wort fiel während der fünfzig Minuten, die wir auf den gelben Chintzmöbeln saßen und uns abwechselnd mit Bodo beschäftigten; denn Bodo war bei mir. Er blieb bei mir bis zum Ende.

      *

      Ich kann nicht behaupten, daß ich besonders kinderliebend gewesen wäre, als ich nach Schloß Ahrgau kam. Was der Sohn des Hauses mit seinen knappen vier Jahren mich als erstes lehrte, war absoluter Respekt vor Kindern, womit ich sagen will, daß ich mich etwas umstellen mußte.

      Axel war eine fertige Persönlichkeit, als ich ihn an jenem Frühsommertag kennenlernte.

      Er war mit seinen Eltern zum Bahnhof gekommen, um mich abzuholen, musterte mich stumm von oben bis unten, unterließ es höflich, einen Kommentar abzugeben, und weigerte sich standhaft, mir die Hand zu reichen.

      Da keiner von uns darauf bestand, trollte er sich erleichtert, und wenn es Constantin nicht im letzten Moment aufgefallen wäre, daß sein Sohn fehlte, hätte Axel eine interessante Reise mit einer Lokomotive gemacht, die gerade zum Rangieren ansetzte und auf deren Trittbrett er sich versteckt hatte.

      Es gab nichts, wofür sich dieses Kind nicht interessierte, besser gesagt, nichts Fahrbares, was ihn nicht in Verzückung versetzt hätte.

      Zwei Monate lang beobachtete ich Axel, teils aus eigenem Antrieb,

Скачать книгу