Fürstenkrone Classic 40 – Adelsroman. Susan Hastings

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Fürstenkrone Classic 40 – Adelsroman - Susan Hastings Fürstenkrone Classic

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schüttelte abweisend den Kopf.

      »Damit hat es nichts zu tun. In diesem Punkt sind Sie mir erstens weit voraus, und das dürfte selbst Ihnen längst klar sein. Zweitens ist es nicht so wichtig, wie Sie vielleicht denken. Viel wichtiger ist, daß man kontaktfreudig ist, sich liebend gern mit Menschen umgibt, schier nicht genug davon bekommen kann und immer wieder ins Vergnügen springen will, was so viel heißt, daß man eine Menge Kraftreserven haben muß. Die ich nicht habe. Ich sehe nur so aus.«

      Sie lächelte immer noch und sah mich von der Seite an.

      »Sie wirken an sich ziemlich kräftig«, stellte sie scherzhaft fest. »Sie haben etwas Sportliches in Ihrem Äußeren und Ihrer Figur.«

      »Das täuscht«, seufzte ich und strich mein Haar gewohnheitsmäßig aus der Stirn, »das hat schon viele irritiert. Constantin hat früher immer gemeint, ich sähe aus wie ein Nivea-Mädchen, Sie wissen schon, Wind, Wasser, Wellen, Sonne, Frische. Ich habe aber nur diese Ausstrahlung, möglicherweise auch diese Farben, blond und braunhäutig und blauäugig. Im Grunde meiner Seele bin ich ganz, ganz anders.«

      »Wir sind alle ganz, ganz anders im Grunde unserer Seele«, seufzte Tatjana, halb belustigt, halb ernsthaft, »wenn Sie wüßten, was für eine

      Mördergrube in meinem Herzen herrscht.«

      »Da stehen Sie nicht allein, wenn Sie das trösten sollte«, gab ich ebenso leichthin zurück, »jeder Mensch, sofern er nicht ganz oberflächlich ist, hat Tiefen, die man nicht unbedingt ausloten sollte. Aber kommen wir zum Ausgangspunkt zurück. Meinetwegen brauchen Sie keine Riesenparty zu veranstalten. Sommerfeste können sehr schön sein, aber mir persönlich reicht durchaus ein gutes Gespräch mit Ihnen oder eine freundschaftliche Diskussion mit Ignatz May über Kunst und Kitsch.«

      »Sie sind ein bescheidenes Mädchen, und für Ihr Alter sind Sie überaus einsichtig.«

      »Das gehört zu meinem Beruf, gewissermaßen.«

      »Ach, ich weiß nicht. Ich kenne ein paar Leutchen aus Ihrer Branche, die ziemlich unausgegoren sind. Nein, nein, Sie sind ein durchaus ernsthafter Mensch, ein bißchen zu ernsthaft vielleicht.«

      Ich wischte diese letzte Bemerkung mit einer Handbewegung weg. Dann beugte ich mich im Liegestuhl vor, schob meine Sonnenbrille hoch auf die Stirn und sah Tatjana mit meinen gelegentlich wirklich überraschend blauen Augen fest ins Gesicht.

      »Axel erwähnte vorhin, drüben an der Parkmauer stehe zuweilen ein komischer Mann. Im Zusammenhang mit den Flaschenscherben, von denen ich Ihnen gestern flüchtig erzählte, könnte Ihr Sohn recht haben, finden Sie nicht?«

      Tatjanas Gesicht blieb liebenswürdig und belustigt. Sie seufzte einmal tief, fuhr sich mit der Hand über die Stirn und sagte schließlich: »Werden Sie sich jetzt auch eine Waffe zulegen, so wie Axel? Werden Sie jetzt auch Detektiv spielen wie er, der hinter jedem Baum einen Indianer und hinter jeder Stalltür einen Löwen sieht? Lillian, wir sind hier nicht im Wilden Westen, auch wenn mein Sohn Sie liebend gern davon überzeugen würde. Dies ist ein ruhiger, uninteressanter und, wie Sie sehr richtig behaupten, schlecht organisierter alter Herrensitz. Wir haben keine Geister um Mitternacht, auch wenn es mir selbst manchmal ein bißchen unheimlich ist wie neulich nachts – es liegt an meinen Nerven, das dürfen Sie mir glauben, die waren nie die besten. Wissen Sie eigentlich, daß ich Ihnen um fast zehn Jahre voraus bin?«

      Ich starrte sie an, das klare, faltenlose Profil, das glänzende Haar, die zierliche Tänzerinnenfigur.

      »Kann ich kaum glauben«, brachte ich kopfschüttelnd hervor.

      »Müssen Sie aber. Ich bin ein gutes Jahr älter als Constantin, was an sich nicht weiter stört. Bloß an meiner

      nervlichen Konstitution merke ich manchmal, daß ich nicht mehr die Allerjüngste bin, nicht mehr ganz taufrisch, nicht mehr ganz so leistungsfähig, wie man es mit Mitte zwanzig ist – in Ihrem Alter also –, und mit Axel hat es die gleiche Bewandtnis. Ich hätte ihn ein bißchen früher kriegen sollen. Das wäre für uns beide besser gewesen. Aber viel früher habe ich Constantin ja nicht gekannt, also konnte es gar nicht zu Axel kommen. So, nun lasse ich Sie mit Ihren Betrachtungen wieder allein. Effi, es hilft alles nichts, muß man zuweilen ein bißchen auf die Finger sehen. Und was die Flaschenscherben betrifft, machen Sie sich keine Gedanken mehr darüber. Schließlich hat unser Personal auch mal Besuch, nicht wahr?«

      Ich ließ sie gehen, ohne ihr die Frage gestellt zu haben, die mir auf den Lippen brannte, seitdem ich sie näher kannte. Anfangs hatte es diese Frage nicht gegeben.

      Wir haben uns zufällig im Haus eines Verlegers anläßlich eines Abends am Kamin getroffen. Es waren nur wenige, illustre Gäste anwesend, und ich fungierte im Schlepptau eines brillanten Kollegen sozusagen am Rande. Aber ich wollte unbedingt zu dieser Party, weil ich wußte, Constantin würde dort sein. Und ich wollte seine Frau kennenlernen, koste es, was es wolle.

      Im Endeffekt kostete es mich gar nichts, denn mein Kollege war ein Menschenfreund. Ich brauchte ihm nichts zu erklären. »Komm mit, wenn es dir Spaß macht«, sagte er lässig. Und so kam es, daß am schmiedeeisernen Gitter vor einem fremden Kamin mein Blick auf Tatjana von Ahrgau fiel – mein allererster Blick.

      Mein zweiter Blick fiel erst auf Constantin, der sich meiner Ansicht nach sehr veränderte hatte. Er wirkte bedeutend gesetzter und bürgerlicher als früher, wo er halb den Bohemien, halb den alten Adel zuweilen herausgestrichen hatte.

      Heute, und ich wußte nicht, ob mir das nun imponierte oder nicht, war er ein ausgewachsener Mann mit Berufspflichten, Geschäftsinteressen, Heim und Herd und Familie.

      Man konnte fast vergessen, daß er einmal der bekannte und berühmte Sproß eines alten Hauses gewesen war, den wir in unseren Universitätsjahren alle in ihm sahen. Damals war er bedeutend interessanter gewesen, oder wenigstens war er mir so vorgekommen, während er heute bedeutend menschlicher war und einem näher schien.

      Im übrigen verbrachte er einen großen Teil seines Lebens in den Wirtschaftskreisen, denen er vorstand, und in Ahrgau hielt er sich, bei Licht betrachtet, nur zum Essen und zum Ausruhen auf.

      Eigentlich, dachte ich und rekelte mich in meinem Liegestuhl, hat Tatjana wenig von ihm und wenig an ihm, und für Axel mochte im Grunde dasselbe gelten. Constantin war, gleich vielen anderen Karrieremännern, ein gehetztes Wild zwischen Schreibtisch, Sitzung, offiziellen Anlässen und Familie.

      Aber er war und blieb das vorletzte Glied in einer Kette aus Tradition, ruhmreicher Vergangenheit und entsprechender Verpflichtung. Niemals würde er aus diesem Bannkreis ausbrechen können, niemals würde er dieses Schloß verlassen und leichter, unbelasteter, bequemer und selbständiger leben.

      »Hallo!« hörte ich in diesem Moment seine freundliche, heitere aufmunternde Stimme neben mir. »Du schläfst doch nicht etwa am hellen Mittag? Gleich gibt’s Kaltschale. Ich rieche es bis hier heraus.«

      Ich sah an ihm empor, blinzelnd wegen der grellen Mittagssonne, an seinen knappen zwei Metern, die zwar nicht mehr ganz so mager und drahtig waren wie vor fünf Jahren, aber immer noch genauso beweglich.

      Er hatte braunes Haar, offene braune Augen und immer, aber auch immer ein liebenswürdiges Wort auf den Lippen. Manchmal wünschte ich mir, er würde sich gegen seine Gewohnheit zu einer ruppigen Bemerkung hinreißen lassen, einmal nur, aber diesen Gefallen tat er mir nie.

      Er war der besterzogenste Mann, der mir je begegnet war, der einzige Gentleman, den ich je kennengelernt hatte. Und darin lag vermutlich seine

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