Animus. Astrid Schwikardi

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Animus - Astrid Schwikardi Köln-Krimi

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etwas abseits vom Geschehen und beobachtete drei junge Frauen in Bundeswehruniform. Eine von ihnen kannte er: Tatjana. Er hatte sie vor einigen Tagen in einem Supermarkt kennengelernt. Rein zufällig, so dachte zumindest Tatjana.

      Im Moment feierte sie ausgelassen mit ihren Freundinnen, doch schon bald würde sie sich auf den Heimweg machen, um rechtzeitig zur Geburtstagsfeier ihrer Großmutter zu Hause zu sein. Jedenfalls hatte sie ihm das am Telefon erzählt, nachdem er sie nach einem Date gefragt hatte.

      Auf der Showbühne gab der Sänger der Kölner Mundart-Band Brings alles und heizte seinem Publikum mit dem Lied ‚Mir sin all nur Minsche’ ordentlich ein. In den vorderen Reihen hoben die Jecken ihre Arme und jubelten der Band zu.

      Keine zehn Minuten darauf mischten sich die Soldatinnen unters Fußvolk und ließen sich vom Menschenstrom mitreißen. Kurz vor dem Rheinufer lösten sie sich aus der Menge. Er folgte ihnen durch die schmale Gasse und beobachtete sie aus sicherer Entfernung. Tatjana war stehen geblieben und zog ein Haargummi aus ihren Haaren. Eine rotblonde Löwenmähne kam zum Vorschein, die sie zuvor als Pferdeschwanz unter ihrer Schirmmütze getragen hatte. Fasziniert hielt er seinen Blick auf sie gerichtet. Ihre Bewegungen waren anmutig. Ihre natürliche Erscheinung war mehr als anziehend. Mit ihrer Schönheit übertrumpfte sie alle weiblichen Geschöpfe, die er jemals vor ihr gesehen hatte. Alles an ihr wirkte so lebendig, so rein. Von der ersten Sekunde an hatte er gewusst, dass sie füreinander bestimmt waren.

      Er schaute zur Deutzer Brücke, unter der gerade ein beladenes Containerschiff durchfuhr. Durch das nasskalte Novemberwetter war seine Maske mittlerweile durchgeweicht. Ein eisiger Nordostwind ließ ihn frösteln. Sein Blick wanderte über die Rheinpromenade, die nach wie vor mit Menschen überfüllt war. Suchend sah er sich um, als er bemerkte, dass er Tatjana aus den Augen verloren hatte. Für einen kurzen Augenblick erkannte er in der vorangeschrittenen Abenddämmerung noch ihre Silhouette, bis sie hinter einer Absperrung verschwand. Er setzte sich in Bewegung, eilte die Promenade entlang und rempelte Piraten, Marienkäfer und grinsende Clowns an. Innerhalb kürzester Zeit hatte er die Frauen wieder eingeholt. Vorsorglich hielt er Abstand und blieb einige Meter hinter ihnen. Minutenlang verfolgte er sie durch die Innenstadt, bis sie plötzlich ihre Schritte beschleunigten und zu einer Haltestelle liefen, an der bereits die Buslinie 132 wartete, allerdings stieg nur Tatjana ein. Er lief über die Straße, ohne nach links und rechts zu sehen, rannte über den Bürgersteig und stieß auf halber Strecke gegen einen betrunkenen Matrosen, der ins Taumeln geriet und zu Fall kam. Gerade noch rechtzeitig erreichte er den Bus und zwängte sich durch den Spalt der zugehenden Schwenktüren.

      In den hinteren Sitzreihen entdeckte er Tatjana. Sie saß neben einem Geschäftsmann, doch er schien keinerlei Notiz von ihr zu nehmen, da er nicht aufsah und weiterhin konzentriert auf sein iPad starrte.

      Er kämpfte sich durch den überfüllten Bus, drängelte sich an den Fahrgästen vorbei und blieb neben einem sitzenden Rentner mitten im Gang stehen. Von dort aus konnte er zumindest Tatjanas Haaransatz sehen. Unbemerkt sah er zu ihr hinüber, als der Bus losfuhr.

      Kurz vor der Haltestelle ‚Marienburg Arnoldshöhe’ stand Tatjana auf. Die Anzeigetafel kündigte die nächste Haltestation an. Der Busfahrer verlangsamte die Geschwindigkeit, während sich Insassen von ihren Sitzplätzen erhoben und sich den Ausgängen näherten. Leise Musik drang aus dem iPhone eines Mädchens an sein Ohr, als der Bus in der Haltebucht zum Stehen kam. Nacheinander stiegen die Fahrgäste aus. Unter ihnen Tatjana, die hastig ihre Schirmmütze aufsetzte und sie tief ins Gesicht zog. Im Gegensatz zu den anderen Insassen wählte sie als Einzige den Weg durch die Wohnsiedlung ‚Heidekaul’.

      Er folgte ihr unauffällig im Schutz der Bäume. Auf Höhe der Tennisplätze, auf denen zu dieser Jahreszeit niemand mehr spielte, drehte sie sich plötzlich um. Eilig versteckte er sich hinter einem Baum und wartete, bis sie in eine Nebenstraße abbog. Sofort rannte er los, schlug den Weg über eine Parallelstraße ein und näherte sich einem Spazierweg, der durch ein angrenzendes Waldgebiet führte. Als Kind war er mit dem Fahrrad oft solche Wege gefahren, doch nach einem schweren Sturz, war ihm der Spaß am Fahrradfahren vergangen. Mehr Glück als Verstand hatte er gehabt, denn wäre er nur wenige Zentimeter vorher zu Fall gekommen, hätte eine Eisenstange seine Kehle durchbohrt. So aber war es nur sein Schultergelenk gewesen. Seitdem hatte er nicht mehr auf einem Fahrrad gesessen. Ein letztes Mal sah er sich um und vergewisserte sich, dass kein Fußgänger in der Nähe war. Doch die Sicht war durch die einsetzende Dunkelheit schlecht.

      Zwei Lastwagen fuhren mit überhöhter Geschwindigkeit über die B51 in Richtung Innenstadt, während er querfeldein über die Wiese lief. Spätestens an der Gabelung kreuzten sich ihre Wege. Genau dort würde er zuschlagen.

       Kapitel 2

      Kriminalhauptkommissar Mark Birkholz fuhr sich gähnend durch seine blonden zerzausten Haare, verschränkte seine durchtrainierten Unterarme und ließ den Blick über die feiernde Hochzeitsgesellschaft schweifen. Er saß im hinteren Bereich des Festsaals an einem Tisch, der mit Efeu, cremefarbenen Rosen und Sisal geschmückt war. Gelangweilt zog er sein Smartphone aus der Hosentasche und checkte die News des 1. FC Köln. Mit dem dunkelgrauen Anzug und dem weißen Hemd hätte Mark ohne Bedenken als Bräutigam durchgehen können. Doch der kauerte am Nachbartisch und ließ das Abfüllritual seiner Freunde widerstandslos über sich ergehen. Tim Albrecht, der Bräutigam, war ein alter Studienkollege. Sie hatten sich während ihres Studiums an der Hochschule der Landespolizei kennengelernt. Nach erfolgreichem Abschluss hatte es Tim nach Frankfurt verschlagen, während Mark in Köln geblieben war.

      Tim wurde erneut ein Ouzo vorgesetzt, den er mit einem Schluck die Kehle hinunterschüttete.

      Mark richtete seine Aufmerksamkeit auf die Tanzfläche. Wenige Minuten zuvor hatte sich Tims frisch angetraute Gattin Elaia unter die tanzenden Gäste gemischt und legte gerade mit ihren Brüdern und Cousins einen schweißtreibenden Sirtaki aufs Parkett. Mark verstaute sein Handy in seinem Jackett, lehnte sich zurück und starrte in sein volles Weinglas. Sein Magen war durch das viele Essen kurz vorm Platzen. Gebackenes Lammkarree. Dazu unzählige mit einem Speckmantel umwickelte Prinzessbohnen. Keine Viertelstunde danach hatte sich ein quälender Druck in seinem Magen ausgebreitet, der im Minutentakt stärker wurde. Er sah auf die Armbanduhr und stellte zu seiner Verwunderung fest, dass es erst kurz nach neun war.

      Neugierig drehte er sich um, als es am Nachbartisch lauter wurde. Der Bräutigam war aufgestanden und hielt sich schwankend am Tisch fest, dabei drifteten seine Augäpfel unkontrolliert in alle Himmelsrichtungen. Gleichzeitig verzog er den Mund, als wenn er Essig pur getrunken hätte.

      Der übergibt sich gleich, und ich mich auch, dachte Mark und sah Tim hinterher, der mit der Hand vor dem Mund zur Terrassentür torkelte. Von den Magenschmerzen konnte Mark das allerdings nicht ablenken, denn die zentnerschweren Steine in seinem Bauch wurden langsam unerträglich. Kurzerhand erhob er sich vom Stuhl und näherte sich Elaia, die gerade mit tosendem Beifall vom Parkett komplimentiert wurde. Die bildhübsche Griechin strahlte übers ganze Gesicht, als Mark neben sie trat und ihr auf die Schulter tippte.

      „Nehmt es mir nicht übel, aber ich hau ab.“

      Ihre Mundwinkel sackten hinunter. „Das ist nicht dein Ernst. Ausgerechnet jetzt? Oder liegt es daran, dass du niemanden kennst?“

      „Nein. Ich habe mich nur vollkommen überfressen. Das Lamm war aber auch eine Wucht.“

      Sie lächelte und küsste ihn auf die Wange. „Dann sieh zu, dass du schnell wieder fit wirst und bestell Stefan liebe Grüße von mir. Schade, dass er nicht kommen konnte.“

      Mark nickte. „Und richte deinem Göttergatten aus, dass ich mich bei ihm melde.“

      „Wieso

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