Der Deutsch-Französische Krieg: 1870/71. Jochen Oppermann

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Der Deutsch-Französische Krieg: 1870/71 - Jochen Oppermann

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Genaueres, musste allerdings niemals ihre Tauglichkeit unter Beweis stellen (Nipperdey, Bürgerwelt, S. 355). Generell kann bereits hier gesagt werden, dass die Jahre, die auf die Gründung des Deutschen Bundes folgten, eine für Zentraleuropa ungewöhnlich friedliche Zeit waren, die jedoch innenpolitisch mit Zensur und Unterdrückungsmaßnahmen einherging. Erst 1848/49 sollten in dieser Region wieder Schlachten geschlagen werden, die aber lokal sehr begrenzt blieben, wie die Italienischen Unabhängigkeitskriege oder der Schleswig-Holsteinische Krieg von 1848–51.

      Preußen verfolgte bereits früh Bestrebungen, die nord- und süddeutschen Staaten zu einer Zollunion zusammenzuschließen. Am 1. Januar 1834 wurde der »Deutsche Zollverein« gegründet, der die meisten deutschen Staaten außer Österreich umfasste. Mit der Gründung des Zollvereins war Preußen endgültig zur Führungsmacht zunächst in wirtschaftlicher Hinsicht aufgestiegen (Winkler, S. 85). Auch wenn sich der kleindeutsche Nationalstaat – also ein Staat ohne Österreich – damit andeutete, war noch längst nicht klar, dass dieser genauso entstehen würde.

      1840 kam es zur »Rheinkrise«, der Forderung Frankreichs nach linksrheinischen Gebieten. Ihren Anstoß hatte diese zwar nicht in Europa, sondern in Frankreichs Engagement im Nahen Osten (Langewiesche, 1993, S. 17), jedoch waren die Folgen zutiefst europäisch, weil dadurch die seit 1815 abgeklungene Franzosenfeindlichkeit wieder an Nahrung gewann. Die »Wacht am Rhein«, das Lied, das zur inoffiziellen Nationalhymne im Deutschen Kaiserreich werden sollte, entstand zu diesem Anlass. Doch man war im Deutschen Bund gerade stark innenpolitisch beschäftigt, weshalb die »Rheinkrise« nur einen kurzen Aufreger darstellte. Frankreich war zu sehr Vorbild, um den deutschen Fürsten als Feindbild zu dienen. Sie hatten andere Sorgen: ein immer stärker werdendes Bürgertum, das politisches Mitspracherecht forderte, und verelendende Arbeiter, die ein menschenwürdiges Leben haben wollten. Auch dieses Mal flogen die Funken aus dem Westen herüber und entzündeten die deutschen Pulverfässer. In Berlin versammelten sich am 13. März 1848 rund 20 000 Menschen, um gegen Wucherer und Kapitalisten zu demonstrieren. In Paris war es bereits ab dem 21. Februar zu Unruhen gekommen, die nach drei Tagen den französischen »Bürgerkönig« Louis-Philippe (1773–1850) ins Exil trieben. Doch König Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) in Berlin dachte nicht daran, seinen von Gott gegebenen Thron zu verlassen, und zog sein Militär zusammen. Häuserkampf, Erstürmung und Verteidigung von Barrikaden, der Einsatz von Artillerie und letztlich ein besonnener General, der seinem König davon abriet, weiter auf das eigene Volk zu schießen – das waren die Zutaten der »Märzrevolution« in Berlin (Nipperdey, Bürgerwelt, S. 599). Letztlich senkte König Friedrich Wilhelm IV. sein Haupt vor den »Märzgefallenen«. Die Revolution schien gesiegt zu haben.

      Daraufhin wurde ein Jahr lang in Frankfurt heftig zwischen den Abgeordneten debattiert, bis schließlich am 28. März 1849 die »Paulskirchenverfassung« verabschiedet wurde. Diese war eine kleindeutsche Lösung ohne Österreich, bei der der preußische König als Kaiser vorgesehen war. Dieser musste nur noch zustimmen, und die Hoffnung so vieler Deutscher seit den Befreiungskriegen gegen Napoleon auf Freiheit und Einheit ginge in Erfüllung. Am 3. April 1849 traf die Delegation aus Frankfurt in Berlin ein, um Friedrich Wilhelm die Kaiserkrone anzubieten. Er, der König von Gottes Gnaden, sollte eine Krone tragen, die Bauern, Handwerker, einfache Bürger ihm anboten? Friedrich Wilhelm lehnte den »imaginäre[n] Reif, gebacken aus Dreck und Lettern« ab, weil der »Ludergeruch der Revolution« an ihm klebe (zitiert nach: Winkler, S. 122). Dies bedeutete das Ende der Nationalversammlung, die ohne eine Exekutive gescheitert war. Gleichzeitig sammelte sich die Gegenrevolution und es kam zu Kämpfen, die mit der Niederschlagung des Maiaufstandes am 23. Juli 1849 bei Rastatt endeten. Preußen versuchte noch im Nachgang der Revolution, einen deutschen Nationalstaat unter seiner Führung zu etablieren, was jedoch in die Herbstkrise 1850 mündete. Krieg zwischen Österreich, Russland, einigen deutsche Staaten wie Bayern einerseits und Preußen andererseits stand kurz bevor und wurde gerade noch verhindert. Im Vertrag von Olmütz, unterschrieben am 29. November 1850, gab Preußen nach und stimmte der Wiederherstellung des Deutschen Bundes zu (Gall, 1997, S. 42). Im Grunde war damit der Preußisch-Österreichische Dualismus unaufhebbar geworden – eine Entscheidung lag in der Luft.

      Noch während der Revolution war es 1848 zur Schleswig-Holsteinischen Erhebung gekommen. Die Herzogtümer Schleswig und Holstein waren Teil des Deutschen Bundes, aber in Personalunion mit dem Königreich Dänemark verbunden. Im Großen und Ganzen ging es darum, dass die meist deutsche Bevölkerung sich einem deutschen Nationalstaat, der 1848 ja noch möglich war, anschließen wollte. Es wurde eine provisorische schleswig-holsteinische Regierung gebildet, die, vom Deutschen Bund unterstützt, gegen Dänemark kämpfte. Der Krieg endete nach drei Jahren mit dem Londoner Protokoll, das dem Sieger Dänemark die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg garantierte, aber dennoch deren Selbstständigkeit betonte (Buk-Swienty, Düppel, S. 137 f.). Sowohl der Deutsch-Deutsche (1866) als auch der Deutsch-Dänische Krieg (1864), die beiden ersten »Einigungskriege« also, haben somit ihre unmittelbaren Vorläufer in der Revolution von 1848/49. Doch nunmehr war nicht mehr Freiheit die Triebfeder im Hintergrund des Geschehens, was sich in einer liberalen Verfassung mit Grundrechten gezeigt hätte, sondern die Einheit der Nation. Und diese sollte nun von »oben« kommen mithilfe von »Eisen und Blut« (Krockow, 2000, S. 154).

      Im August 1863 lud der österreichische Kaiser Franz Joseph (1830–1916) nach Frankfurt ein, um über eine Reform des Deutschen Bundes zu beraten. Das Kaiserreich Österreich war als Vielvölkerstaat lange dem Druck der Nationalbewegungen ausgesetzt gewesen und hatte diese geflissentlich ignoriert oder bekämpft. Nun wollte man zu ersten zaghaften Reformen übergehen und auch im Deutschen Bund Zugeständnisse machen. Die Frankfurter Reformakte vom 1. September 1863 sollte der Startschuss für eine Entwicklung von einem Staatenbund hin zu einem Bundesstaat sein. Doch Preußen war den Verhandlungen ferngeblieben, weil die Vorschläge ihnen nicht weit genug gingen. Gerade die mittleren Staaten des Bundes befürchteten daraufhin eine hegemoniale Stellung Österreichs, weshalb auch sie das Projekt letztlich scheitern ließen (Winkler, S. 159). Wenn es eines letzten Beweises bedurft hätte, dass der Deutsche Bund dank des preußisch-österreichischen Dualismus nicht zu reformieren war, hatte ihn der gescheiterte Frankfurter Fürstentag endgültig erbracht.

      Im Norden des Deutschen Bundes bahnte sich derweil Unheil an. Die Schleswig-Holsteinische Erhebung gegen Dänemark, die mit der Niederlage und einem Sonderfrieden Preußens mit Dänemark geendet hatte, war weder vergessen noch verarbeitet. An der Darstellung, worum es eigentlich genau ging, scheiterten bereits Fachleute. Jedenfalls wurden die jeweiligen Kriegserklärungen förmlich korrekt am 31. Januar 1864 übergeben. Auch wenn jede Polemik beiseitegelassen wird, so bleibt dennoch die Feststellung, dass sich das Königreich Dänemark selbst überschätzte. Es verließ sich auf einen jahrhundertealten Mythos, das Danewerk. Diese Befestigungsanlage aus dem Mittelalter war an die modernen Begebenheiten des Krieges angepasst worden. Schanzen und Befestigungen sollten Eindringlinge aus dem Süden aufhalten. Die beinahe 70 Kilometer langen Schanzanlagen im Süden Jütlands erwarteten im strengen Winter 63/64 die bundesdeutschen Truppen. Am 21. Dezember 1863 hatte nämlich der Deutsche Bund eine Bundesexekution über Holstein verhängt. Dem preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck (1815–1898) war es damit gelungen, den Krieg gegen Dänemark zunächst nicht als preußischen, sondern als deutschen zu führen. Es wurde eine Exekutionsarmee des gesamten Deutschen Bundes in den Norden verlegt, was eine völlig legitime und auch innenpolitische Maßnahme war. Holstein gehörte zum Bund. Alles, was darüber hinausging, war keine Bundesexekution mehr, sondern der Deutsch-Dänische Krieg. Dafür wurden die preußischen und österreichischen Truppen aus den Exekutionstruppen herausgelöst.

      Am 1. Februar marschierten diese in Schleswig ein und bereits am 2. Februar mussten die Truppen unter Prinz Friedrich Karl von Preußen (1828–1885) bei Missunde an der Schlei feststellen, dass es kein Spaziergang werden würde. Die Preußen wurden zurückgeschlagen. Trotzdem ließ der dänische General Christian Julius de Meza (1792–1865) vier Tage später die Befestigungen des Danewerks räumen und zog sich nach Norden zurück (Buk-Swienty, Düppel, S. 177 ff.). Bei Düppel erwartete er in gut ausgebauten Schanzanlagen die heranrückenden Truppen unter dem Neffen des preußischen Königs. Am 14. April erstürmten die Preußen die Düppeler Schanzen und entschieden

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