Wundersame Geschichten II. Detlev Stäcker

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Wundersame Geschichten II - Detlev Stäcker

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habe mir die Sache überlegt«, begann Ernest Graham etwas unschlüssig. »Obwohl ich mir nicht denken kann, dass trotz der von Ihnen betonten Indizien große Aussichten bestehen, an dieser Stelle etwas zu finden, werde ich eine Untersuchung einleiten. Ich will Ihnen gerne erläutern, was mich zögern lässt. Es gibt aus der ganzen Grabungsgeschichte im Tal der Könige keinen Hinweis auf weitere Gräber am Ende dieses Seitentals, auch keine Hinweise aus Papyri oder antiken Inschriften. Wir haben gerade in der Gegend zuletzt vor vier Jahren eine ziemlich eingehende Untersuchung erfolglos abgeschlossen. Und jetzt kommen Sie und Ihr Hund Blackie und halten es für möglich, dass Ihr Hund uns trotz unserer modernen Suchgeräte eines Besseren belehrt!«

      Er machte eine Geste etwas komischer Verzweiflung.

      »Andererseits sind wir ja schon häufiger eines Besseren belehrt worden. Und in unserer Wissenschaft gibt es zugegebenerweise viele Unsicherheiten. Und die bisherigen Erfahrungen mit Ihrem Hund machen einen neugierig. Sie müssen mir nachsehen, dass ich Ihre Berichte von Blackies Entdeckungen in England habe nachprüfen lassen, besonders den über seinen Fund im St. Augustin Kloster in Ramsgate. Ob ich meine Absicht, dort zu graben, verwirklichen kann, ist jedoch noch ungewiss. Sie müssen verstehen, dass ich eine neue teure Recherche nicht allein entscheide. Was glauben Sie wohl, was meine Peers im Genehmigungsausschuss sagen, wenn ich die Untersuchung mit der einfachen Begründung beantrage, dass sich der Hund von Freunden aus England an einer bestimmten Stelle in der Nähe von KV15 auffällig benahm. Sie würden mich auslachen, und ausgelacht werden hat nicht nur die Ablehnung eines solchen Antrags zur Folge, sondern ist gelegentlich sogar der Tod für einen Wissenschaftler.«

      Nun musste er selbst lachen.

      »Ich muss diesen nächsten Schritt also wirklich sehr gut vorbereiten. Ich gebe Ihnen allerdings gern zu, dass ich selbst inzwischen gespannt bin. Man bekommt nicht oft in seinem Leben eine so merkwürdige Chance, auch wenn ich einen Erfolg, wenn Sie mich heute auf Ehre und Gewissen fragen, nicht einmal auf eins zu hundert einschätzen würde. Zu oft waren unsere Bemühungen erfolglos.«

      Er hob sein Weinglas und prostete der Runde zu.

      »Ich habe mich jedenfalls entschieden. Wenn etwas daraus werden sollte, werden Sie das während Ihres Besuchs hier nicht mehr mitbekommen. Sie sind dann längst wieder in England. Aber ich verspreche Ihnen, dass ich Ihnen zu gegebener Zeit Nachricht geben werde.«

       Am nächsten Morgen in der Frühe machte sich die Alexandria auf zur Weiterfahrt nach Assuan. Vater und Tochter Burgess saßen mit ihrem morgendlichen Tee auf der Aussichtsterrasse und beobachteten das Ablegen und danach das Leben und Treiben an den beiden Nilufern.

      Die Alexandria machte ihren ersten Stopp beim Ort Esna, wo sie den Tempel des Gottes Chnum und seiner Konsortin Neith und ihres Sohnes besichtigten.

      Der zweite, viel interessantere Aufenthalt war etliche Meilen weiter südlich am Ort Idfu, der früher Edfu hieß, in dem eines der Wunderwerke des ägyptischen Tempelbaus zu besichtigen war: der mit Recht als einer der schönsten und am besten erhaltenen Tempel des ganzen Landes gepriesene Tempel des Horus, des Gottes der Sonne und des Lichtes. Die Reliefs in den hohen rötlichen Sandsteinmauern waren mit das Schönste und die Säulenreihen im Innenhof nach Karnak das Eindrucksvollste, was die Burgess auf ihrer Reise zu sehen bekamen. Lange bewunderten sie das große steinerne Standbild des Falken, des Sinnbildes des Gottes, neben dem Tor im Innenhof.

      Die nächste Station dieser Reise, der Doppeltempel des Krokodilgottes Sobek mit dem des Osiris am Ufer des Nils, ganz in der Nähe des Ortes Kom Ombo, war ebenfalls den Aufenthalt wert.

      Ganz besonders gespannt aber waren die Burgess’ auf den letzten Zwischenstopp vor ihrer Ankunft in Assuan im Örtchen El Kays. Unterstützt von Ernest Graham hatten sie Kapitän Achmed Nasseri in Luxor ihren Wunsch vorgetragen und hatten bei ihm sofort Gehör gefunden.

      »Sie meinen wegen des Tempels des Anubis, nicht wahr? Ich habe mir das fast denken können, als ich Sie mit Ihrem Hund an Bord kommen sah. Was für ein Prachtexemplar. Das reine Ebenbild von Anubis in der Hundegestalt! Wir gehen auf solche Sonderwünsche gern ein, wenn die Landebedingungen nicht zu schwierig sind. Die Alexandria bedient eben nicht den Massentourismus, sondern mehr die Reisenden mit eigenen Reisevorstellungen, wie Sie es bei der Planung ja sicher gemerkt haben – auch im Preis natürlich!«

      Er lachte und fuhr fort: »El Kays liegt auf beiden Seiten des Nils mit der Insel im Strom dazwischen. Ich weiß nicht, wie sie im alten Ägypten hieß. Ich erinnere mich an den Namen, den die Griechen ihr gaben: Cynopolis, die Hundestadt. Ah, das wissen Sie? Ich habe dort schon früher angelegt und kenne den Landeplatz an der Insel, auf dem sich der Tempel und der Hundefriedhof befinden. Ich habe mich da einmal umgesehen, muss aber gestehen, dass diese Tempelanlage nicht mehr viel hermacht. Sie ist einfach zu alt. Ich weiß nicht einmal, ob es überhaupt noch Leute gibt, die sich um einen Anubiskult bemühen. Dass dieser Gott der Unterwelt aus den Vorstellungen des Volkes besonders hier im oberen Ägypten bislang nicht verschwunden ist, obwohl sich die meisten inzwischen zum Islam und viele auch zum koptischen Christentum bekennen, kann ich aus vielen Beobachtungen bezeugen. Also, Ihr Wunsch ist mir Befehl. Wir werden dort voraussichtlich gegen Mittag ankommen und knapp zwei Stunden bleiben können. Ich hoffe, das reicht für Ihre Wünsche.«

      Gegen elf Uhr des folgenden Tages kam Kapitän Nasseri persönlich auf das Sonnendeck, um die Burgess‘ daran zu erinnern, dass die Alexandria in etwa einer Stunde im ehemaligen Cynopolis, an der Insel im Nil, anlegen werde.

      Vater und Tochter zogen sich um und warteten kurz vor der Landung mit Blackie und ein paar anderen Passagieren am Landungssteg, der nach ein paar Manövern von ein paar kräftigen Matrosen auf den Pier geschoben wurde und die Besucher auf die Insel entließ. Es war außerordentlich heiß. Aber da der Weg zum Tempel, der nicht mehr als 80 Schritte entfernt zwischen ein paar Palmen vor ihnen aufragte, nicht weit war, gab es kein Problem. Oberst und Amy Burgess steuerten direkt auf den Tempel zu, während sich die anderen Leute etwas verliefen. Blackie folgte ihnen in einer, wie Amy fand, ungewöhnlichen Haltung. Er trug seinen Kopf hoch, seinen buschigen Schwanz waagerecht und schien auf den Tempel fixiert zu sein. Der Tempel aus stark verwitterten rötlichen Sandsteinquadern gebaut, zeigte auf seinen Außenflächen einige Reliefs mit Bildnissen vor allem von Anubis und Ra und viele ziemlich verwitterte Inschriften. Leider war niemand da, der ihnen diese Inschriften entziffern konnte.

      Sie traten durch ein hohes, von zwei dicken Säulen flankiertes Tor in das Halbdunkel der von kleineren Säulen umstandenen Tempelhalle und sahen sich unvermutet, noch bevor sie sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten, einer riesigen steinernen Statue des Anubis gegenüber. Der alte Gott trug, wie sie es von anderen Bildern kannten, den Hundekopf über einem Menschenleib, in der rechten Hand den gegabelten Stab, das ›Was-Zepter‹ und in der linken den ›Anch‹, das Zeichen für das Weiterleben nach dem Tod.

      Unter diesem besonderen Eindruck hatten die beiden Besucher nicht auf ihren Hund geachtet. Als Amy sich nach ihm umdrehte, sah sie, wie er sich in einer völlig ungewohnten Weise, fast kriechend, dem Standbild des Anubis näherte, dann niederlegte, seinen Kopf hob und einen lang gezogenen Ton, halb Gebell, halb Jaulen, so ganz anders als seine früheren Klagelieder, von sich gab. Als er schließlich verstummt war, legte er seinen Kopf auf die Pfoten und schloss seine grünen Augen. Nach einer Weile streckte sich sein Körper und seine aufgerichteten Lauscher sanken in sich zusammen.

      Amy rief erschrocken: »Blackie!« und wollte zu ihm hinstürzen, als eine Stimme hinter ihr auf Englisch leise sagte: »Bitte nicht, Madame. Ihr Hund hat sich mit dem Gott, den er repräsentierte, vereinigt. Sie können ihn nicht mehr erreichen. Er ist am Ende seines weltlichen Lebens.«

      Als sich Amy umdrehte, stand ein alter, grauhaariger Ägypter mit großen dunklen Augen, die tief in ihren Höhlen lagen, vor ihr. Er trug ein langes graues Gewand und alte Sandalen.

      »Dieses

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