... denn alles ist Vorherbestimmt. Elisabeth Schmitz

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... denn alles ist Vorherbestimmt - Elisabeth Schmitz

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ihr Körper lag. Auf gar keinen Fall wollte sie hier bleiben. Sie musste doch wissen, wohin man sie bringt!

      In einem kahlen, nur aus Stahl bestehenden Raum fand Marie sich wieder. Es waren noch andere Lichtwesen hier. Marie nannte sie so, weil sie alle einen kaum merkbaren Lichtschein um sich herum hatten. Die Frau mit dem Kind auf dem Arm war auch da, und sie hielt es immer noch fest an sich gedrückt.

      Und da war noch eine dunkelhaarige Frau, die in einer Ecke stand und Marie anlächelte. Sie war ein wenig pummelig, fiel Marie auf. So wie sie selber. Aber die Frau war ein wenig kleiner als sie.

      Ein Mann, der kein Lichtwesen war, trug einen blauen Kittel und lief im Raum herum. Er wartete wohl auf jemanden. Da ging auch schon die Stahltür auf und.....

      »Nein!«, schrie Marie, »das geht doch nicht! Mama! Ihr könnt sie doch nicht hierher kommen lassen. Legt mich doch in ein Bett. Unmenschlich das Ganze.«

      Frau Heidemann stand mit rotgeweinten Augen vor der Liege mit dem Tuch über ihrer toten Tochter. Der Mann im blauen Kittel hob das Tuch, und die 70-jährige Frau wankte.

      Sie streichelte Maries Gesicht.

      »Wie kalt du bist, mein Mariechen.«

      »Mama, ich bin hier. Direkt neben dir. Oh Mama!«

      Ein unbekannter Mann kam herein und stellte sich als »der Bestatter« vor. Das Tuch wurde wieder über Maries Kopf gelegt. Frau Heidemann ging schlurfend zur Tür. Für Marie war es zu viel, ihre Mutter so leiden zu sehen. Sie war alles, was diese Frau noch hatte.

      Herr Heidemann war schon lange tot, und Maries Mama war freiwillig in eine Seniorenwohnung am Stadtrand gezogen, als Marie bei Andreas einzog. Die Beziehung zu ihm hielt nur kurz, aber Frau Heidemann bestand darauf, in ihrer Wohnung zu bleiben. Sie war Lehrerin gewesen, und ihr Mann hatte ihr eine große Lebensversicherung hinterlassen. Bislang ging es ihr nicht schlecht. Sie hatte viele Freunde dort, wo sie nun wohnte. Aber nun würde sie nie mehr Maries fröhliches »mein Mütterlein« hören können.

      Dann öffnete sich die Tür wieder, und Tina Braune trat in den Raum. Frau Heidemann hatte sie angerufen, ob sie ihre allerbeste Freundin noch einmal sehen wollte. Und das wollte sie unbedingt!

      Tinas Gesichtsfarbe war genauso wie die von Marie. Kreidebleich!

      Als Tina ihre tote Freundin anschaute, hatte sie das Gefühl, dass Maries Körper sich auflösen wollte.

      Oh je, dachte sie, nun breche ich gleich zusammen.

      »Tina«, sagte Marie. »Kannst du mich auch nicht sehen?«

      Tina nahm die Hand von Marie in die ihre und spürte, dass es nur noch eine Hülle war. Schnell verließ sie den kalten Raum, in dem ihre tote Freundin lag.

      Im Flur wartete Frau Heidemann auf sie, und die beiden Frauen, denen nun so viel Leid verband, umarmten sich. Tina bot der älteren Frau an, sie nach Hause zu fahren, und diese nahm das Angebot dankend an.

      Marie wollte mit der Faust an die Stahlwand schlagen, aber sie fuchtelte nur herum. Die Wand schien nicht da zu sein.

      Die dunkelhaarige Frau, die in der Ecke stand, kam zu ihr und sagte: »Ich bin Martha. Komm mit mir. Hier ist kein guter Platz.«

      Sie nahm Marie bei der Hand, und schon standen sie vor einer Bank im Park. Martha setzte sich darauf. Marie plumpste auf die Erde.

      »Versuche es noch einmal. Konzentriere dich auf die Materie.« Es ging nicht. Seltsam, auf ihrem Sarg von der Unfallstelle konnte sie doch auch sitzen.

      Alles kam ihr so eigenartig vor.

      Marie setzte sich ins Gras und zeigte auf ein Gänseblümchen.

      »Meine Freundin Tina und ich haben uns in diesem Sommer einen Kranz aus diesen Blüten gebunden. Sie war gerade in dem Raum aus Stahl. Wie mag es ihr bloß gehen ohne mich? Ich darf gar nicht daran denken. Wie bist du gestorben, Martha?«

      »Ich hatte vor drei Wochen einen Myokardinfarkt und war sofort tot. Mein Mann Peter ist Arzt und wird mit meinem Tod nicht fertig. Deshalb bin ich auch noch hier. Er denkt, dass ich noch leben könnte, wenn er nicht länger als nötig in der Klinik geblieben wäre. Das ist natürlich Quatsch. Ich war auf der Stelle tot.

      Peters sämtliche Kollegen haben es ihm gesagt. Immer wieder. Aber er akzeptiert es nicht. Er ist ein sehr guter Neurologe, aber er operiert nicht mehr.

      Er ist der Chefarzt vom Klinikum in Roderstadt. Abends ist er zu Hause und schaut Videos von uns an. Wir hatten uns schon auseinandergelebt. Er lebte für seine Arbeit und ich für meine.

      Ich habe mit meiner Schwester zusammen eine kleine Boutique in Roderstadt. Wir haben alles selbst genäht, was wir dort verkaufen. Wir sind beide gelernte Schneiderinnen, weißt du. Nun führt Karin den Laden alleine, und sie wird wohl jemanden einstellen müssen.

      Mit Peter hat sie keinen Kontakt. Er ist auch nicht gerade einfach. Ich bin in einem wunderschönen Kleid, das Karin und ich gemeinsam entworfen hatten, beerdigt worden.

      Komm mit, ich zeige dir mein Grab. Wir haben ja alle Zeit der Welt.«

      Als die beiden auf dem Friedhof ankamen, sahen sie, dass neben Marthas Grab ein neues ausgehoben war.

      »Was denkst du, ob das mein Grab ist?«, fragte Marie.

      »Das ist schon möglich. Dein Unfall war vor drei Tagen. Morgen ist der vierte Tag. Wir werden dann wieder hier sein.«

      »Drei Tage ist es schon her? Hab ich gar nicht gemerkt. Du Martha, ich sehe dauernd ein funkelndes Licht, und eine lieb aussehende Frau steht dort. Ich schaue dann schnell weg, und schon ist auch das Licht verschwunden. Was ist das bloß?«

      Martha schaute sie mit großen Augen an.

      »Siehst du das auch? Ich dachte schon, dass ich spinne. Bilder sehe, oder so was. Aber man sagt ja, dass Verstorbene in ein Licht gehen sollen. Hast du auch einen Tunnel gesehen?«

      »Nein, einen Tunnel habe ich nicht gesehen. Aber warte.... Doch! Ich erinnere mich, dass ich auf der Autobahn war und wunderte mich, dass da auf der Straße ein Tunnel aufgebaut war. Der war doch sonst nicht dort. Und diese schöne Wiese, die schönen Farben am Horizont... Das alles hatte ich dort noch nie gesehen. Ich dachte während der Fahrt auch über meine Kindheit nach. Alles flog nur so an mir vorbei. Habe ich deshalb den schweren Unfall gehabt, weil ich so unachtsam war, Martha?«

      Martha schüttelte den Kopf.

      »Nein Marie. Du bist doch gar nicht schuld an dem Unfall. Ein junger Mann, 26 Jahre alt, hat sich das Leben genommen. Er war als Geisterfahrer auf der Autobahn.

      Eine Mutter, die mit ihren beiden kleinen Söhnen unterwegs war, raste in das Auto. Du warst hinter ihr und bist voll auf die beiden Wagen geknallt.

      Es sind noch vier weitere Wagen in die Unfallstelle gefahren, aber sie hatten mehr Glück als du. Na ja, wenn man von Glück reden kann.... Sie sind alle verletzt worden, manche so schwer, dass sie nie mehr normal leben können.«

      Marie war bestürzt. Das hatte sie gar nicht gewusst.

      »Martha, woher weißt du all das?«

      »Ich bin doch

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