Der Winterkönig. Geschichten des Dreißigjährigen Krieges. Jörg Olbrich

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Der Winterkönig. Geschichten des Dreißigjährigen Krieges - Jörg Olbrich Geschichten des Dreißigjährigen Krieges

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sie ihre Meinung geändert.

      Plötzlich wurde die Zweisamkeit der beiden unterbrochen. Ein Bediensteter kam eiligen Schrittes zu ihnen und verbeugte sich kurz vor seinem Kurfürstenpaar, das gerade im Schatten zwischen den Apfel- und Kirschbäumen entlangschritt. »Der Fürst von Anhalt ist soeben angekommen und wünscht Euch zu sprechen.«

      »Was ist passiert?«, fragte Elizabeth auf Englisch.

      Obwohl sie schon so lange in Heidelberg war, weigerte sie sich strikt die deutsche Sprache zu lernen und zu sprechen. Friedrich vermutete zwar, dass sie mittlerweile vieles von dem verstand, was gesprochen wurde, ließ ihr aber ihren Willen. Er selbst beherrschte die Muttersprache seiner Gemahlin fließend. Es war ihm ganz recht, dass die Bediensteten nicht viel von den Gesprächen zwischen ihm und Elisabeth verstanden.

      »Ich muss mich mit dem Rat treffen«, antwortete Friedrich, der den Rest des Tages lieber mit seiner Gemahlin verbracht hätte. »Soll ich dich noch in deine Gemächer begleiten?«

      »Das ist nicht nötig. Ich werde noch ein wenig die Luft hier draußen genießen. Es ist so ein herrlicher Tag. Ich verbringe ohnehin viel zu viel Zeit im Schloss.«

       ***

      »Es gab einen Aufstand in Böhmen«, begrüßte Fürst Christian von Anhalt, der von Amberg aus die Geschicke der Oberpfalz leitete, seinen Herrn, als dieser die Sitzung des Rates erreichte.

      »Was ist passiert?«

      »Im Prager Schloss ist es zu dem Aufstand gekommen. Die protestantischen Stände haben gegen die katholischen Statthalter rebelliert und drei der Herren aus dem Fenster geworfen. Danach bildeten sie ein eigenes Direktorium, welches die Macht in Böhmen übernommen hat.«

      Friedrich sah seinen Berater überrascht an. »Ich wusste, dass es in Böhmen brodelt, hätte aber nie gedacht, dass von Thurn und seine Getreuen so weit gehen würden.«

      »Letztlich blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich gegen die Unterdrückung zu wehren.«

      »Das könnte zu einem Krieg führen«, erklärte Friedrich. »König Ferdinand wird sich das nicht gefallen lassen.«

      »Solange der Kaiser versucht, die Herren in Prag zu beruhigen, kann Ferdinand nichts unternehmen«, entgegnete von Anhalt.

      »Wie sollen wir uns verhalten?«, wandte sich Friedrich an seine Berater. Die Nachricht aus Prag war für den Kurfürsten ein Schock. Nachdem die protestantische Union nach einem Streit mit dem Speyerer Bischof die Festungswerke in Udenheim zerstört hatte, konnte die Rebellion das Verhältnis mit der katholischen Liga ernsthaft gefährden. Friedrich vermutete, dass Christian von Anhalt fordern würde, man müsse die Protestanten in Böhmen unterstützen. Wenn er sein eigenes Kurfürstentum nicht in einen Krieg führen wollte, durfte er sich aber nicht offen auf die Seite der Rebellion schlagen, auch wenn er die Schuld für den Konflikt bei den Jesuiten und der spanischen Partei am Wiener Hof sah.

      »Wir sollten versuchen, zwischen dem Kaiser und Prag zu vermitteln«, sagte einer der Berater.

      »Die Kurpfalz muss sich offen zur protestantischen Union bekennen«, entgegnete von Anhalt energisch. »Damit haben wir die Möglichkeit, gegen die Unterdrückung durch die katholische Liga vorzugehen.«

      »Mit dem Majestätsbrief hat sich der Kaiser verpflichtet, die Religionsfreiheit in seinem Reich zu schützen«, entgegnete der Berater.

      »Hält er sich aber daran?«, gab ein Zweiter zu bedenken.

      »Wenn nicht, ist es die Aufgabe der Kurpfalz, ihn an sein Versprechen zu erinnern und ihn zur Einhaltung des Majestätsbriefes zu ermahnen.«

      »Genau dies werden wir tun«, erklärte Friedrich entschlossen und wandte sich an von Anhalt. »Ich weiß, dass Ihr gegenteiliger Auffassung seid. Solange sich ein Krieg aber verhindern lässt, werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um zu einer friedlichen Lösung des Konfliktes beizutragen. Ich muss auch an die Menschen in der Kurpfalz denken.« Und an meine eigene Familie, fügte Friedrich in Gedanken hinzu.

       Wien, 04. Juni 1618

      Als Philipp am Morgen erwachte, fühlte er sich zum ersten Mal seit den schrecklichen Ereignissen in Prag ausgeschlafen. Er sah zum Fenster und stellte fest, dass der Tag bereits weit vorangeschritten sein musste. Die Sonne stand hoch am Himmel und schickte ihre Strahlen ins Zimmer des Sekretärs.

      Nachdem er seinen Bericht vor dem Kaiser und seinem Beraterstab abgeben hatte, war Philipp am Ende seiner Kräfte gewesen. Die ersten beiden Tage schlief er fast durchgehend und stand nur auf, um die Mahlzeiten zu sich zu nehmen, die ihm von einer Küchenmagd gebracht wurden. Von ihr erfuhr er auch, dass Magdalena bei den Bediensteten untergebracht worden war und es ihr gut ging. Seine Bitte, man möge die junge Frau zu ihm bringen, wurde allerdings nicht erfüllt. Der Hofarzt, der ihn zweimal am Tag besuchte, riet ihm eindringlich, dass er sich ausruhen müsse, damit er wieder zu Kräften kam.

      Philipp setzte sich im Bett auf. Sein Fieber war verschwunden und auch die Blessuren des Sturzes waren so weit verheilt, dass sie ihn kaum mehr störten. Lediglich der Ellenbogen schmerzte noch, wenn er seinen Arm gerade ausstreckte. Er beschloss, sein Zimmer an diesem Tag zu verlassen. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis ihn der Kaiser zurück nach Prag schickte. Bis dahin wollte er noch ein bisschen Zeit mit Magdalena verbringen und mit ihr die Stadt erkunden.

      Von diesem Entschluss beseelt, stand Philipp auf und trat ans Fenster. Im Hof vor dem Schloss konnte er ein paar Landsknechte beobachten, die im Gleichschritt vorbeigingen. Er vermutete, dass der Kaiser seine Armee verstärken wollte, um gerüstet zu sein, falls sich der Böhmische Aufstand ausweitete. Matthias schien von der Nachricht aus Prag zwar nicht besonders beeindruckt gewesen zu sein, dennoch durfte er die Vorkommnisse nicht zu sehr auf die leichte Schulter nehmen. Auch würde Ferdinand alles daransetzen, den Kaiser davon zu überzeugen, dass man mit aller Gewalt gegen die Rebellen vorgehen musste.

      Philipp hörte ein Klopfen an der Tür und drehte sich um. »Herein!«

      Der Hofarzt betrat den Raum und sah seinen Patienten streng an. »Wie ich sehe, geht es Euch besser.«

      »Ja. Ich habe lange genug im Bett gelegen.«

      »Das freut mich zu hören. Dennoch muss ich Euch bitten, zumindest noch einen Tag in Eurem Zimmer zu bleiben und auszuruhen.«

      »Warum soll ich hierbleiben?«, entgegnete Philipp genervt.

      »Ihr hattet gestern noch Fieber. Ihr müsst wieder vollständig bei Kräften sein, wenn Ihr den langen Rückweg nach Prag antreten wollt.«

      »Darf ich wenigstens einen Spaziergang im Schlossgarten machen? Frische Luft kann sicher nicht schaden.«

      »Dagegen spricht tatsächlich nichts. Aber übertreibt es nicht.«

      »Das werde ich nicht.« Philipp war fest entschlossen, den Spaziergang gemeinsam mit Magdalena zu unternehmen. Sicher würde bald die Küchenmagd kommen und sein Essen bringen. Sie musste seiner Reisebegleiterin ausrichten, dass er sie vor dem Schloss treffen wollte.

      »Ich werde dem Kaiser ausrichten, dass Ihr soweit genesen seid, Eure Reise morgen anzutreten. Er wird veranlassen, dass alle Vorbereitungen dafür getroffen werden.«

      »Ich danke Euch.« Der Gedanke, Wien am nächsten Tag bereits wieder verlassen zu müssen, gefiel Philipp nicht.

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