Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild. Carl Wilckens

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Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild - Carl Wilckens Dreizehn -13-

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stürzte sich auf mich. Ich wich aus. Aber Chemo war schnell. Übernatürlich schnell. Er verschwamm vor meinen Augen und stand jäh hinter mir. Ich hatte kaum Zeit, mich umzudrehen, als mich ein heftiger Schlag in die Seite traf. Ich stolperte und stürzte, rollte über die Schulter und kam wieder auf die Beine. Schmerz strahlte über meine Rippen. Chemo lachte. Wie schnell er war. Wie stark. Da bemerkte ich das schwarze Pulsieren hinter dem schmutziggrauen Stoff seiner Hose. Selbst nachdem Limbania mich von Hungers Präsenz und der Sucht nach Perl befreit hatte, sah ich es. Das schwarze Perl. Chemo hatte es mit Sicherheit zu sich genommen und trug mindestens eine weitere Perle in der Hosentasche. Unter dem Einfluss von schwarzem Perl war es mir gelungen, den Pelz zu töten. Chemo war vermutlich jetzt im Stande, Eisenwände mit bloßer Faust zu durchschlagen. Ich musste damit rechnen, dass ihm ein Dämon wie Hunger zur Seite stand. Vielleicht sogar mehrere.

      Wieder stürmte er vor. Ich zog die Machete. Chemo lachte wie jemand, der den Tod nicht fürchtet. Wieder bewegte er sich schneller, als ich fassen konnte. Ich biss die Zähne zusammen. Es gelang mir, seinem Streich auszuweichen. Ich wirbelte herum und hieb mit der Machete hinter mich. Tatsächlich war Chemo schon dort, wie ich es erwartet hatte. Wieso ich ihn nicht traf, war mir ein Rätsel. Ich steckte einen heftigen Schlag vor die Brust ein und stürzte erneut. Unsanft schlug ich mit dem Rücken aufs Deck. Die Luft wurde mir aus den Lungen gepresst. Die Machete glitt mir aus den Fingern und fiel klirrend zu Boden. Wie ich so dalag und benommen in den Himmel blickte, bemerkte ich zwei strahlend weiße Augen in einem Gesicht so schwarz wie Tinte. Teena. Sie hockte auf dem Dach eines Schiffsaufbaus und winkte mir zu. In der Hand hielt sie ein Fläschchen mit leuchtend grüner Flüssigkeit. Sie ließ es los, und ich fing es auf.

      „Steh auf, End.“

      Chemo hatte nichts bemerkt. Ich sprang auf die Beine, obwohl mein Brustkorb rundherum schmerzte. Hinter vorgehaltener Hand musterte ich erst das Fläschchen, dann Chemos geschmolzene Gesichtshaut. Und ich verstand. Chemos entstelltes Gesicht rührte nicht von einem Feuer her, wie ich immer geglaubt hatte, sondern von einer chemischen Substanz. Vermutlich von genau der, die ich in Händen hielt. Hatte Teena ihm das angetan? Rührte daher sein Name?

      Chemo stürmte ein drittes Mal vor. Ich warf ihm das Fläschchen entgegen. Es platzte auf seiner nackten Brust und übergoss ihn mit ätzender Flüssigkeit. Chemos Schrei war nur entfernt menschlich. Er fasste sich an die Brust, als wolle er sich die Haut vom Leib ziehen. Dabei benetzte er auch seine Finger mit Säure. Seine Haut dampfte.

      „Nicht wieder“, schrie er.

      Ich bückte mich nach der Machete und hackte auf Chemo ein. Die Klinge schnitt durch seine Haut, doch sie glitt an seinen Muskeln ab wie an einem blanken Stahlkörper. Wo sie aber die pulsierenden Adern traf, spritzte dunkles Blut hervor. Ich hackte so lange auf ihn ein, bis er in einem See seines eigenen Blutes zusammenbrach. Schwer atmend richtete ich mich auf und sah in die Gesichter der Umstehenden. Ihre Blicke zollten mir Furcht und Ehrfurcht. Viele wichen dem meinen aus. Franco nicht.

      „Ich werde deinen Auftrag nicht ausführen“, rief ich. „Und ich werde jeden töten, der es stattdessen versucht.“

      Franco lächelte schief. „Dafür ist es leider zu spät.“

      Ich begriff nur eine Sekunde zu langsam.

      Ich wandte mich um und rannte dorthin, wo Marios Männer Sam eingekreist hatten. Mario hatte seine Pistole gezückt und richtete sie auf ihre Stirn. „Es tut mir leid“, sagte er. „Ich tu es zum Wohl meiner Männer.“

      Im Lauf packte ich einen Pistolengriff, der aus dem Gürtel eines Piraten ragte, hob die Waffe und schoss.

      Die Schüsse ertönten gleichzeitig. Ich traf Marios Pistole und sie wurde ihm aus der Hand gerissen im selben Moment, da seine Kugel ein Loch in Sams Stirn schlug.

      „Nein!“ Die Reihen Marios Männer schlossen sich vor mir. Ich blieb stehen. Hass umschloss mich wie ein Netz aus glühendem Draht, zog sich zusammen und brannte tiefe Narben in meine Haut. Ich wollte Vergeltung! Dieses ganze Schiff versenken und seine Mannschaft in die schwarze Tiefe des Meeres schicken. Aber vor allen Dingen wollte ich Marios Kehle zerquetschen und sie nicht mehr loslassen, bis sein Gesicht blau war und ihm die Zunge heraushing.

      Ich wandte mich um und rannte zur Leiche Chemos zurück. Ich durchwühlte seine Hosentasche. Das schwarze Perl konnte mir wohl nicht die Kraft geben, es mit der gesamten Mannschaft aufzunehmen. Doch zumindest Mario würde dran glauben müssen …

      Als ich die Perle in den Händen hielt, kam mir eine bessere Idee. Ich rannte über das Deck. Die Piraten, die mir im Weg standen, sprangen zur Seite. Einem Mann spaltete ich den Schädel, weil er nicht schnell genug auswich. Einige Piraten zogen ihre Pistolen. Nur wenige wagten, auf mich zu schießen. Keiner traf.

      Zuerst rannte ich dorthin, wo ich vor langer Zeit den Flammenwerfer versteckt hatte. Das mörderische Werkzeug war noch da. Ich gurtete es mir um und rannte zu meinem nächsten Ziel: Meiner Kajüte, wo sich mein Pelzmantel befand. Ich warf ihn mir über, sodass der Flammenwerfer davon verborgen wurde. Zuletzt hastete ich zum Deckaufbau, der zur Dealertür führte. Ich tötete die Wache und nahm ihren Schlüssel. Die Süchtigen auf der anderen Seite der Tür tobten. Ich steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn herum. Ich hatte kaum drei Schritte getan, als die Tür aufflog und die Süchtigen aus ihr hervorquollen wie Wesen aus der Unterwelt. Ich rannte ins Freie und kletterte auf das Dach eines Schiffsaufbaus. Von dort sprang ich weiter von Dach zu Dach zurück zu den Piraten. Hinter mir her stolperten und stürzten die Süchtigen. Sie fielen von den Dächern und brachen sich die Knochen, aber sie rannten weiter, solange ihr Genick heil war.

      Dann war ich da. Ich sprang vom letzten Dach mitten in die Menge, die sich bereits auflöste. Ehe die Piraten reagieren konnten, folgten die Süchtigen. Sie stürzten von dem Dach des Schiffsaufbaus und kamen von dessen beiden Seiten angerannt. Ihre Haut war weiß, ihr Haar war weiß, ihre irislosen Augen weit aufgerissen. Sie schrien, sie spuckten und sie spien.

      Ich zielte mit dem Flammenwerfer blind in die Menge und betätigte den Abzug. Die Feuerzunge leckte über die Gesichter der Piraten, steckte Kleidung und Haar in Brand und ließ die Männer schreien. Säbel, Macheten und Pistolen blitzten auf. Chaos brach aus. Ich rannte weiter. Dabei brannte ich dutzende Piraten nieder, bis die Gaskartuschen des Flammenwerfers den Geist aufgaben. Hinter mir tobte die Schlacht. Ich war es, hinter dem die Süchtigen her waren. Sie wollten nur das schwarze Perl. Doch die Piraten, die glaubten, angegriffen zu werden, stellten sich ihnen entgegen.

      Ich gelangte ans Heck des Schiffs und entledigte mich des Flammenwerfers. Ich stieg die Treppe hinauf und betrachtete mein Werk von oben. Überall lagen Tote. Brennende und verkohlte Gestalten. Piraten kämpften gegen Süchtige. Schüsse und Schreie jagten über das Deck.

      Wo war Mario?

      „End.“ Ich wandte mich um und sah mich mit einem Mal Black Raven gegenüber. Ich erstarrte.

      „Du dreistes kleines Stück Scheiße.“ Ravens Stimme war ruhig. Er wirkte eher ungläubig denn wütend. „Dich umzubringen ist nicht genug.“ Vielleicht war jetzt der richtige Zeitpunkt, das schwarze Perl zu nehmen. Raven kam näher und zog einen Säbel. „Ich werde dir Arme und Beine abschneiden.“ Wie schaffte er es, mich derart einzuschüchtern? War es der Irrglaube, Raven sei unbesiegbar, der ihn unbesiegbar machte? „Ich werde dich in einen Käfig stecken und dort ganz langsam verrecken lassen.“ Ich wich zurück und zog die Machete. Was hatte ich zu verlieren? Sam war tot.

      „Ich werde dich an die Möwen verfüttern.“ Als wollte er mich bloß informieren. Noch während er sprach, begann er, mit dem Säbel auf mich einzuschlagen. Seine Attacken kamen schnell und mühelos. „Ich habe schon viele grausame

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