Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild. Carl Wilckens

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Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild - Carl Wilckens Dreizehn -13-

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Angemesseneres.“ Er war schnell. Er war furchtlos. Er kannte jede Finte. Er ließ mich glauben, einen Gegenangriff wagen zu können. Dann schlug er mir die Machete aus der Hand. Er trat mir gegen das Bein und ich knickte ein. Ein zweiter Tritt traf mich vor die Brust und warf mich zurück. Noch immer schmerzten meine Rippen vom Kampf gegen Chemo. Mir blieb keine Wahl. Ich holte das schwarze Perl hervor, doch ehe ich die Hand zum Mund führen konnte, stellte Raven einen Fuß auf meinen Arm. Ein Schlag traf mich an die Schläfe und für einen Moment wurde mir schwarz vor Augen. Ich wartete auf den nächsten Schlag, der mir das Bewusstsein rauben würde. Wartete darauf, ohne Arme und Beine in einem Käfig zu erwachen, der von einem der Bootskräne baumelte.

      Da ertönte ein Donnern. Ein Laut, der das ganze Schiff erschütterte, gefolgt von den panischen Rufen der Piraten und Süchtigen.

      Raven hob den Blick. „Was bei Lotin …“ Er verstand nicht. Ich hingegen schon. Teena hatte die Bombe gezündet. Sie hatte der Swimming Island Sams Tod auf ihre Weise vergolten.

      Ich fuhr auf und zog mein rostiges Messer. Ich selbst hatte nicht für möglich gehalten, dass ich noch solche Kraft besaß. Als Raven überrascht zu mir sah, war es bereits zu spät. Ich stieß ihm die Klinge in den Bauch. Er stöhnte erstickt auf. Blut lief ihm aus dem Mund in den Bart. Die Kälte wich aus seinen Augen.

      „Du …“ Er lächelte im Sterben. „Du bist es …“ Und er stürzte.

      Ich hatte keine Zeit, mich zu fragen, was Raven damit gemeint hatte. Ich sammelte meine Machete auf und verließ das Heck. Das Schiff befand sich bereits in bedrohlicher Schieflage. Ich musste so schnell wie möglich von Bord. Allerdings war da noch was …

      Noch immer kämpften Piraten und Süchtige. Ich rannte über das Deck und tötete jeden, der mir in die Quere kam. Ich betrat das Schiffsinnere und gelangte zu der Geheimtür, die der Eingang zu Sams Versteck war. Ich kletterte durch den Schacht, der längst nicht mehr senkrecht stand. Unten angelangt stellte ich fest, dass der Raum sich mit Wasser füllte. Es spritzte durch das Schlüsselloch der Tür, die zum Unterrumpf führte, und reichte mir bis zu den Knöcheln. Das Bullauge lag gänzlich unter Wasser. Vor mir gähnte der Abgrund des Meeres.

      Tief im Innern des Schiffes tönte ein stählernes Stöhnen.

      Ich hastete in die Ecke des Raumes, in die die Schieflage des Schiffes sämtliche Gegenstände befördert hatte. Da war es. Das Tagebuch. Wie durch ein Wunder lag es noch auf der Kiste, auf der ich es abgelegt hatte. Ich nahm es und wollte gehen, da fiel mein Blick auf das Bett. Sein Anblick raubte mir alle Kraft. Als ich es das letzte Mal gesehen hatte, war Sam noch am Leben gewesen. Wir hatten dort gelegen, auf dieser schmutzigen Matratze, hatten einander gehalten und geliebt. Ich vergaß, dass ich mich in einem sinkenden Schiff befand. Ich ging hinüber und nahm das Kissen. Es hatte sich zur Hälfte mit Seewasser vollgesogen. Ich hob es ans Gesicht und sog den Geruch ein. Es roch nach ihr. Nach ihrem Haar, nach ihrem Schweiß, nach unserer Liebe …

      Das Schiff stöhnte auf. Eine Niete sprang aus der Wand, und ein dünner Wasserstrahl schoss in den Raum. Weitere Nieten folgten. Ein helles Knistern verriet mir, dass das Glas des Bullauges nicht mehr lange halten würde.

      Ich hätte dortbleiben können. Darauf warten können, dass das Glas brach und die hereinströmenden Wassermassen mich zerschmetterten. Dann wäre ich mit Sam wieder vereint gewesen. Aber nicht mit Emily. Ich blickte auf das Tagebuch in meiner Hand. Meine Schwester lebte und wurde womöglich immer noch in diesem Irrenhaus festgehalten.

      Ich warf das Kissen fort, stopfte das Buch in meinen Hosenbund und rannte zur Leiter. Ich musste gegen einen Wasserfall anklettern. Auf halber Höhe ertönte über mir irres Geschrei. Ein Süchtiger erschien an der Schachtmündung und sprang. Ich presste mich an die Wand, er fiel an mir vorbei und schlug klatschend auf dem knietiefen Wasser auf. In diesem Moment brach das Glas des Bullauges. Brüllend brach das Wasser herein, erfasste die Kisten, das Bett und den Süchtigen, schmetterte allesamt an die Wand und spritzte soweit den Schacht hinauf, dass ich mich daran verschluckte. Ich würgte und kletterte weiter.

      Wieder draußen rannte ich zur Reling, wobei ich den Gegenständen auswich, die über das schiefe Deck rutschten. Viele Rettungsboote waren schon ins Wasser gelassen worden und auf dem Weg zur Küste. Ob Mario in einem davon saß? Und Franco? Hatten sie den Kampf überlebt? Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als sie zu würgen, bis ihnen die Augäpfel herausquollen.

      Ich kletterte in eines der verbliebenen Rettungsboote und kurbelte an der Seilwinde, bis das Boot auf dem Wasser aufsetzte. Ich durchtrennte die Seile und fing an zu paddeln. Es dauerte Stunden, ehe ich die Küste erreichte. Schließlich kletterte ich aus dem Boot und watete an Land. Ich spähte in alle Richtungen und sah entlang der steinigen Küste zahlreiche Schiffsbrüchige. Vielleicht waren Mario und Franco unter ihnen. Die Suche wäre müßig gewesen. All das Töten in den letzten Stunden – mein Zorn war verloschen und einer dunklen Leere gewichen. Nur der Gedanke an Emily trieb mich vorwärts.

      Ich folgte dem Verlauf der Steilklippen. Nichts bis auf das Kreischen der Möwen und das Rauschen der Wellen füllte meinen Kopf. Die Sonne verbrannte meine ungeschützte Kopfhaut, von dem Streifen in der Mitte mal abgesehen. Die winterliche Kälte betäubte meinen Schmerz. Meine nassen Hosenbeine gefroren. Ich fand einen Weg, die Küste zu verlassen, und ging weiter über grüne Hügel. Ich traf auf Bäume, Kiefern und Eiben, und der eisige Wind in ihren Nadelkronen wies mir heiser flüsternd den Weg. Die Hügel schwanden, und ich trat auf eine weite, grasbewachsene Ebene hinaus. Am Horizont, hinter weißen Nebelschleiern kaum zu sehen, erstreckte sich eine Bergkette. Wenige Bäume wuchsen hier. Inmitten der Landschaft lag ein Felsen, kugelrund und halb im Boden versunken, als wäre er geradewegs aus dem Himmel gestürzt. Eine Linie führte darauf zu, beschrieb einen Halbkreis darum herum und verschwand am Horizont in den Bergen. Ich ging weiter, den Worten der Bäume folgend, und die Linie entpuppte sich als Eisenbahnschienen.

      Als ich an dem Felsen angelangte, war die Nacht hereingebrochen. Meine Füße waren taub vor Kälte, das Wasser lief mir aus der Nase, und der Schweiß stand mir auf der Stirn.

      Der Felsen war größer als ein Haus. Es schien, als sei er beim Bau der Eisenbahnschiene aus dem Nichts aufgetaucht.

      Ein eisiger Wind kam auf und ließ den Schweiß auf meiner Stirn gefrieren.

      Warte, flüsterte eine Tanne.

      Ich hockte mich in den Windschatten des Felsens und wartete. Worauf wusste ich nicht. Ich döste ein und wurde von Fieberträumen heimgesucht. Ich träumte von Mario, den ich würgte, der aber nicht starb. Ich träumte von Sam, die unverletzt war, aber nicht lebte.

      Jäh wurde ich vom Geräusch eines heranrollenden Zuges geweckt. Die Lokomotive – ein schweres Gestell mit gepanzertem Kessel, Schornstein und Schienenräumer – bewegte sich langsam vorwärts, während sie den Felsen umfuhr.

       Jetzt.

      Ich erhob mich und taumelte zum Zug. Obwohl er langsam fuhr, kostete es mich die letzten Kräfte, Schritt zu halten. Ich packte den Griff der Schiebetür eines Wagons, zog sie auf und kletterte ins dunkle Innere. Ich zog die Tür zu und kauerte mich zusammen. Der Zug nahm wieder an Fahrt auf; raste dahin über die weite Graslandschaft auf einen Pass in den Bergen zu, auf direktem Wege nach Treedsgow.

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