Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle. Astrid Rauner
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Читать онлайн книгу Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle - Astrid Rauner страница 11
Auf einmal durchbrach flackernder Feuerschein die aufziehende Dunkelheit. Aigonn spürte, wie ihm das Herz in den Magen zu rutschen schien. Selbst von weitem erkannte er in dem zuckenden Fackellicht die gewaltige Eiche, die am Rand einer schlecht befestigten Siedlung thronte.
Sie waren es, die Eichenleute. Niemand sonst grub jene mächtigen Bäume aus dem Boden der Wälder, um sie in die eigenen Siedlungen zu pflanzen. Es dauerte kaum zehn Herzschläge mehr, bis er das erste Echo leiser Stimmen vernahm. Die Nachtwache lief heiter und scheinbar leicht angetrunken an den Palisaden vorbei. Die Fackeln in ihren Händen wanderten, als ob Sterne vom Himmel fallen würden.
So leise er konnte, zügelte Aigonn sein Pferd und brachte es augenblicklich zum Stillstand. Er hörte Besorgnis in ihrer Stimme, als die junge Frau in sein Ohr raunte: „Es scheint nicht so, als ob wir in deiner Heimat angekommen wären.“
„Nein, wahrhaftig nicht.“ Lautlos drückte Aigonn seinen linken Fuß gegen das Fell des Pferdes, worauf dieses zurück in Richtung Waldrand lief. „Hier wohnen Menschen des Stammes, vor dem du uns gerettet hast, als du so unvermutet in die Schlacht eingegriffen hast.“
Als Aigonn die frisch aufgeschütteten Grabhügel erkannte, die nahe der Palisaden wie verlassene Wohnstätten ihrer Ahnen in der Dunkelheit lagen, fügte er in Gedanken hinzu: Und ich glaube nicht, dass sie erfreut sein werden, uns zu sehen.
Er hörte den Herzschlag in seinen Ohren pochen, als die Dunkelheit ihn und die junge Frau wieder verschluckt hatte. Einen Feuerstein hatte er mit sich genommen – nur wollte Aigonn nicht so töricht sein und sich durch ein offenes Feuer verraten. Würde er allerdings weiterhin im Dunkeln reiten, konnte er nicht sehen, wo knackende Äste und raschelnde Sträucher wuchsen. Sein Pferd konnte ja nicht ahnen, was sie gerade riskierten – auch wenn es Aigonns Anspannung spürte.
Mit jedem Schritt durch das Unterholz schickte Aigonn ein Gebet gen Himmel und in die Erde hinab. Sein Blick verfolgte wie gebannt die beiden Wachposten, deren Fackeln ihre Position verrieten. Zwar wusste er, dass er damit sein Pferd verwirren und womöglich noch in die falsche Richtung lenken konnte, doch die unterschwellige Panik in ihm war stärker als sein Wille.
Langsam entfernten sich die Wachposten, sie zogen an der Siedlung vorüber. Aigonn atmete auf.
Plötzlich aber scheute der Wallach. Ein Lichtfleck, eine Fackel, schoss so unvermutet aus dem Dickicht des Waldes hervor, dass das Pferd vor lauter Schreck aufwieherte und mit den Vorderhufen ausschlug.
Aigonn konnte sich kaum auf dem Pferderücken halten. Die junge Frau sog scharf die Luft ein, während sich ihr Griff um seine Taille verstärkte. Einen Herzschlag lang wedelte er hilflos mit den Zügeln, bevor das Pferd seine Vorderbeine wieder auf den Boden setzte – und er erkannte, was ihnen unvermutet vor die Hufe gekrochen war.
Ein junger Mann, eher ein Halbwüchsiger, saß geduckt auf dem Boden und klammerte sich an seine Fackel, als ob diese sein Leben retten würde. Erschrocken lugte er in die Dunkelheit. Eine breite Schnittwunde auf seiner Wange wirkte sonderbar unpassend in seinem jugendlichen, von Pusteln übersäten Gesicht. Zusammen mit dem Schwert an seinem Gürtel bewies sie, dass er die Kriegerweihe längst abgelegt hatte.
Für einen Moment schien die Zeit eingefroren. Die Hand des jungen Eichenkriegers zitterte wie Espenlaub, als er es wagte, die Fackel zu heben – und was er in ihrem Schein erkannte, schockierte ihn noch viel mehr.
Seine Augen schienen aus ihren Höhlen zu fallen. Er saß wie versteinert, bevor er plötzlich die Fackel fallen ließ, stolpernd auf die Beine kam und mit einer solchen Panik zur nahen Siedlung rannte, als wäre ihm ein böser Geist auf den Fersen.
Aigonn wartete nicht. Als die Schreie des Halbwüchsigen über die Palisaden drangen, galoppierte er in den Wald hinein, wie er es noch nie getan hatte. Die junge Frau hatte sich geduckt und ihren Griff nicht gelockert, sodass sie nun zwischen seinem Arm und der Armbeuge hindurchlugte, als sie fragte: „Was bitte hat er gesehen, dass er solche Angst bekommen hat? Er hätte doch als Krieger wenigstens reagieren und uns drohen können. So jung war er doch nun wirklich nicht mehr!“
„Dich vermutlich.“ Gehetzt glitt Aigonns Blick immer wieder nach hinten, wo die Dunkelheit des Waldes ihre Spuren bereits verschluckt hatte. Laute Stimmen aus der Siedlung machten deutlich, dass man die Verfolgung nach ihnen aufnahm. Doch mit jedem Herzschlag, den das Pferd am Waldrand durch das Dickicht jagte, wurde ihr Vorsprung größer.
„Ich könnte mir vorstellen, der Winzling wird bei der letzten Schlacht gegen Behlenos dabei gewesen sein. Du scheinst einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben.“
„Ist das jetzt gut?“
Ihre Stimme war so ruhig und gelassen, dass es Aigonn allmählich unheimlich wurde.
„Das kann ich dir jetzt noch nicht sagen.“
Der Sprung über einen umgefallenen Baum schüttelte die beiden Reiter durch, bevor Aigonn endlich die Muße hatte, um auf seine Umgebung zu achten. Die Schwärze der Nacht hatte alle Farben verschlungen. Das blasse Mondlicht, das manchmal als Lichtsäule zwischen lichten Baumkronen zu Boden fiel, ließ genügend Silhouetten erscheinen, dass Aigonn sich nicht nur auf den Instinkt des Pferdes verlassen musste.
Eine Weile führte ihr Weg ins Ungewisse, bevor im Mondschein ein alter Menhir erschien. Eine Decke aus Moos und Flechten hatte den uralten Stein überzogen, den Aigonns Ahnen vor Jahrhunderten schon an dieser Stelle aufgerichtet hatten, und gab ihm weiche, fast unwirkliche Konturen.
Erleichtert atmete er auf. Zwar hatte Aigonn die Siedlung der Eichenleute nicht gekannt, an welcher sie vorbeigeritten waren. Doch er hatte bereits geahnt, dass sie sich von dieser Richtung seiner Heimat nähern würden. Der Umweg war gewaltig gewesen. Mitternacht musste längst erreicht sein.
Er bremste das Pferd auf einen zügigen Schritt, als zwischen den letzten Bäumen des Waldrandes endlich die vertrauten Lichter von Aigonns Siedlung erschienen. Noch ein letzter Gedanke wanderte zurück zu den Eichenkriegern, die ihre Spur schon lange verloren hatten. Ob sie von der Siedlung seines Stammes wussten, die in solcher Nähe zu ihrer eigenen lag? Kannte man den Weg quer durch den Wald, würde man nicht einmal von Sonnenaufgang bis zum Vormittag brauchen, um im Feindesland zu sein. Behlenos würde diese Neuigkeit interessieren!
Sie befanden sich gerade auf Höhe der Holunderbüsche, wo die Nebelfrau Aigonn erschienen war, als die junge Frau bat: „Halt bitte an!“
Überrascht wandte Aigonn sich um. „Kommst du nicht mit mir?“
„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. In der Dunkelheit war ihr Gesicht nur ein schwarzer Schatten vor den grauen Umrissen des Waldes. „Es ist noch nicht die richtige Zeit dafür gekommen. Aber sorge dich nicht. Ich lasse euch nicht im Stich.“
Aigonn wusste nicht, was er antworten sollte. Im Grunde wusste er gar nichts. Die Nebelfrau hatte ihm lediglich aufgetragen, die junge Frau zu finden, bevor es andere seines Stammes taten. In dieser Welt fernab des Menschenmöglichen erhielt man ja keine Antworten auf seine Fragen!
Der kurze Verdruss verflog, als die junge Frau fast lautlos vom Rücken des Pferdes rutschte.