Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle. Astrid Rauner

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Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle - Astrid Rauner Von keltischer Götterdämmerung

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eines Waldkauzes drang aus der Schwärze des Waldes. Je genauer er hinhörte, desto mehr verstand er das leise Flüstern der Bäume, die ihre ganz eigenen Geschichten erzählten. Vielleicht würde er sie verstehen, wenn er es wollte. Vielleicht war es an der Zeit, dass er endlich die Augen auftat und sich nicht wie verbissen in dem Gedanken nach Rache verlor. So würde er diese wohl niemals bekommen.

      Irgendwann, als er seinen Kopf endlich zur Ruhe gebracht hatte, fragte Aigonn zögerlich: „Wie viele von unseren Leuten … haben eigentlich die Schlacht überlebt und konnten fliehen?“

      Zunächst kam keine Antwort. Rowilan schien aus der Welt seiner Erinnerungen erst zurückkehren zu müssen, bevor er berichtete: „Nicht viele. Aber mehr, als es zunächst den Anschein hatte. Ein paar Kinder, Mütter, die rechtzeitig geflohen sind, vereinzelte Krieger. Aehrel zu meiner Freude auch. Wir können jeden Mann gebrauchen, wenn wir versuchen werden, die anderen zu befreien.“

      Die anderen befreien. Rowilan schien bereits einen Plan zu haben. Es gab seinem Gewissen zwar neue Nahrung zur Rebellion, doch Aigonn hatte auf einmal das Bedürfnis, dem Schamanen anzuvertrauen: „Dieser tote Eichenmann, den wir vor unserer Siedlung am Waldrand gefunden haben, ist auf dieselbe Art und Weise gestorben wie Derona, dessen bin ich mir sicher. Zumindest ist er auf dieselbe Weise in den Tod getrieben worden.“

      „Ich weiß.“

      „Khomal ist ebenso interessiert daran wie ich, den Schuldigen zu finden. Das war der Grund, warum er unsere Siedlung überfallen hat. Er glaubt, dass wir uns mit Dämonen und bösen Geistern einlassen.“

      „Er glaubt, dass ich es bin – so wie du es getan hast.“

      „Ja.“ Noch einmal hielt Aigonn inne und überlegte, ob er das Gedachte wirklich aussprechen sollte. „Khomal hat mir versichert, dass er außer Behlenos all unsere Leute freigeben wird, wenn ich ihm den Schuldigen bringe.“

      Nun blickte Rowilan erstaunt zu ihm auf. Und als ihre Blicke sich trafen, trat ein wissender Ausdruck in die Miene des Schamanen. Dann begann er milde zu lächeln. „Ich bin dir nicht böse dafür, dass du die klügste Entscheidung getroffen hast, die die wenigsten Menschenleben kostet. Zwei Tote sind die beste Bilanz, die wir scheinbar erwarten können.“

      „Ich hätte nicht gezögert, dich ihm auszuliefern.“

      „Danke, dass du es nicht getan hast.“

      „Diese Sache betrifft nicht allein Khomal, deshalb nicht. Ich wollte Antworten von dir. Meine Antworten.“

      „Ich kann verstehen, was dich treibt. Ich bin kein so schlechter Mensch, wie du vielleicht glaubst.“

      Dies war der richtige Moment, um Verzeihung zu erbitten. Aigonn aber brachte die einfache Frage nicht über die Lippen. Auf einmal wusste er, wie weit er sein eigentliches Ziel verfehlt hatte, als er mit aller Gewalt Rowilan zum Schuldigen hatte machen wollen. Es fühlte sich an wie ein Loch ohne Boden.

      Auf diese Weise versank Aigonn wieder in Schweigen und hätte sich am liebsten auf ewig in seinen Gedanken verkrochen. Doch die Wirklichkeit war näher und realer, als er es sich wünschte.

      Rowilan fragte vorsichtig: „Bist du bereit, auch mir jetzt Wahrheit zu geben?“

      Aigonn sah auf, auf eine solche Frage nicht vorbereitet. Innerlich hatte er gehofft, mit allen Geheimnissen seinen Frieden zu finden, doch im Grunde wusste er, dass dies nicht der richtige Weg war. Deshalb sagte er: „Was möchtest du wissen?“

      „Hattest du etwas damit zu tun, dass Lhenia von den Toten zurückgekehrt ist?“

      „Nein.“

      „Was weißt du dann über sie, was ich und die anderen Bärenjäger nicht wissen?“

      Aigonn hatte den Mund geöffnet, doch statt einer Antwort entwich ihm nur ein scharfer Atemzug. Dies war Anations Geheimnis, nicht das seine. Konnte er ihre Identität fremden Menschen, auch wenn sie seit Jahren schon mit ihm im selben Dorf lebten, so ungeachtet preisgeben? Doch er entsann sich, dass es vielleicht nun an der Zeit war, ein wenig Vertrauen zu haben – ganz gleich, wie schwer ihm dies fiel. Und aus diesem Grund begann er zu erzählen, alles. Wie er Anation gefunden hatte, das wenige, das sie von sich selbst sagen konnte, den Grund, an den sie glaubte, der sie hierher geführt hatte, und ihrer beider Versuch, Deronas Erinnerungen zu finden und daraus denjenigen zu erkennen, der Schuld an ihrem Tod trug.

      Rowilan lauschte mit einer Mischung aus Schrecken und Faszination. Er schien unterschätzt zu haben, zu was Aigonn wirklich in der Lage war. Und selbst, wenn er dies nicht getan hatte, überraschte es ihn nun, seine Vermutungen bestätigt zu hören. Nachdem Aigonn geendet hatte, verfiel der Schamane in nachdenkliches Schweigen und verarbeitete zunächst das Gehörte. Dann meinte er: „Ich habe an viel geglaubt, aber nicht daran. Was soll hier vor sich gehen, wenn eine Frau nur deswegen aus der Anderen Welt von den Toten zurückgeschickt wird, mit all ihrem Wissen und all ihren verbliebenen Fähigkeiten?“

      „Ich wäre froh, wenn ich es wüsste. Sicher ist aber, dass Anation ihre Aufgabe bald nicht mehr erfüllen kann, wenn wir noch länger warten.“ Diese Tatsache wurde Aigonn erst beim Sprechen in vollem Ausmaß bewusst. Eine Schuld, aus unglaublicher Pflichtvergessenheit erschaffen, überkam ihn plötzlich. Er hatte so viele Gedanken daran verschwendet, wie er an Rowilan seine Rache üben konnte, dass er vergessen hatte, in welch gefährlicher Lage Anation sich in diesem Moment befand.

      Rowilan nickte verstehend. „Die Eichenleute kommen schnell in Versuchung, jeglichen Horrorvisionen zu glauben, die sie sich ausmalen. Und uns würde es vermutlich nicht anders gehen. Sie fürchten Lhenia … -also … nicht Lhenia, Anation, weil sie nicht wissen, wozu sie im Stande ist.“

      „Anation ist kein gottgleicher Krieger oder ein Geist, der sie alle verfluchen kann. Sie ist eine Schamanin, nicht mehr. Sie mag altes Wissen besitzen, das heute nicht mehr üblich oder vielleicht auch vergessen ist. Jedenfalls aber ist sie sterblich wie du und ich – denke ich zumindest. Ganz gleich, wie viele wir retten können, sie muss unter ihnen sein!“

      Nach dieser Aussage streifte Rowilan Aigonn mit einem Blick, den Letzterer nicht vollständig deuten konnte. Rowilan stimmte ihm zu, das spürte er. Aber in den Augen des Schamanen lag ein feines Lächeln verborgen, ein hauchfeiner Triumph, der ihm zwar nicht so gut zu schmecken schien, wie er es an einem früheren Tag getan hätte. Doch er war da. Und Aigonn spürte auch, worauf er sich gründete.

      Jetzt hat er mich endlich da, wo er mich haben wollte. Im Moment aber würden Trotz und Abwehr wohl niemandem helfen – nicht ihm, nicht Rowilan und schon gar nicht Anation oder dem Rest seiner gefangenen Leute.

      Ein unwirsches Knurren unterbrach die Stille des Moments. Aigonn griff sich wie von selbst an die Stelle oberhalb seines Magens, und Rowilan antwortete darauf: „Ich habe ein wenig Proviant mitgebracht. Nicht viel, aber es sollte für den Augenblick genügen.“

      Aigonn musste schmunzeln. Als Rowilan seine Geste erwiderte, schien eine Last von seinen Schultern zu fallen, die dort schon seit Jahren unmerklich sein Handeln bestimmt hatte. Das Atmen schien leichter zu werden, zwangloser. Der Schamane erhob sich und verschwand nach wenigen Schritten in der Dunkelheit der Nacht.

      Rowilan bemerkte mit Erleichterung, dass Aigonn sein Pferd, eine kleine Stute, die einem der getöteten Bauern der Siedlung gehört hatte, an einen Baum gebunden hatte. Er hatte bereits befürchtet, dass der junge Mann in seiner blinden Wut das Pferd vollkommen außer Acht gelassen hatte und dieses nun in einiger Entfernung von der saftigen Krautschicht graste. Stattdessen aber hatte es sich mit einigen Farnblättern zufrieden gegeben.

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