Cannabis und Cannabinoide. Franjo Grotenhermen
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2. (…) Ebenso wie für andere Therapieverfahren sollte auch für eine Behandlung mit Cannabis und Cannabinoiden gelten, dass eine einmal als wirksam und verträglich festgestellte Therapie beibehalten werden kann.
3. (…) Die Risiko-Nutzen-Bewertung einer Behandlung muss grundsätzlich immer auch mögliche Langzeitschäden im Blick haben – dieses ethische Prinzip sollte auch im Falle einer Entscheidung für oder gegen eine Therapie mit cannabisbasierten Medikamenten Anwendung finden und im Hinblick auf eine Kostenerstattung durch die Krankenkassen berücksichtigt werden.
„Aus Sicht der Patienten und der Ärzteschaft muss es darauf ankommen, dass die Entscheidung, ob ein Patient mit cannabisbasierten Medikamenten behandelt wird, eine Entscheidung von Arzt und Patient ist. Ansonsten bleibt es bei einer Zweiklassenmedizin, mit größeren Optionen für vermögende Patienten.“ (ACM 2016)
3.2 Hintergründe und Meilensteine der rechtlichen und politischen Entwicklungen zwischen 1995 und 2018
3.2.1 1995: Gutachten des BfArM vom November
Ein Gutachten des BfArM vom 2. November 1995 auf Anforderung der Bundesregierung, ist die Grundlage für die Beantwortung einer kleinen Anfrage der PDS, Vorläuferin der im Jahr 2005 gegründeten Partei Die Linke, im Deutschen Bundestag (Deutscher Bundestag 1995).
„So entbehrt sowohl eine unkritische Euphorie hinsichtlich der therapeutischen Möglichkeiten von Cannabis bzw. THC der Grundlage wie andererseits eine auf entgegengesetzten Positionen resultierende generelle Ablehnung mit der Behauptung, es gebe „auf jedem Gebiet bessere therapeutische Alternativen.“ (Goedecke u. Karkos 1996)
3.2.2 1997: erste Fachtagung „Cannabis und Cannabinoide als Medizin“
Am 12. April 1997 wurde die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. in Köln gegründet. Am 22. November 1997 führte sie die erste Fachtagung im deutschen Sprachraum zum Thema „Cannabis und Cannabinoide als Medizin“ durch.
In einem Grußwort von Dr. Ingo Flenker, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe und Vorsitzender des Ausschusses Sucht und Drogen der Bundesärztekammer, zur Tagung hieß es:
„Der erwiesenermaßen nützliche medizinisch-therapeutische Einsatz von Cannabis muss legal möglich werden, damit die derzeitige Kriminalisierung von Ärzten und Patienten endlich aufhört.“ (Flenker 1997)
3.2.3 1998: Verschreibungsfähigkeit von Dronabinol/THC
Der Sachverständigenausschuss für Betäubungsmittel empfahl auf seiner Sitzung am 29. Januar 1996 der Bundesregierung eine Umstufung von Dronabinol/THC in die Anlage 3 BtMG. Am 1. Februar 1998 wurde der Cannabiswirkstoff Dronabinol in Deutschland von der Anlage 2 in die Anlage 3 des Betäubungsmittelgesetzes umgestuft, sodass dieses Cannabinoid von da an verschreibungsfähig wurde. Da eine Behandlung mit Dronabinol von den Krankenkassen nicht erstattet wurde, hatten nur wenige Patienten Zugang zu einer solchen Therapie. Zunächst musste Dronabinol in Kapselform (Marinol®) aus den USA aufwendig importiert werden. Später produzierten zunächst die Firma THC Pharm und schließlich die Bionorica AG Dronabinol zur Abgabe als Rezepturarzneimittel in Apotheken. Im August 2014 kaufte die Bionorica AG das Unternehmen THC Pharm (THC Pharm). Im Mai 2019 kaufte schließlich der kanadische Hersteller Canopy Growth Corporation für 225,9 Millionen Euro das Cannabisgeschäft des Phytopharmaherstellers Bionorica.
3.2.4 1998: Frankfurter Resolution
Bei der Tagung „Medical Marijuana“ in Frankfurt vom 2. bis 4. Dezember 1998 haben die AIDS-Hilfen und die Hessische Gesellschaft für Demokratie und Ökologie die Frankfurter Resolution zur medizinischen Verwendung von Marihuana vorgestellt.
Die Resolution besagt:
„In der Erkenntnis, daß zur Heilung Kranker und zur Minderung ihres Leids alle menschenwürdigen medizinischen Möglichkeiten auszuschöpfen sind, fordern wir den Bundestag auf:
1. Die medizinische Nutzung von Marihuana zu erlauben,
2. zu therapeutischen Zwecken auch die rauchbare Anwendung natürlichen Marihuanas zu gestatten,
3. die medizinische Verwendung von Marihuana begleitend wissenschaftlich zu erforschen und diese Forschung zu fördern.“ (ACM-Mitteilungen 2017)
3.2.5 1999: Verfassungsbeschwerde
Am 14. Dezember 1999 haben acht Mandanten von Lorenz Böllinger, Professor an der Juristischen Fakultät der Universität Bremen, und Robert Wenzel, Assistent von Prof. Böllinger, mit Unterstützung der ACM e.V. vor dem Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen das Verbot der medizinischen Verwendung von Cannabis eingelegt. Die Mandanten litten an verschiedenen Erkrankungen (Multiple Sklerose, HIV-Infektion, Hepatitis C, Migräne, Tourette-Syndrom, Epilepsie). Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Januar 2000 kommentierte Lorenz Böllinger wie folgt:
„Die Entscheidung zeigt trotz der Nichtannahme, dass das BVerfG die Option einer medizinischen Behandlung mit Cannabis ernst nimmt und bemüht ist, dafür einen gangbaren Weg aufzuzeigen. Sie bindet Verwaltung und Gerichte für zukünftige Verfahren. Patienten können nunmehr über ihre Behandler entsprechende Anträge beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte stellen, welches die Maßgaben des BVerfG berücksichtigen muss. Gegebenenfalls muss eine ablehnende Entscheidung dann vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden. Im äußersten Falle bleibt eine erneute Verfassungsbeschwerde.“ (ACM-Mitteilungen 2017)
3.2.6 2000: Unterstützung durch den Petitionsausschuss des Bundestages
Am 28. Juni 2000 befürwortete der Petitionsausschuss des Bundestages eine Petition der Selbsthilfegruppe Cannabis als Medizin in Berlin und der ACM e.V. für die Möglichkeit einer medizinischen Verwendung natürlicher Cannabisprodukte und einzelner Cannabinoide. Am 6. Juli 2000 folgte der Deutsche Bundestag der Empfehlung des Petitionsausschusses und überwies die Petition „zur Berücksichtigung“ an die Bundesregierung. Mit den Stimmen der Ausschussmitglieder von PDS, Bündnis 90/Die Grünen und SPD, gegen die Stimmen der CDU/CSU und bei Enthaltung der FDP hatte der Petitionsausschuss sich für die Petition ausgesprochen, weil das vorgebrachte Anliegen begründet sei. Der Ausschuss kam zu dem Ergebnis, dass Cannabis vielen Erkrankten hilft, „ihre Erkrankungen zu heilen bzw. zu lindern und ihr Leben wieder lebenswert zu gestalten“.
Die Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Gesundheit, Christa Nickels (Bündnis 90/Die Grünen), hat im Namen der Bundesregierung am 28. September 2000 dem Petitionsausschuss auf die Petition geantwortet. In ihrem Schreiben hieß es:
„Aus der Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit wird der Einsatz von Arzneimitteln