Tatort Antike. Cornelius Hartz
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Den Höhepunkt der vielen Prozesse, die im „Fall Neaira“ eine Rolle spielen, bildet aber ein paar Jahre später derjenige, aus dessen Anklage wir so viel über Neairas Leben wissen. Ende der 340er-Jahre v. Chr. reicht Apollodoros, ein politischer Erzfeind des Stephanos, über einen Mittelsmann mit Namen Theomnestos eine Klage wegen Anmaßung des Athener Bürgerrechts gegen Neaira ein. Neaira, so Apollodoros, sei mit Stephanos unrechtmäßig verheiratet, da sie eine Fremde sei, und sie habe ihre Kinder in betrügerischer Absicht als Athener Bürger ausgegeben (vgl. Ps.-Dem. 59.2).
Der Prozess hat einen ganz persönlichen Hintergrund: Apollodoros ist schon lange mit Stephanos verfeindet, und beide sind politische Gegner – seit 348 v. Chr., als Apollodoros einen Antrag in der Ratsversammlung einbringt, einen Feldzug gegen Philipp von Makedonien zu finanzieren. Stephanos, der nicht zu den Makedonier-Feinden gehört, gelingt es jedoch, den bereits gebilligten Antrag gerichtlich stoppen zu lassen. Die Geldstrafe, die er in diesem Zusammenhang für Apollodoros fordert, ist so hoch, dass dieser, wenn er sie zahlen müsste, zum Schuldner des Staates würde und so seine Bürgerrechte verlöre. Zum Glück für Apollodoros bestimmt das Gericht eine wesentlich geringere Geldstrafe. Etwa zwei Jahre später versucht Stephanos erneut, Apollodoros aus dem Weg zu räumen: Er fingiert Beweise und Zeugenaussagen und lässt seinen Kontrahenten wegen Todschlags anklagen. Doch während des Prozesses wird aufgedeckt, dass die Anschuldigungen nicht haltbar sind (vgl. Kapparis, 29).
Nun ist endlich die Stunde gekommen, in der Apollodoros zurückschlagen kann. Und der Ankläger macht sich nicht einmal Mühe, diesen Umstand zu verbergen. Ganz offen wird Stephanos angegriffen; Neaira ist nur ein Mittel zum Zweck, der wunde Punkt, an dem Apollodoros ihn treffen kann (vgl. ebd., 30). Denn Apollodoros weiß: Wenn die Klage Erfolg hat, kann er damit seinen Kontrahenten ein für allemal ausschalten. Wenn nämlich Neaira bzw. Stephanos den Prozess verlieren, dann wird sie nicht nur wieder als Sklavin verkauft und er muss eine Geldstrafe von 1000 Drachmen zahlen, sondern er verliert obendrein das attische Bürgerrecht (vgl. Hamel, 179).
Jean-Léon Gérôme: Phryné devant l’aréopage (1861). Kunsthalle, Hamburg.
Da nur die Anklage überliefert ist und nicht die Verteidigung, können wir letztlich wenig über die Stichhaltigkeit der Vorwürfe aussagen. Ist Stephanos tatsächlich mit Neaira verheiratet, oder leben sie einfach nur zusammen? Wenn Ersteres stimmt, dann hat er ganz klar gegen das Gesetz verstoßen, aber bedenkt man die Umstände des Prozesses und die Beziehung zwischen Ankläger und Angeklagtem, muss man berechtigte Zweifel hegen.
Es ist wirklich schade, dass wir nichts über den Ausgang des Verfahrens wissen. Keine Quelle gibt hierüber Auskunft. Wir können uns nur den Worten des berühmten Philologen Friedrich Blass anschließen, der 1887 schreibt: „Daß der Racheakt der beiden gelang, und Neaira verkauft wurde, möchte ich nicht glauben“ (Blass, 539).
Darstellungen Neairas in der bildenden Kunst gibt es wenige. Das berühmte Gemälde Phryné devant l’aréopage von Jean-Léon Gérôme (1861, heute in der Hamburger Kunsthalle), das eine junge, schöne und nackte Hetäre vor Gericht zeigt und immer wieder gerne in diesem Zusammenhang abgebildet wird (zum Beispiel als Coverillustration von Debra Hamels ausführlicher Neaira-Monographie), hat nichts mit den realen Verhältnissen dieses Hetärenprozesses zu tun. Phryne, die hier dargestellt ist, wird ebenfalls im 4. Jahrhundert v. Chr. in Athen vor Gericht gezerrt – der Vorwurf lautet Asebie, also Gottlosigkeit. Sie soll gesagt haben, sie sei ebenso schön wie Aphrodite, die Göttin der Schönheit. Vor Gericht entkleidet sie sich und wird daraufhin freigesprochen, da die Richter einsehen, dass sie Recht hat. Dies ist natürlich nur eine Legende, denn einer Frau gewährt man im alten Griechenland keinen Zutritt zum Gericht – selbst wenn sie die Angeklagte ist.
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