Fürchte die Dunkelheit. Peter Gerdes

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Fürchte die Dunkelheit - Peter Gerdes

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eben selbst bei sommerlicher Hitze nur oberflächlich aus.

      »Waren dies die Geräte, mit denen Frau Frerichs gestern gearbeitet hat?«, fragte Stahnke.

      »Anzunehmen«, antwortete Kramer. »Draußen liegen jedenfalls keine mehr rum.«

      »Also hat die Frau ihre Sachen ordentlich weggestellt. Demnach wollte sie die Gartenarbeit wohl für diesen Tag beenden.«

      »Ja, sieht so aus.«

      »Aber ihre Schuhe hat sie nicht ausgezogen«, sagte Stahnke. »Und auch nicht saubergemacht, richtig? So wie sie war, mit dicken Erdklumpen an den Sohlen, ist sie ins Haus gelaufen. Können Sie sich das von einer ostfriesischen Hausfrau vorstellen?«

      Stumm schüttelte Kramer den Kopf.

      Seite an Seite gingen die beiden Männer zurück zur überdachten Terrasse. Neben der Fußmatte, ordentlich ausgerichtet, stand dort ein Paar Slipper, Damenhausschuhe, eindeutig. Erdklümpchen auf der anderen Seite der Matte wiesen den Platz aus, wo die Arbeitsschuhe gewöhnlich abgestreift wurden. Das war gestern unterblieben. Warum?

      »Vielleicht hat das Telefon geklingelt«, sagte Kramer.

      »Möglich«, sagte Stahnke. »Das ließe sich sogar nachprüfen, die Tatzeit haben wir ja so ungefähr.« Aber wirklich überzeugt kam er sich selber nicht vor.

      Behutsam den Trittsteinen folgend, schlenderte er zwischen den Rabatten entlang. Rosenbüsche, alle gleich hoch, alle blühend, allesamt rot. Dazwischen nackte graue Erde. Eintönig. Aber ordentlich, wie manche es mochten. Er nicht. Er liebte Gärten, wo die Stauden so wild und bunt und dicht neben- und durcheinander standen, dass sie sich gegenseitig in die Höhe und zu immer mehr Pracht trieben. Solch einen Garten würde Stahnke natürlich niemals im Griff behalten, das wuss­te er genau. Binnen weniger Monate würde daraus eine grüne Hölle entstehen. Deshalb war sein eigenes Gartenfleckchen eher kahl, genau genommen eine Mooswiese mit einem Baumstumpf in der Mitte. Ideal, um bei Sonne drauf zu sitzen und zu lesen. Trotzdem liebte er prallvolle Wuchergärten. Für ihn war das kein Widerspruch. Lieben hieß ja nicht unbedingt gleich besitzen wollen.

      Dort war der Entwässerungsgraben, und hier, ebenfalls von mannshohen Buchsbaumhecken umsäumt, die dritte Stelle, an der Frau Frerichs geackert hatte, ein Rasenstück mit fast kahlen Blumenbeeten an zwei Seiten. Die Spuren ihrer Arbeit waren noch zu erkennen, auch wenn der Boden sorgfältig geglättet worden und die Erde inzwischen getrocknet war, so dass sie sich vom Boden rechts und links davon farblich nicht mehr unterschied.

      Moment mal. Stahnke trat einen Schritt zurück und Kramer dabei fast auf den Fuß. »Sehen Sie das? Hier ist nur dieses Stück beackert worden, etwas mehr als einen Meter breit. Rechts und links davon nicht. Ist das nicht eigenartig?«

      »Na ja, vielleicht ist sie gestört worden. Das Telefon …« Kramer zuckte die Achseln.

      »Möglich. Aber warum fängt die Frerichs hier in der Mitte an? Das passt nicht zu einer ordentlichen Frau wie ihr, ebenso wenig wie mit Gartenschuhen ins Haus zu laufen.«

      Sein Blick maß den Verlauf der bearbeiteten Stelle ab. Nach hinten reichte sie bis zur Hecke, die hier die Grundstücksgrenze markierte, möglicherweise sogar unter ihr hindurch. Und vorne bis zum Rasen. Oder nein. Stahnke hockte sich hin und fuhr mit der Hand durch die dichten gestutzten Halme. Da waren Erdkrümel. Kurz entschlossen fasste er zu und zog. Ein kurzer Widerstand, dann hielt er eine Grassode in der Hand, sauber viereckig ausgestochen.

      »Hier wurde nicht gegärtnert«, sagte er, während er sich erhob und sich die Erde von den Händen klopfte, »hier wurde gegraben. Aus- oder eingegraben. Und anschließend säuberlich wieder abgedeckt.« Mit dem Handrücken wischte er sich die Stirn; bei dieser Hitze trieb ihm selbst eine geringe Anstrengung den Schweiß aus den Poren.

      Kramer hatte sich hingekniet und peilte mit schief gelegtem Kopf über das Gras. »Das reicht etwa drei, vier Meter weit in den Rasen hinein«, sagte er. »Dann ist Schluss, dahinter ist alles unverändert. Jetzt, wo man’s weiß, kann man es deutlich sehen.« Keine Entschuldigung, einfach Fakt.

      Dann fragte er: »Soll ich?«

      Stahnke nickte und krempelte sich die Hemdsärmel hoch, während der Oberkommissar Richtung Stallgebäude sprintete. Als er kurz darauf zurückkehrte, trug er nicht nur Schaufel und Spaten in der Hand, sondern auch zwei Stück Plastikplane unterm Arm. »Für die Rasensoden und die ausgehobene Erde«, erläuterte er überflüssigerweise. »Frau Frerichs muss das ebenso gemacht haben.«

      Stahnke griff nach der Schaufel. Während Kramer vom Blumenbeet her die Soden abhob und sie ordentlich so auf ein Stück Plane legte, dass man ihre Lage später rekons­truieren konnte, machte sich sein Vorgesetzter ans Graben. Schaufelblatttief hob er den Boden aus, über eine Länge von etwa zwei Metern, dann machte er kehrt und nahm sich die nächste Schicht vor. Die Erde war locker und fast frei von Steinen und Bauschutt, trotzdem war Stahnkes Hemd schon nach wenigen Minuten schweißnass. Seinem Bauch würde die Bewegung sicherlich gut tun. Allerdings spürte er dabei eher seinen Rücken.

      Die ersten achtzig, neunzig Zentimeter in die Tiefe waren kein Problem. Dann wurde die Erde plötzlich fester. Der Hauptkommissar hielt inne und stützte sich auf den Schaufelstiel.

      »Tiefer ist hier nicht gegraben worden«, sagte er. »Fast sicher. Jedenfalls nicht in letzter Zeit.«

      »Also wurde hier eher etwas ausgegraben«, vermutete Kramer. »Etwas, das hier deponiert war. Ausgegraben und abtransportiert.«

      »Dann hat wohl eher der Frerichs selbst hier gegraben«, sagte Stahnke; sein Atem ging keuchend. »Und seine Frau hat ihn dabei gestört. Überrascht. Ob er sie deshalb …?«

      »Und was war es, das hier lag?«, fragte Kramer.

      »Na, doch wohl das, woran Sie auch denken«, erwiderte Stahnke. »Illegale Waffen, oder nicht?«

      Kramer nickte. »Würde ja zu dem passen, was Manninga uns da erzählt hat«, sagte er. »Für wen er die wohl versteckt hat? Russenmafia oder Neonazis? Bunkerware für irgendwelche Islamisten? Aber vielleicht hat er ja auch selber damit gehandelt.«

      Stahnke war wieder zu Atem gekommen. »Erst einmal gu­cken, ob noch etwas von dem Zeug hier ist, ehe wir weiterspekulieren«, entschied er und stieg aus der Grube. Sie erinnerte an einen Graben, gut möglich, dass hier einmal längliche Waffenkisten gelegen hatten. Er wandte sich dem nächs­ten Abschnitt zu, dem, der zur Mitte des Rasenstücks wies, unmittelbar vor der unbeschädigten Grasnarbe.

      Wieder flog die lockere Erde, floss der Schweiß in Strömen. Stahnke keuchte fast vom ersten Schaufelstich an. Keine Mütze, dachte er, ich habe nichts auf dem Kopf. Wenn hier nichts liegt, mache ich erst einmal Pause, sonst hole ich mir noch einen Sonnenstich.

      Aus den Augenwinkeln sah er, wie Kramer versuchte, mit seinem Spaten vor der Hecke zu graben. »Das bringt nichts«, rief er ihm zu, ohne mit dem Schaufeln innezuhalten. »Spaten sind etwas zum Umgraben, nicht zum Löcher machen.« Das hatten sie ihm beim Gullysetzen im Tiefbau beigebracht, wo er als Jugendlicher gejobbt hatte, und er bildete sich eine Menge auf sein Wissen ein. »Lassen Sie das, Sie Kindskopf!« Mist, dachte er praktisch im selben Augenblick. Wieder mal zu weit gegangen.

      Da stieß seine Schaufel auf Widerstand.

      »Hier ist etwas«, sagte er und winkte Kramer herbei. Er war sich seiner Sache sicher. Das war kein Stein, bestimmt, der Ruck im Schaufelstiel und der Klang waren anders gewesen. Nicht so hart, nicht so hell. Dumpfer, wie Holz

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